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Es braucht durchdachte Wohnanlagen

Soziale Durchmischung muss in einer Stadt, in einem Bezirk oder Grätzel stattfinden. Sie muss aber auch auf Ebene der Wohnhausanlage funktionieren.
Amelie Miller
Baringer
Baringer
© REMG/Weinwurm

Eine der wichtigsten Aufgaben von Stadtplanung ist es, eine lebenswerte Stadt zu schaffen und zu erhalten. Dazu müssen viele Teilbereiche mitbedacht werden: öffentlicher Verkehr, soziale Infrastruktur von Kindergarten bis Altersheim, medizinische Versorgung und Grünraum. Aber auch gesellschaftspolitische Fragestellungen müssen beachtet werden. Denn ein wichtiger Punkt, an dem sich die Lebensqualität einer Stadt zeigt, ist ihr soziales Gefüge. Dieses manifestiert sich unter anderem bei der sozialen Durchmischung. Sie ist die Antithese zu den Ghettobildungen, die es auch in einigen mitteleuropäischen Städten gibt. Soziale Durchmischung muss in einer Stadt, in einem Bezirk oder Grätzel stattfinden. Sie muss aber auch auf Ebene der Wohnhausanlage funktionieren. Und das ist in Österreich der Fall: Sie funktioniert in Österreich, sie funktioniert in Wien und sie funktioniert vor allem im sozialen Wohnbau.

Soziale Durchmischung

Damit soziale Durchmischung stattfindet, braucht es durchdachte Wohnanlagen, in denen Singles in kleinen Wohnungen neben Großfamilien mit Fünf-Zimmer-Wohnungen leben können – Wohnanlagen, in denen Menschen mit körperlichen Einschränkungen ebenso leistbaren Wohnraum finden wie Seniorinnen oder kinderlose Paare. Bei den Wohnanlagen, die die 184 gemeinnützigen Bauvereinigungen jährlich errichten, ist das der Fall, während es im privaten Sektor oft nicht so ist. Eine neue Studie der Arbeiterkammer Wien hat sich die Qualität der freifinanzierten Objekte näher angesehen. Wenn es Objekte gibt, in denen über 90 Prozent der Wohnungen Zwei-Zimmer-Wohnungen sind, in denen es kaum Raum für spezielle Bedürfnisse gibt, kann soziale Durchmischung nicht funktionieren. GBV-Wohnanlagen zeichnen sich im Gegenzug dazu durch Freiflächen, Gemeinschaftsräume und gemischte Wohnungsgrößen aus. So kommt es dann, dass auf den Hausspielplätzen der Sohn der Ärztin mit der Enkelin des Mindestpensionisten spielt.

Man kennt die Folgen

Welche Folgen es für ein Quartier, einen Bezirk, eine Stadt haben kann, wenn soziale Durchmischung nicht funktioniert, kann man beispielsweise in Lyon sehen. Dem Bezirk La Duchère in Lyon mangelte es seit den 1970ern an sozialer Durchmischung. Wer konnte, zog weg, die, die blieben, waren stigmatisiert und sozialer Aufstieg war fast unmöglich. Seit nunmehr 20 Jahren wird diese Gegend erfolgreich umgebaut, Wohnblocks wurden abgerissen, über 1800 Wohnungen aufgelöst beziehungsweise umgestaltet, kulturelle und soziale Infrastruktur neu geschaffen. Kosten: fast eine Milliarde Euro. Kosten, die wir uns in Österreich, in Wien, ersparen. Weil soziale Durchmischung im sozialen Wohnbau stattfindet.