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Expansion, Neupositionierung oder Markteintritt

„Sei es die Expansion um das eigene Filialnetz auszubauen, die Restrukturierung zur Verbesserung und Optimierung der Standorte und Mietkonditionen im Zuge der Corona-Krise oder der Markteintritt in Deutschland - die möglichen Beweggründe für die Anmietung von Retail-Flächen sind so vielfältig wie die dahinterstehenden Brands“, erläutert Christopher Wunderlich, Head of Retail Advisory bei BNP Paribas Real Estate.
Amelie Miller
Retail
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Nachdem bereits in der zweiten Jahreshälfte 2021 eine deutlich erhöhte Vermietungsdynamik auf dem deutschen Retailmarkt zu spüren war, zeigte der Flächenumsatz in Innenstadtlagen auch im Frühjahr 2022 ein erfreuliches Ergebnis. Insgesamt lag das Vermietungsvolumen 2021 rund 12 Prozent über dem Vorjahreswert, während im ersten Quartal 2022 sogar knapp 22 Prozent mehr Retail-Fläche neu vergeben oder eröffnet wurden als zu Jahresbeginn 2021.

Viel spannender als der Vorjahresvergleich der Flächenumsätze sind jedoch die unterschiedlichen Intentionen der Akteure und Branchen, die sich hinter diesen Zahlen verbergen, so eine Analyse von BNP Paribas Real Estate.

Demnach lassen sich auf Grundlage aktueller Vermietungsabschlüsse unterschiedliche Motivationen hinter den Expansionsplanungen aktiver Retailer vermuten. In die Kategorie der expansivsten Labels fallen branchenübergreifend hierbei etwa Royal Donuts (27 Abschlüsse), das Brillen-Label Mister Spex (20 Abschlüsse), die Burger-Kette Five Guys (14 Abschlüsse), der Fashion-Filialist Only (14 Abschlüsse) oder der niederländische Bekleidungsexperte Scotch & Soda (10 Abschlüsse).

Alle vorgenannten Marken verfügen bereits über ein Filialnetz in Deutschland, das durch die jüngsten Anmietungen sukzessive weiter ausgebaut werden konnte. Darüber hinaus gehören Dr. Martens (Schuhe), Globetrotter (Outdoor) und JD Sports (Sportartikel) mit jeweils knapp zehn Vermietungen/Eröffnungen seit 2020 zu den aktivsten Retailern außerhalb der vier Top-Branchen Gastronomie (anteilig 24 %), Textil (anteilig 23 %), Lebensmittel (11 %) und Körperpflege (10 %).

Retailer aus dem Bereich E-Mobilität nutzen die Innenstadt als Plattform

Zu der Kategorie der Labels, die erst seit kurzem in der deutschen Einzelhandelslandschaft anzutreffen sind, zählen beispielsweise die beiden internationalen E-Automarken Polestar (6 Abschlüsse) und Lynk & Co. (3 Abschlüsse).

Zusammen mit den zahlreichen Abschlüssen verschiedener Fahrrad-Brands stehen sie als Beispiel für die aufstrebende (E-)Mobilititäts-Branche, die inzwischen eine wichtige Nachfragergruppe auf dem Retail-Vermietungsmarkt darstellt.

In die Kategorie „Labels to Watch“ fällt zudem auch der niederländische Online-Elektronik-Filialist Coolblue, der in Deutschland im Düsseldorfer Kö-Bogen II und in der Limbecker Straße in Essen gestartet ist und zu den Vorreitern innovativer Konzepte in den Bereichen Same-Day- beziehungsweise Fahrrad-Delivery gehört.

Zu differenzieren ist das Expansionsverhalten aktiver Labels insbesondere auch in der Auswahl der Städtekategorie: So gibt es eine Vielzahl von Retailern mit einem hohen Expansionstempo, die beim Ausbau ihres Filialnetzes immer wieder Standorte außerhalb der A- und B-Städte in die Planungen aufnehmen, um sich hier als wichtiger Bestandteil des innerstädtischen Einzelhandelsbesatzes zu etablieren.

Dazu gehören renommierte Einzelhändler wie vor allem Woolworth (32 Abschlüsse), Ernsting’s Family (15 Abschlüsse), Tedi (15 Abschlüsse) oder Action (10 Abschlüsse), bei denen sich rund 90 % des Vermietungsgeschehens seit 2020 in Städten jenseits der A- oder B-Standorte abspielt. Hier sind sie oft die Lösung für coronabedingte Leerstände und leisten als wichtige Ankermieter in kleineren Gemeinden einen bedeutenden Beitrag zur Wiederbelebung der Innenstädte.