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Erste Group verdiente im Halbjahr mehr, Kreditgeschäft verhalten

Steigende Zinsen, Zugewinne beim Handelsergebnis und ein höheres Kreditvolumen haben der Erste Group im ersten Halbjahr zu mehr Einnahmen und mehr Gewinn verholfen.
Michael Neubauer
Erste Group 1. Halbjahr
Erste Group 1. Halbjahr
© APA

Unterm Strich standen 1,5 Mrd. Euro, das waren 31,0 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Das Kundenkreditvolumen stieg um 1,4 Prozent auf 204,9 Mrd. Euro an. Die Dynamik im Kreditgeschäft ließ im Vergleich zum Vorjahr aber nach.

Bei den Unternehmenskunden sei derzeit eine schwächere Nachfrage nach Krediten spürbar, sagte Firmenkunden-Vorstand Ingo Bleier am Montag. Das Bestandsvolumen an Unternehmenskrediten sei seit Jahresbeginn um 3,5 Prozent gewachsen, im zweiten Halbjahr 2022 sei das Wachstum jedoch noch bei mehr als 7,5 Prozent gelegen. Per Ende Juni 2023 lag das Volumen bei 75,3 Mrd. Euro. Die schwächere Nachfrage ziehe sich durch alle Segmente.

Am Angebot liege es aber nicht, man habe die Zügel bei der Kreditvergabe nicht stärker angezogen, so Bleier. Eher sei die schwache Nachfrage der konjunkturellen Entwicklung geschuldet. Sofern die Konjunktur im kommenden Jahr aber wieder anziehe - wovon die Ökonomen der Erste Group für Kernmärkte der Bank ausgehen - sei auch wieder mit einer zunehmenden Kreditnachfrage zu rechnen. Für 2023 erwartet die Bank für ihre Kernregion im Schnitt ein Wachstum von 1,0 Prozent, 2024 sieht die BIP-Prognose für die Kernmärkte der Bank mit plus 2,9 Prozent wieder rosiger aus.

Bei den Wohnkrediten wuchs das Bestandsvolumen indessen um 5,2 Prozent (auf 73,2 Mrd. Euro) zum Halbjahr des Vorjahres, das Neugeschäft blieb jedoch mit 1,7 Mrd. Euro im ersten und 2,0 Mrd. Euro im zweiten Quartal im Vergleich zu den Wachstumsraten im Jahr 2022 "bescheiden", sagte Bankchef Willibald Cernko. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2022 verzeichnete das Neugeschäftsvolumen einen Einbruch um 60 Prozent. Dennoch gingen die Volumina bei den Immo-Krediten insgesamt nicht zurück. Das sei vor allem auf die Tatsache zurückzuführen, dass viele Kunden, die einen Wohnkredit bei der Erste Group haben, einen fixen Zinssatz gewählt hätten. Diese Kunden seien von den aktuellen Zinserhöhungen daher nicht betroffen.

Generell gebe es bei den Kunden eine "deutliche und teilweise massive Bewegung hin zu Zinsbindungen, aber auch hin zum Wertpapier-Geschäft", sagte Cernko. So stieg die Zahl der Wertpapier-Sparpläne bei Privatkunden im Vergleich zum Halbjahr 2022 um 18,3 Prozent auf 1.060.000 Sparpläne. Es sei der Bank ein Anliegen "jede Liquidität, die längerfristig verfügbar ist, in Anlageformen zu bringen, wo auch wirklich die Chance besteht auf einen Wertzuwachs", so Cernko.

Aber auch bei Sparprodukten mit Zinsbindung wolle man "attraktive Angebote" machen. Nach der jüngsten Zinserhöhung der EZB seien die Produkte bereits angepasst worden. Wer sein Geld auf 24 Monate bindet, kann beispielsweise Zinsen von 2,75 Prozent auf sein Erspartes bekommen.

Insgesamt zeigte sich das Management mit den Halbjahresergebnissen sehr zufrieden. "Im ersten Halbjahr ist es uns gelungen, ein ausgezeichnetes operatives Ergebnis zu erzielen. Wir sind stark kapitalisiert, verfolgen ein breit aufgestelltes Geschäftsmodell und haben die Risikosituation gut im Griff", sagte Finanzchef Stefan Dörfler. Der Zinsüberschuss wuchs um 25,5 Prozent auf 3,6 Mrd. Euro, der Provisionsüberschuss legte um 4,9 Prozent auf 1,3 Mrd. Euro zu und das Betriebsergebnis stieg um 44,5 Prozent auf 2,7 Mrd. Euro an.

Auch für Gesamtjahr 2023 ist die Bank zuversichtlich und erwartet unter anderem einen Zuwachs beim Nettozinsüberschuss von rund 20 Prozent und ein Nettokreditwachstum im "mittleren einstelligen Bereich". Darüber hinaus strebt die Erste Group eine Dividende von 2,70 Euro je Aktie an. Für 2022 wurden 1,90 Euro je Titel ausgeschüttet. Zudem hat die Bank bei den Regulatoren um eine Genehmigung für einen Aktienrückkauf von bis zu 300 Mio. Euro angesucht.

Im Hinblick auf die KIM-Verordnung für die Vergabe von Immobilienkrediten ist Cernko nach wie vor der Meinung, dass die Gründe für eine solche Verordnung durch das geänderte Umfeld mittlerweile weggefallen seien. Die Verordnung solle im Herbst neu evaluiert werden, dafür gebe es "eine Zusage" seitens der zuständigen Behörden, so der CEO.

Für die Einführung einer Übergewinnsteuer in Anbetracht der guten Ergebnisse der Bank, sieht Cernko "keinen Spielraum für derartige Überlegungen". Wenn gewollt sei, dass die Banken private Haushalte und Unternehmen in den kommenden Jahren bei der Transformation zu einer nachhaltigeren Wirtschaft unterstütze, dann tue man gut daran, die Banken auch stark aufzustellen.

Cernkos Vertrag läuft noch bis Ende 2024. Im vierten Quartal 2023 soll laut dem Bankchef eine Entscheidung bezüglich der Nachfolge fallen. Ob er selbst für eine weitere Amtszeit zur Verfügung steht, sagte er gegenüber Analysten am Montag nicht. (apa)