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Erhebliche Produktivitätsprobleme am Bau

In den letzten fünf Jahren gab es von Statistik Austria keine Presseaussendung zur Inflationsberichterstattung, in der die Wohnkosten nicht als Preistreiber genannt wurden. Seit Jahresbeginn rücken auch die rasant wachsenden Baupreise immer stärker in den Fokus.
Andreas Kreutzer
KREUTZER, Andreas (Kreutzer Fischer & Partner)
KREUTZER, Andreas (Kreutzer Fischer & Partner)
© REMG

Kurzum, Wohnen wird mehr und mehr zur teuren Angelegenheit. An Vorschlägen, wie ein „leistbares Wohnen“ zu realisieren wäre, mangelt es nicht. Möglicherweise sollte das Augenmerk aber nicht nur auf die Neuregulierung des Mietmarktes gelegt werden. Vielmehr könnten die Ursachen auch in der Entwicklung der Entstehungskosten gesucht werden. Dabei würde man rasch auf einen nur in Fachkreisen diskutierten Missstand aufmerksam werden: die mangelnde Produktivität in der Baubranche. Denn neben rasant steigenden Grundstückskosten, der Ineffizienz der Wohnbauförderung und der massiven Nachfrage von Seiten institutioneller Anleger sind die, infolge fehlender Produktivitätsgewinne, steigenden Baupreise der ursächliche Grund für die Teuerung im Wohnungsneubau. Und diese steigen nicht erst seit heuer signifikant.

Effizienzverlust

Nominal wuchs die Bauwirtschaft seit 1995 um rund drei Prozent pro Jahr. Der Anstieg war aber ausschließlich preisgetrieben. Die erbrachte Bauleistung entwickelte sich – trotz des Baubooms der letzten Jahre negativ. Damit ist die Bauwirtschaft nicht nur der einzige der großen Wirtschaftsbereiche, der Wachstum ausschließlich über Preiserhöhungen realisierte, sondern auch jener, der im letzten Vierteljahrhundert keine Produktivitätsgewinne erzielen konnte. Ganz im Gegenteil, seit Mitte der 1990er-Jahre verlor die Branche Jahr für Jahr an Effizienz. Im Durchschnitt sank die Arbeitsproduktivität – bezogen auf die insgesamt geleisteten Arbeitsstunden – um 0,6 Prozent pro Jahr. Als Erklärung für die schwache Performance wird gerne die hohe Personalintensität in der Baubranche ins Feld geführt. 

Ein kurzer Vergleich

Doch das Argument greift zu kurz, wie ein Vergleich mit dem ebenso personallastigen Tourismussektor zeigt. Denn Beherbergungsbetriebe und Gastronomie erzielten im selben Zeitraum zumindest moderate Produktivitätsgewinne von jährlich durchschnittlich 0,4 Prozent. Seit 1995 ist die Arbeitsproduktivität im Tourismus um acht Prozent gestiegen, am Bau um zehn Prozent gesunken. Über alle Wirtschaftsbereiche hinweg erhöhte sich die Arbeitsproduktivität seit 1995 um rund ein Drittel oder 1,7 Prozent pro Jahr. Dabei gäbe es auf den Baustellen durchaus Potential, die Arbeiten effizienter zu verrichten. So identifiziert eine Studie der ETH Zürich 19 Prozent Personalstehzeiten und 22 Prozent unproduktive Tätigkeiten der Baustellenlogistik wie Materialsuche, Auf- und Umräumen oder personalbedingte oder störungsbedingte Unterbrechungen. Insbesondere der TGA- und Ausbaubereich erweisen sich auf nahezu allen Baustellen als Produktivitätssenke. Natürlich machen die zunehmend komplexere Art der Bauausführung und die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen die Sache mit der steigenden Produktivität nicht leichter. Aber in einem VW Golf TDI wird heute auch mehr Technik und Ausstattung hineingepackt als vor 25 Jahren. Die Teuerung schoss aber nie über die Inflation hinaus.

Andreas Kreutzer ist Geschäftsführer des Beraternetzwerks Kreutzer Fischer & Partner mit Sitz in Wien. Seit nahezu 30 Jahren unterstützt KFP unter anderem Unternehmen bei Marktanalysen und Projekten.