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Die EU-Taxonomie genau betrachtet

Anna Braune, Leitung Forschung und Entwicklung bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) über die EU-Taxonomie und eine durchgeführte Marktstudie.
Lisa Grüner
Anna-Braune
Anna-Braune
© DGNB

Wen betrifft die EU Taxonomie?

Einerseits Finanzmarktteilnehmer, die in der EU Finanzprodukte anbieten, sowie Anbieter betrieblicher Altersvorsorge, andererseits große Unternehmen, die bereits unter der CSR Richtlinie zur Offenlegung verpflichtet sind.

Welche Herausforderungen kommen auf Finanzmarktteilnehmer, Investoren und Eigentümer zu?

Ersteinmal Verständnis für die Anforderungen der EU Taxonomie im Kontext der eigenen Aktivitäten, dann die Wege zur Integration von Nachhaltigkeitskriterien in Finanzierungsmodellen, Bewertungsprozessen und Risikoanalysen etc. Und natürlich auch die Verlässlichkeit von Nachhaltigkeits Informationen verstehen, bewerten und verbessern.

Sind die vorgeschlagenen Klassifizierungskriterien anwendbar und sind die Marktteilnehmer ausreichend vorbereitet?

Um das zu Überprüfen haben wir eine Studie durchgeführt. Das sind die Gründe für die Durchführung: Wir wollten die Marktfähigkeit und Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Taxonomie-Kriterien für Gebäude evaluieren, basierend auf Tests an realen Gebäuden. Weiters wollten wir Martteilnehmer der Finanz- und Immobilienwirtschaft vorbereiten und für die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in eigene Prozesse Kapazitäten aufbauen. Ausserdem wollen wir Aufwände, Kosten und Vorteile erfassen, die der verlässlichen Identifikation von nachhaltigen Investitionen dienen und schlussendlich faktenbasierte Empfehlungen für die Europäische Kommission und nationale Entscheidungsträger erarbeiten.

Was waren die ersten Erkenntnisse?

Wir haben ein sehr diverses Hintergrundwissen festgestellt, also wenig Vorwissen zu Nachhaltigkeit, kein klares Verständnis, was die Taxonomie für ihr Unternehmen bedeuten kann. Andererseits auch Nachhaltigkeits Abteilungen/Experten die Wirkungen der Taxonomie für ihr Unternehmen bewerten und an Aktivitäten ihres Verbands teilnehmen.

Wieviele Gebäude wurden untersucht?

Insgesamt 62, davon 9 in Österreich und 20 in Deutschland. Die untersuchten Gebäudetypen umfassten die Assetklassen Büro, Wohnen und Handel.

Wie lief die Befragung ab?

Es wurden Fragebögen, basierend auf dem Report der Technical Expert Group, genutzt, um den wesentlichen Beitrag zu Umweltziel „Minderung des Klimawandels“ zu untersuchen. Zusätzlich wurden potenzielle „Future Requirements “ abgefragt und der „ Draft Delegated Act“ von November 2020 noch teilweise einbezogen. Die Struktur der Fragebögen umfasste die Punkte: Das Gebäude und Mindestanforderungen, Taxonomie Kriterien, Datenverfügbarkeit, Verlässlichkeit, Aufwand und Kosten.

Was waren die Ergebnisse der “Taxonomie Checks”?

Projekte im Bereich Neubau & Sanierung hatten die geringsten Schwierigkeiten, die Erfüllbarkeit der Kriterien nachzuweisen. Hauptgrund für Nichteinhaltung waren hauptsächlich fehlende Daten für die DNSH Kriterien. Die Gebäude im Bereich Erwerb & Eigentum konnten im Schnitt nur ein Drittel der Kriterien erfüllen . Diese waren hauptsächlich im Kriterium Abminderung des Klimawandels wegen ihrer energetischen Performance und fehlenden Benchmarks als nicht qualifizierbar eingestuft und wiesen große Datenlücken in den DNSH Kriterien auf.

Welche Rolle spielen Zertifizierungen?

Von den 62 Gebäuden waren 26 nach einem Nachhaltigkeitsstandard überwiegend DGNB zertifiziert. Zertifizierte Gebäude konnten die Erfüllbarkeit der Kriterien häufiger nachweisen, zudem hatten die zertifizierten Gebäude eine bessere Performance, konnten verlässlichere Daten als Nachweise bereitstellen und hatten Daten besser verfügbar, also benötigten im Mittel weniger Zeit und Aufwand.

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Welche Rolle spielen der DGNB und die anderen Green Building Councils?

Der DGNB und andere Green Building Councils helfen dabei, nachhaltigkeitsbezogene Prozesse in Unternehmen zu optimieren und Verlässlichkeit von Taxonomie Bewertungen sicherzustellen.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse der Umfrage?

Für Neubauten und Sanierungen scheinen die Kriterien zur Minderung des Klimawandels nicht zu anspruchsvoll zu sein, jedoch sind die DNSH Kriterien eine große Hürde für die meisten. Die Hälfte der Neubauten , jedoch nur jedes sechste Gebäude im Bestand , konnte mindestens zwei Drittel der Kriterien erfüllen. Zertifizierte Gebäude erfüllten die Kriterien häufiger und besser, hatten Daten von besserer Qualität vorliegen, auf die sie einfacher und schneller zugreifen konnten.

Sind die vorgeschlagenen Klassifizierungskriterien anwendbar und sind die Marktteilnehmer ausreichend vorbereitet?

Teilweise. Marktteilnehmer müssen sich besser vorbereiten und relevante Daten sammeln und vorhalten. Einige Kriterien müssen nachgebessert werden, um Anwendbarkeit sicherzustellen.

Die finale Marktstudie kann unter https://www.ogni.at/wp-content/uploads/GBCs_EU_Taxonomy-Study.pdf heruntergeladen werden.