Im vergangenen März war Russland eines von drei „Countries of Honour“ auf der 25. Auflage der MIPIM in Cannes. Das Land präsentierte sich dort – wiewohl die Ukraine-Krise bzw. damals noch „nur“ Krim-Krise schon voll entbrannt war – wie gewohnt mit riesigem Zelt und mit zahlreichen großangelegten Projekten, vor allem mit neuen Stadtentwicklungsprojekten rund um die noch zu errichtenden Fußballstadien für die Weltmeisterschaft 2018. Die politische Krise rund um die Ukraine war in Cannes höchstens Smalltalk-Thema.
[caption id="attachment_4371" align="aligncenter" width="300"] © Fotolia / drummond79[/caption]Das hat sich nun geändert. Milliardenfach ziehen Investoren und Entwickler ihr Geld aus Russland ab, berichten Marktbeobachter wie CBRE Österreich-Chef Andreas Ridder. Im ersten Quartal 2014 betrug das Minus bei den Immobilien-Investments in Russland 77 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2013. „Es flüchtet sehr viel Geld aus Russland. Vor allem wegen der Sorge um den Rubel“, sagt Ridder. „Andererseits sehen wir schon noch einige Russen, die ihr Geld nicht herausbringen können oder wollen und wieder vermehrt in Russland selbst investieren.“ Dabei handle es sich in erster Linie um vermögende Privatinvestoren. Der russische Investmentmarkt sei also „nicht völlig tot. Das Interesse einiger russischer Gruppen ist noch relativ stark. Aber zumindest Ausländer werden jedenfalls erst einmal abwarten, bis die Zeiten wieder besser werden.“
Dem aktuellen Bericht „Market in Minutes“ zum polnischen Investmentmarkt von Savills zufolge führte die rege Investitionstätigkeit in 2013 zu einem Gesamtinvestitionsvolumen von 3,3 Milliarden Euro, dem höchsten Niveau seit 2006 und ca. 21 Prozent über dem Ergebnis von 2012. Mit einem Anteil von 43 Prozent am Gesamtinvestitionsvolumen dominierte der Retailsektor 2013 das Transaktionsgeschehen, gefolgt von Büroinvestments (36 Prozent) und dem Logistiksektor (18 Prozent). Die verbleibenden 3 Prozent entfielen auf Hoteltransaktionen. Ausländische Investoren stellten weiterhin die größte Käufergruppe dar. Michal Cwiklinski, Director Investment bei Savills Polen: „Über 90 Prozent des letztjährigen Investitionsvolumens entfielen auf Cross-Border-Investments.“ „Deutsche Investoren, vor allem Versicherungen und Offene Immobilienfonds, waren die größte Käufergruppe, gefolgt von österreichischem sowie US-amerikanischem und britischem Kapital“, ergänzt Tomasz Puch, National Director bei JLL in Polen.
[caption id="attachment_4377" align="alignleft" width="300"] © Fotolia / olly[/caption]Das Investoreninteresse konzentriert sich nach wie vor auf Spitzenassets und hier insbesondere auf führende regionale Shoppingcenter. Mit 412 Millionen Euro war der Verkauf des Einkaufszentrums Silesia City Center in Kattowitz der größte Immobilien-Deal des Jahres in Polen. Es ging unter anderem an die Allianz Real Estate. Der Logistiksektor hielt jedoch die größere Überraschung des vergangenen Jahres bereit: Mit Transaktionen für 656 Millionen Euro erzielte dieser Bereich ein Rekordjahr. Nie zuvor waren die Transaktionsvolumina höher gewesen.
In Bezug auf Bürogebäude wurde die Innenstadt Warschaus 2013 am meisten nachgefragt und zeichnete für 17 Prozent des Investitionsvolumens verantwortlich. Die Investoren zeigten jedoch auch wieder Interesse an regionalen Büromärkten, deren Anteil am Transaktionsvolumen von 1 Prozent in 2012 auf 6 Prozent in 2013 stieg. Die Nachfrage erhöhte sich 2013 um 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr und erreichte 383.000 Quadratmeter. Dieser Wert bezieht sich auf den Flächenumsatz ohne Mietvertragsverlängerungen. Rechnet man diese hinzu, ergibt sich ein Volumen von 633.000 Quadratmeter. Die Reduzierung von Kosten gehört weiterhin zu den Hauptmotiven für Umzüge.
„Viele Unternehmen suchen neuere, flexiblere Flächen zu einer günstigeren Miete. Sie werden überwiegend in Cityrandlagen und gut angebundenen dezentralen Lagen fündig“, so Andreas Wellstein, Immobilien Research DekaBank. Die Nachfrage speiste sich überwiegend aus dem Bedarf von IT-Unternehmen, Handel und Industrie sowie Finanzdienstleistern. Vorvermietungen hatten einen Anteil von etwa einem Drittel des gesamten Flächenumsatzes. Die hohe Neubautätigkeit hat zu einem Anstieg des Leerstands geführt. Die Quote für den Gesamtmarkt erhöhte sich von 9,4 Prozent Ende 2012 auf 12,5 Prozent Ende 2013. Derzeit befänden sich 400.000 Quadratmeter im Bau, davon 71 Prozent spekulativ. Es ist zu erwarten, dass dies weiteren Druck auf die Mieten ausüben wird. Die Spitzenmiete hat sich 2013 um 5 Prozent vermindert und lag Ende des Jahres bei 23,8 Euro pro Quadratmeter.
„Mietanreize wie mietfreie Zeiten haben aufgrund des erhöhten Wettbewerbs an Bedeutung gewonnen, sodass die Effektivmieten um bis zu 30 Prozent unter den Nominalmieten liegen. In den dezentralen Lagen reichte die Mietspanne von elf bis maximal 17 Euro pro Quadratmeter.“ Wellstein erwartet im laufenden Jahr noch weitere Mietrückgänge und rechnet 2015 mit einer Stagnation. Ab 2016 sollten die Miete wieder steigen.
Auch Dietmar Reindl von der Immofinanz AG zeigt sich ob der so rosig beworbenen Entwicklung am Warschauer Immobilienmarkt etwas skeptisch: „Viele Projekte, die nach der Krise auf Eis gelegt wurden, befinden sich heute in der Pipeline. In den kommenden Jahren wird sich weisen, welche Projekte die Investoren realisieren werden und welche nicht.“ Mit dem Bürocluster Nimbus entwickelt die Immofinanz derzeit selbst ein Office-Projekt. Die 19.000 Quadratmeter Mietfläche sollen im August eröffnet werden. „Doch eines ist klar: Büromieten um die 30 Euro und Eigentumspreise zwischen 5.000 und 8.000 Euro, wie sie in Warschau bislang an der Tagesordnung waren, sind definitiv überhitzt.“
Die Spitzenrenditen entwickelten sich Savills zufolge stabil. In Warschau liegen die Spitzenbürorenditen aktuell bei 6 Prozent, in den etabliertesten regionalen Büromärkten wie Breslau, Krakau, Tri-City und Posen bewegen sie sich zwischen 7,50 Prozent und 7,75 Prozent. Für die besten Shoppingcenter in Warschau werden aktuell Spitzenrenditen von 5,75 Prozent erzielt, für die besten regionalen Shoppingcenter rund 6 Prozent. Im Logistiksektor bewegen sich die Spitzenrenditen zwischen 7,50 Prozent für moderne Single-Tenant-Spitzenobjekte mit bonitätsstarken Mietern und 8,25 Prozent für Multi-Let-Objekte im Spitzensegment.
Nach wie vor betreffen die meisten Transaktionen Core-Plus-Objekte in Warschau. Hier liegen die Spitzenrenditen bei 6,25 Prozent, jedoch mit Ten-denz nach unten. „Die regionalen Büro-Märkte in Städten ab 750.000 Einwohnern werden von Investoren noch unterschätzt“, findet Puch. Diese Märkte seien gesund und stabil und erreichten Renditen von mindestens sieben Prozent. Puch beobachtet daher zunehmendes Interesse an Käufen in Städten wie Breslau, Krakau oder Posen. „Diese werden nun nach und nach von den Investoren entdeckt“, erklärt Puch. „Das Interesse der Investoren an den führenden regionalen Büromärkten wächst. Sie werden dabei vom rapiden Wachstum der Bereiche Business Process Outsourcing (BPO), Shared Service Center (SSC) und IT in Polen angezogen, die zu den Hauptmotoren der Nutzernachfrage zählen“, bestätigt Mark Freeman, Director Valuation & Consultancy bei Savills Polen. Besonders erfreulich für Puch ist das erstmalige Engagement von WP Carey und Octava S.A.
Im ersten Halbjahr 2014, so die aktuellen Zahlen von JLL, betrug das Investitionsvolumen 1.433 Millionen Euro. Damit war das erste Halbjahr das beste seit 2007, dem Jahr vor der Finanzkrise, und lag um stolze 40 Prozent über dem Ergebnis von 2013. Allein 752 Millionen Euro betrafen den Büromarkt, der Einzelhandel steuerte 368 Millionen Euro bei, im Logistik-Sektor wurden 313 Millionen Euro umgesetzt.
Die größte Transaktion im ersten Halbjahr betraf den Verkauf des „Rondo One“. Um rund 300 Millionen Euro wechselte der Bürokomplex im zentralen Geschäftsviertel Warschaus seinen Besitzer. Verkäufer war der „Blackrock Europe Property Fund II“, die Immobiliensparte des New Yorker Investment Managers Blackrock. Käufer sind zwei von der Deutsche Asset & Wealth Management verwaltete Immobilienfonds.
Um 108 Millionen gab die CA Immo das Warschauer Bürogebäudes Lipowy Office Park ab. Das Bürogebäude umfasst eine oberirdische Bruttogrundfläche von rd. 40.000 Quadratmeter. Die vier um einen Innenhof angeordneten Gebäude wurden 2009 von Hochtief errichtet und sind seitdem im Eigentum der Europolis AG, die Anfang 2011 von CA Immo übernommen wurde. Seit 2009 ist der Lipowy Office Park Hauptsitz der größten Bank Polens, der Bank Pekao S.A. Käufer sind zwei börsennotierte, nicht-gehandelte REIT-Tochtergesellschaften der W. P. Carey Inc., die CPA.:17 – Global und CPA.:18 – Global.
[caption id="attachment_4376" align="alignleft" width="200"] (c) Fotolia© Fotolia / Sergey Novikov[/caption]Die Deka Immobilien GmbH übernahm für rund 94 Millionen Euro das „Atrium 1“ in Warschau von der Skanska Property Poland, einer Tochtergesellschaft der weltweit tätigen Skanska-Group. Die Deka hatte sich das Gebäude bereits im Herbst des Vorjahres für ihren Offenen Immobilien-Publikumsfonds Deka-Immobilien Global vertraglich gesichert. Insgesamt verfügt das Objekt über eine Gesamtmietfläche von 20.000 Quadratmeter. Hauptmieter ist das drittgrößte polnische Kreditinstitut Bank Zachodni WBK. Neben dem Atrium 1 gab die Skanska Property Poland auch das Bürogebäude Green Day (Gesamtmietfläche 16.000 Quadratmeter) in Breslau ab. Der neue Eigentümer ist der Investec GLL Global Special Opportunities Real Estate Fund, ein gemeinsam von Investec Bank PLC und GLL Real Estate Partners GmbH aufgelegter Fonds. Das Investment beläuft sich auf 43 Millionen Euro. Green Day ist nach den Green Towers und dem Grunwaldzki Center das dritte Büroprojekt, das Skanska in Breslau entwickelt hat.
Der European Prime Shopping Centre Fund und Resolution Property haben das Pozna? City Center in Posen in einem 50/50-Joint Venture von Europa Capital und TriGranit erworben. Das Pozna? City Center wurde erst im Oktober 2013 eröffnet. Es verfügt über rund 58.000 Quadratmeter Mietfläche und bietet seinen Besuchern auf drei Ebenen ca. 230 Shops inklusive zweier Food-Courts. Das Center ist zu 90 Prozent vermietet. Zu den Ankermietern gehören z.B. Saturn, TK Maxx, H&M, Reserved, Bershka, Pull&Bear oder Toys ’R’ Us. Futureal Group hat die restlichen Anteile am NoVa Park Shopping-Center in Gorzow Wielkopolski (Landsberg an der Warthe) erworben und ist damit Alleineigentümerin. Das Projekt war ein 50/50-Joint Venture von Caelum Development und der Futureal Group. Jetzt hat Futureal eine bindende Vereinbarung unterzeichnet, die anderen 50 Prozent von seinem Joint Venture-Partner zu kaufen. NoVa Park umfasst 140 Ladengeschäfte auf einer Bruttomietfläche von 32.400 Quadratmetern.
Für 2014 erwartet Puch Transaktionen in der Höhe von insgesamt 4 Milliarden Euro, davon entfallen den JLL-Prognosen zufolge auf den Detailhandel 1,6 Milliarden, auf Büros 1,9 Milliarden und auf Logistikimmobilien 700 Millionen Euro.