IMMOunited - Grundbuchauszug, Eigentumsrecht, Immobilienbewertung

"Es geht kontinuierlich bergauf. Bei den Planern stehen wieder mehr Projekte an."

Markus Colle. CEO Styr Group: "Gewerbe und Wohnbau werden anziehen. Bei der Industrie bin ich weniger zuversichtlich."
Michael Neubauer
Michael Neubauer
"Es geht kontinuierlich bergauf. Bei den Planern stehen wieder mehr Projekte an."
© ImmoFokus

Die Bauwirtschaft schwächelt. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?

Markus Colle: Aktuell ist es wirtschaftlich nicht besonders prickelnd. Über die Baubranche hört man in den Medien auch immer wieder Negatives. Derzeit sehe ich aber Bewegung und ich bin zuversichtlich, dass es kontinuierlich bergauf geht. Bei den Planern stehen wieder mehr Projekte an und auch bei den Herstellern ist die Stimmung positiv.

 

In welchen Bereichen erwarten Sie eine Verbesserung? Wird der Wohnbau anspringen?

Sowohl Gewerbe als auch Wohnbau werden anziehen. Bei der Industrie bin ich weniger zuversichtlich. Generell decken wir punkto Größenordnung zwei Bereiche ab: Großprojekte und das Wartungs- und Umbausegment. Im Wartungs- und Umbausegment gibt es viel zu tun, da es aktuell noch relativ wenige Neuinvestitionen gibt.

Es gibt Stimmen, die sagen, dass das Thema ESG in der Vergangenheit übertrieben wurde und man die Anforderungen herunterschrauben sollte. Sehen Sie hier Nachbesserungsbedarf?

Wirtschaftlichkeit ist ebenfalls ein Grundprinzip der Nachhaltigkeit. Daher müssen sich Sanierungen auch immer rechnen. Es gibt nur wenige, die Sanierungsprojekte aus Überzeugung und ökologischen Gründen durchführen. Punktuell sind diverse Vorgaben überschießend und einfach zu global daher nicht für einzelne Projekte passend. Der damit verbundene bürokratische Aufwand ist riesig und das ist volkswirtschaftlich nur bedingt zielgerichtet. In der Bauwirtschaft sollten wir uns wieder mehr auf das Zweckmäßige konzentrieren.

 

Sind die Bauherren bereit, außerhalb der Norm zu bauen?

Ja, ich habe persönlich schon öfter außerhalb der Norm gebaut. Voraussetzung dafür ist, es gut zu argumentieren und erklären. Wichtig ist, dass die Bedürfnisse des Kunden abgedeckt sind. Leider ist es aber oft nicht möglich über diese Vorgaben zu diskutieren. Letztlich geht es dabei immer um das Thema Haftung. Beim Bau des Holzhochhauses HoHo haben wir viele Dinge außerhalb der Norm gebaut und Einzelfallprüfungen durchgeführt. Die Kosten im Brandschutz sind in der jüngsten Vergangenheit stark gestiegen, obwohl man auch vor 20 Jahren sicher war. Die zusätzlichen Investitionen erfüllen oft keinen zusätzlichen Schutzzweck. Zusammengefasst: Bauen außerhalb der Norm ist notwendig und gut. Die Umsetzung bei einzelnen Bauherren dagegen ist schwierig.

 

Wie hoch würden Sie das Einsparungspotenzial einschätzen, wenn man außerhalb der Norm baut, oder ist das der falsche Ansatz?

Es geht auch darum, Komplexität herauszunehmen. Bei Ausschreibungen sehen wir oft sehr komplexe hydraulische Schaltungen, die mit Mess-, Steuer- und Regelanlagen ausgestattet sind. Viele Nutzer möchten jedoch nur Betriebszeiten und Temperaturen einstellen können. Hier kann man Lebenszykluskosten reduzieren, da man sowohl in der Investition als auch in der Wartung Kosten spart, selbst wenn man deswegen vielleicht ein bisschen mehr Energie verbraucht. Man sollte sich auf das Wesentliche konzentrieren und nicht nur abseits der Normen denken, sondern auch den Grad der eingesetzten Technik in Bezug auf Zweckmäßigkeit kritisch hinterfragen.

 

Also auch eine Reduzierung von Messpunkten und Daten?

Ja auch das ist eine zielführende Maßnahme. Daten sollten nur dort erhoben werden, wo man später auch einen Nutzen daraus zieht. Daten einfach zu erheben, nur um sie zu haben macht wenig Sinn. Ich sehe hier beispielsweise auch oft Zählerkonzepte, wo zwar alle möglichen Messwerte erhoben werden, aber später nichts damit gemacht wird, weil der Energieverbrauch vom Nutzerverhalten getrieben wird und der Gebäudeeigentümer nicht die Kosten trägt.

 

Wo sehen Sie Ihr Unternehmen gegenüber dem Mitbewerb positioniert? Warum sollte man zu Ihnen kommen?

Wenn Sie eine komplexe Anlage errichten wollen und den Ansatz "Design and Build" verfolgen, sind wir der richtige Partner. Wir entwickeln Projekte und Budgets gemeinsam mit unseren Kunden. Obwohl wir ein mittelständisches Unternehmen sind, haben wir das Wissen von Großunternehmen. Der Kunde steht bei uns im Mittelpunkt, und wir entwickeln sein Projekt gemeinsam mit ihm, basierend auf seinen Bedürfnissen und Anforderungen.

 

Was ist die unterste Schwelle bei Projekten, bei denen Sie einsteigen?

Die Schwelle ist niedrig, da wir auch Wartung und Dienstleistungen anbieten. Im Anlagenbau sind Projekte ab 2 Millionen Euro interessant. Aktuell liegt unsere obere Grenze bei 15 bis 20 Millionen Euro, aber wir streben rasches Wachstum an. Daher wird sich diese Grenze rasch nach oben verschieben.

 

Sind Sie von den Zöllen betroffen, die Trump eingeführt hat?

Die Lieferkette ist kein Problem, da Bauen ein lokales Geschäft ist. Es kann ein Problem sein, wenn spezielle Elemente importiert werden müssen, aber aus heutiger Erfahrung sehe ich keine Auswirkungen.

 

Haben Sie mit Preissteigerungen zu rechnen, die die Rentabilität beeinflussen könnten?

Vieles, was wir verbauen, wird in Europa produziert. Wenn es nicht in Europa produziert wird, dann in Asien. Amerikanische Produkte sind nicht besonders relevant für uns.

 

Man hört oft, dass Unternehmen Schwierigkeiten haben, Personal zu finden. Suchen Sie neue Mitarbeiter?

Ja, wir suchen viele neue Mitarbeiter, da wir rasch wachsen. Wir suchen laufend operatives Personal wie Konstrukteure, Techniker und Projektleiter sowie gewerbliches Personal für die Montage. Bei technisch versierten Bürokräften ist es aktuell schwierig.

 

Ist der Zukauf von Unternehmen ein Thema für Sie?

Die zweite Schiene neben dem organischen Aufbau ist der Zukauf von Unternehmen im Bereich technische Gebäudeausrüstung. Wir sind an der Akquisition wirtschaftlich solider Unternehmen mit hoher Reputation interessiert. Der Umsatz sollte in einem Bereich zwischen 20 Mio. Euro und 100 Mio. Euro liegen. Aktuell verhandeln wir konkret mit mehreren Unternehmen.