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EU-Ratspräsidentschaft rechnet heute mit Einigung zum Gaspreis-Deckel

Tschechischer Energieminister sieht nichts, was gegen eine Einigung heute spricht - Deutschland, Österreich und Niederlande besorgt um Versorgungssicherheit
Amelie Miller

Nach monatelangem Ringen um einen Gaspreisdeckel, erwartet die tschechische EU-Ratspräsidentschaft an diesem Montag eine Einigung. "Ich sehe keinen Grund, warum wir uns heute nicht verständigen sollten", sagte der tschechische Energieminister Jozef Sikela zum Auftakt des Treffens mit seinen Amtskollegen in Brüssel. "Es wird nichts geben, was uns daran hindern wird." Österreich, Deutschland und die Niederlande fürchten indessen Versorgungsengpässe bei einem Preisdeckel.

Sikela verwies darauf, dass auch die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag eine Einigung verlangt hätten. Mit Blick auf Deutschland machte er deutlich, dass notfalls auch Staaten überstimmt werden könnten.

Die EU ringt seit Monaten darum, wie der stark schwankende Gaspreis kontrolliert werden kann. Während 15 Staaten, darunter etwa Griechenland und Italien, eine strenge Obergrenze befürworten, fürchten unter anderem Österreich, Deutschland und die Niederlande um die Versorgungssicherheit.

Die deutsche Regierung sieht den Deckel beim Einkauf des Gases skeptisch: "Ich glaube, dass unsere Bedenken begründet sind", sagte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und bremste. "Wir wissen aus bisherigen Markteingriffen, dass wir sehr vorsichtig sein müssen, nicht das Gute zu wollen und das Schlechte auszulösen."

Tschechien hatte zuvor einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt: Demnach soll der Deckel greifen, wenn der Gaspreis drei Tage über 188 Euro pro Megawattstunde und zudem 35 Euro über dem Weltmarktpreis für Flüssiggas (LNG) liegt. Nachdem der Mechanismus in Kraft gesetzt wurde, muss der Preis stets 35 Euro über dem LNG-Weltmarktpreis liegen, darf aber nicht unter 188 Euro fallen. Sollte es aber zu einem Gas-Mangel in der EU oder einem Mitgliedsstaat kommen, wird der Deckel wieder aufgehoben, heißt es in dem Papier, das die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte.

Deutschland, die Niederlande und Österreich befürchten, dass bei einem Deckel Flüssiggas nicht mehr nach Europa kommen könnte. Bei einem Mangel würden dann Verteilungskämpfe unter den Staaten ausbrechen, die die EU vor eine Zerreißprobe stellen würden. Österreichs Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte etwa vor dem Gipfel vergangene Woche, es sei notwendig, "dass ausreichend Gas verfügbar ist, das Angebot sich nicht verknappt, und die andere Komponente ist, dass es leistbar bleibt". Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zudem einen Preisdeckel gefordert, der so hoch ist, dass er nie greifen werde. Andere Staaten wollen hingegen einen möglichst geringen Preis.

188 Euro wären deutlich weniger, als die EU-Kommission in der Vergangenheit vorgeschlagen hatte und was Deutschland abgelehnt hatte. Derzeit liegt der Gaspreis deutlich unter 188 Euro, der Deckel wäre aber im Sommer in Kraft getreten, als der Marktpreis zeitweise auf 350 Euro gestiegen war. Experten halten es für möglich, dass der Gaspreis nach einem harten Winter wieder auf über 200 Euro steigt, wenn die Staaten zum Frühjahr ihre Speicher füllen müssen.

Habeck betonte, der Preis allein sei nicht entscheidend. Es komme darauf an, wie er eingebettet sei. Kritisch sehe er es, wenn es keine einstimmige Entscheidung gebe. Dies sei zwar möglich, dürfe aber nicht das Ziel der EU in der Energiekrise sein. Man solle konsensual handeln.

Möglich wäre ein Beschluss mit sogenannter qualifizierter Mehrheit. Dann müssten 15 der 27 Staaten dafür stimmen, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren.

Auch wenn es heute zu einer Einigung der Ministerinnen und Minister kommt, sind damit nicht alle Probleme gelöst - auch weil unter anderem der Betreiber des betroffenen Handelsplatzes TTF damit droht, den derzeit in den Niederlanden angesiedelten Handelsplatz ins EU-Ausland zu verschieben. Sollte der Mechanismus beschlossen werden, müsse man alle Optionen prüfen bis hin zu der Frage, ob ein effektiver Markt in den Niederlanden noch lebensfähig sei, teilte der Betreiber Intercontinental Exchange (ICE) mit.

In Deutschland warnte der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vor zu harten Beschränkungen. "Eine niedrige Preisgrenze erschwert Gaseinkäufe und gefährdet die Versorgungssicherheit", sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing der Deutschen Presse-Agentur.

Im Gespräch sind auch weitere Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise, etwa schnellere Genehmigungen für bestimmte Solar- oder Windanlagen sowie gemeinsame Gaseinkäufe in der EU. Können sich die EU-Ministerinnen und Minister auf den Gaspreisdeckel einigen, sollen auch die anderen Vorhaben verabschiedet werden. Auf der Tagesordnung steht zudem auch eine Verordnung zu klimaschädlichen Methanemissionen. (apa/reuters/dpa)