Elternkarenz, Elternteilzeit und Pflegefreistellung oder auch die unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten – der Gesetzgeber hat diverse Möglichkeiten vorgesehen, die Eltern, aber auch Mitarbeitern, die Familienmitglieder pflegen, das Leben erleichtern. Allerdings: Um Beruf und Familie gut unter einen Hut bringen zu können, ist nicht nur der Staat gefragt. Auch Unternehmen sollten das ihre dazu beitragen. Spielräume hätten sie durchaus: Sei es durch die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten, durch unbezahlte Sonderurlaube (etwa bei Krankheit der Kinder), Home-Office oder auch Unterstützung bei der Organisation von Kinderbetreuungsmöglichkeiten – all diese und noch viele andere Maßnahmen würden die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter erleichtern. Dass diese Incentives mit Kosten verbunden sind, schreckt so manches Unternehmen ab.
Deutlich höhere Motivaton
Jedoch zu Unrecht, wie Studien zeigen. Denn Mitarbeiter danken ihrem Arbeitgeber sein Bemühen um Familienfreundlichkeit durchaus. Unter anderem mit einer deutlich höheren Motivation: Laut „Gallup Engagement Index“ liegt diese in familienfreundlichen Betrieben um elf Prozent höher als in anderen Unternehmen. Und auch die Produktivität der Mitarbeiter ist um zwölf Prozent höher als im Durchschnitt. Darüber hinaus sind die Karenzzeiten von Mitarbeiterinnen in Unternehmen, wo Familie und Beruf kompatibel sind, um neun Prozent niedriger – das geht aus einer Studie des Bundesministeriums für Familien und Jugend hervor. Positive Auswirkungen hat eine familienfreundliche Personalpolitik auch auf die Krankenstände: Lag laut Statistik Austria die durchschnittliche Anzahl von Krankenstandstagen pro Mitarbeiter und Jahr zuletzt bei 12,7 Tagen, so war deren Zahl in familienfreundlichen Unternehmen um 23 Prozent niedriger. Darüber hinaus liegt die Fluktuation in familienfreundlichen Unternehmen 10 Prozent unter dem Durchschnitt.
Gute Voraussetzungen, um Kinder und Karriere vereinbaren zu können, sind jedoch auch bei der Personalsuche zunehmend von Bedeutung: Wer diese geschaffen hat, profitiert von einer um fünf Prozent höheren Bewerberqualität sowie einer um vier Prozent höheren Anzahl externer Bewerbungen als Mitbewerber.
Aus Sicht der Frauen könnten optimale Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ebenfalls noch einiges bewirken. Denn nach wie vor sind es Frauen, die zum überwiegenden Teil die Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen übernehmen – und dafür häufig nicht oder nur Teilzeit arbeiten können.
Flexible Großmütter & Au-pair-Mädchen
„Ich frage mich auch immer, wie ich Kinder und Beruf unter einen Hut gebracht habe und noch immer bringe“, sagt EHL-Prokuristin Sandra Bauernfeind, Mutter zweier Töchter im Alter von zehn und 18 Jahren. Flexible Großmütter und ein Au-pair-Mädchen haben sie nach der Geburt der jüngeren Tochter tatkräftig dabei unterstützt, Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen. „Aber auch mein Arbeitgeber, damals die Immofinanz, ist mir unfassbar entgegengekommen“, erinnert sie sich. „Ich konnte mir aussuchen, wann ich zurückkomme und wie viel ich dann arbeiten wollte.“ Telefon und Laptop hätten allerdings dafür gesorgt, dass sie jederzeit erreichbar gewesen sei – und auch heute noch ist. Nachdem beide Töchter mittlerweile aus dem Gröbsten heraus seien, sei es natürlich leichter - „aber Organisations- und Improvisationstalent sind immer noch gefragt“.
Gearbeitet wird, wenn die Kleine schläft
„Die Großeltern machen es möglich, dass ich seit Mitte März wieder zwei Tage pro Woche im Büro bin“, erklärt Isabell Steindl, die gemeinsam mit Katja Herzel das gleichnamige Wiener Immobilienbüro betreibt. Ganz vom Fenster war die Mutter einer sechs Monate alten Tochter aber auch nach der Geburt nicht: „Ich war und bin telefonisch und per Mail immer erreichbar, gearbeitet wird, wenn die Kleine schläft.“ Geändert habe sich bloß ein wenig ihr Aufgabenbereich: „Zur Zeit übernehme ich eher die Akquise und gehe nicht so viel zu Besichtigungsterminen“, erzählt Steindl. Angesichts der Mehrfachbelastung als Mutter, Hausfrau und Unternehmerin seien Organisationstalent sowie die Unterstützung des Partners unabdingbar – „die habe ich absolut“. Sie sei sich bewusst, dass sie als Selbständige in puncto Zeiteinteilung und Organisation privilegiert sei, sagt Steindl. Bedauerlich findet sie allerdings, dass die Väterkarenz in vielen Unternehmen nach wie vor nicht angekommen ist. Kritik übt sie weiters am Förderdschungel in Österreich: „In einem Bundesland wird der Kindergartenplatz gefördert, im anderen nicht – das ist für mich völlig unverständlich.“
Netzwerk ist unerlässlich
„Wir jonglieren viel“, beschreibt Herzel ihren Alltag als Mutter eines siebenjährigen Sohnes. „Zum Glück ist mein Mann ebenfalls selbständig, das ergänzt sich ganz gut.“ Ein Netzwerk, zu dem auch die Oma gehört, sei dennoch unerlässlich. Herzel: „Wenn man es in der Familie hat, ist es gut, sonst kann es teuer werden.“ Nach der Geburt ihres Sohnes sei sie – damals noch angestellt – zwei Jahre in Karenz geblieben und habe danach mit 20 Wochenstunden begonnen, bald aber auf 25 erhöht. „Dabei ist es nicht geblieben, ich habe oft auf dem Spielplatz telefoniert und meine Mails abgerufen“, erinnert sich Herzel. Arbeitgeber würden es nicht immer leicht machen, Beruf und Kind zu vereinbaren. „Wenn man aus der Karenz zurückkommt, erhält man eventuell eine andere Position und muss sich womöglich jahrelang wieder hinaufarbeiten. Da darf man sich nicht unterkriegen lassen“, sagt Herzel. Einen Tipp, wie man Karenz und Wiedereinstieg gut vorbereiten könnte, hat sie nicht: „Das ist individuell.“
Bedingungen für Rückkehr regeln
Karin Fuhrmann, Partnerin bei der TPA, hatte das Glück, „… dass nach der Geburt meiner Tochter zwei Omas in der Nähe waren“. Dass ihr damaliger Chef Frauen sehr unterstützt, aber dennoch gefordert habe, sei ein weiterer glücklicher Umstand gewesen. Vier Monate war Fuhrmann nach der Geburt daheim, danach ging es für 20 Wochenstunden zurück ins Büro. „Als meine Tochter ein Jahr alt war, habe ich wieder voll zu arbeiten begonnen – dafür hatten wir tagsüber ein Kindermädchen“, erzählt Fuhrmann. Rosen streut sie in diesem Zusammenhang auch ihrem Mann: „Mit ihm habe ich die Goldkarte gezogen – er kocht nämlich gerne und das immer.“ Dass auch er seinen Anteil an Kinderbetreuung und Haushalt übernimmt, sei von Anfang an klar zwischen beiden ausgesprochen worden. „Diese Klarheit ist wichtig“, ist Fuhrmann überzeugt. Und das nicht nur daheim: „Ich rate jeder Frau, mit ihrem Dienstgeber noch vor Beginn der Karenz die Rahmenbedingungen für die Rückkehr zu regeln. Das hilft beiden.“
„Ich bin in der glücklichen Lage, mir meine Zeit selbst einteilen zu können“, sagt Ursula Simacek, CEO der Simacek Facility Management Group. Der Spagat zwischen Unternehmen und Familie sei nicht leicht, denn nicht immer sei alles eitel Wonne. „Mit Kindern gibt es immer eine Überraschung, die natürlich auch sehr bereichernd ist“, sagt die Mutter einer Tochter, die ebenfalls auf sehr viel Unterstützung im Familienverband zählen konnte.
Schlechtes Gewissen ständiger Begleiter
„Als ‚Working Mum’ ist das schlechte Gewissen immer ein Begleiter im Arbeitsalltag“, ist sie überzeugt. „Das gibt sich wohl erst, wenn die Kinder erwachsen sind.“ Sie rät Frauen, darauf zu achten, sich in einem familienfreundlichen Unternehmen zu bewerben und sich darüber bewusst zu sein, dass „man die Komfortzone verlässt“. Kein Wunder, dass Simacek in ihrem Unternehmen, in dem mehr als 75 Prozent der europaweit 7.000 Beschäftigten Frauen sind, Frauenförderung groß schreibt: „Bei uns bedeutet das, den Zugang zu Bildung, Gesundheit und Chancengleichheit zu erhöhen“, beschreibt die Unternehmerin. Unter anderem werden daher Sprachkurse, aber auch Ferienbetreuung sowie betriebliche Sozialberatung angeboten.