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Es bleibt kompliziert!

Ein Kommentar von Frank Brün, Managing Partner bei Phorus Management und Gründungsvorsitzender der AREAMA - Austrian Real Estate Asset Management Association
Dipl.-Kfm. Frank Brün FRICS SIOR
Brün
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© REMG

Geht es Ihnen auch so? Statt in die Zeitung schaue ich morgens beim ersten Kaffee auf die üblichen Plattformen und freue mich über die Bild- und Textspenden aus der Gemeinde: „Heute super nachhaltig ins Büro geradelt, sollten alle machen“, schreibt jemand, der auf dem Foto aussieht, als ob er das wohl zum ersten Mal gemacht hat. Oder: „Ich arbeite natürlich nicht, um Geld zu verdienen“, sondern um urfair, -ökologisch, -nachhaltig, -divers, - und so weiter, mit der Natur im Einklang, dem großen Ganzen … und überhaupt zu sein.

Lustige Bilder

Und lustige Bilder gibt es auch: der nachhaltige Elektro-SUV-Fahrer in der Tempo-30-Zone, die CO2-neutrale Sonnenanbeterin mit Lichtschutzfaktor 50 auf den Malediven und das vegane Pärchen mit dem Chemieburger, der viel besser schmecken soll als der vom sonst vor sich rumflatulierenden Rindvieh. Konzerne werden abgefeiert, weil sie im Pride-Month ihre Websites in Regenbogenfarben tauchen und in der woken Poke-Bowl dürfen die aus Mexiko oder Chile importierten, super nachhaltig angebauten Avocados nicht fehlen – mit Foto. Da ergeben sich endlich mal wieder ganz neue Bullshit-Bingo-Möglichkeiten! Ist leider nicht ganz einfach zu spielen, weil nicht alle das Gleiche sehen, aber gemeinsam im Büro oder über Teams im Homeoffice ginge das schon. Stelle gleich einen Termin in die Runde.

Gute Ideen, wenig Ahnung

DES HOMMA IMMA SCHON SO GMOCHT: In Österreich haben viele Leute wahnsinnig gute Ideen zum idealen Umgang mit dem Klimawandel, aber recht wenige haben eine wirkliche Ahnung davon. Die Bullshit-Bingo-Gemeinde liebt „ESG“, „CO2-Fußabdruck“, „Dekarbonisierung“ und, mein absoluter Favorit, „Kreislaufwirtschaft“. Die Menschheit hat schon so manches erfunden: Kaffee ohne Koffein, Bier ohne Alkohol, Autos ohne Fahrer. Aber eine Kreislaufwirtschaft, ohne dass ständig unter der Anspruchslatte durchgerannt wird? Das will sich irgendwie nicht so richtig ausgehen. Was sich bei der Kreislaufwirtschaft tatsächlich im Kreis dreht, sind die ständig gleichen gut gemeinten Hinweise. Wir haben alle die Wahl zu einem der drei Typen von Entscheidern zu gehören: zu denen, die sich zum Wohle aller einsetzen und handeln, zu denen, die das nicht tun, oder zu denen, denen das alles wurscht ist.

Klima im Alleingang retten OLLS IN URDNUNG? Wer glaubt, Heavy Metal mache aggressiv, hat mich noch nicht nach einer Stunde Volksmusik erlebt. Ähnlich geht es mir bei manchen Podiumsdiskussionen zu den Themen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft: Würde Eigenlob CO2 zurück in Sauerstoff verwandeln, könnten manche Marktplayer das Weltklima im Alleingang retten. Ich neige dann dazu, mich passiv-aggressiv zu verdrücken, um ein Knäckebrot zu essen. Dann hört man nicht, was die Menschen um einen herum sagen. Ich esse jetzt sehr viel Knäckebrot. Knäckebrot ist super.