Die größte europäische Immobilienmesse, die Expo Real in München, findet heuer in einem besonders herausfordernden Umfeld statt. Die Wirtschaft im Gastgeberland Deutschland befindet sich am Rande der Rezession, auch europaweit ist die Konjunktur schwach, die Zinsen sind noch immer hoch und nicht zuletzt drücken auch politische Unsicherheiten wie die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten auf die Stimmung.
Zuversicht trotz schwieriger Ausgangslage
„Zugegebenermaßen sind wir heuer mit eher gedämpften Erwartungen zur Expo gekommen. Es gibt zahlreiche vielversprechende neue Kontakte und Termine. Generell herrscht trotz der schwierigen Ausgangslage vorsichtige Zuversicht, dass die Immobilienbranche die Schwächephase in absehbarer Zeit überwinden kann. Tatsächlich sind auf den Märkten bereits viele negative Nachrichten eingepreist, sodass sich positive Signale wie die Zinssenkungen auch rasch in einer Erholung der Immobilienmärkte niederschlagen können. Die Mehrzahl der internationalen Marktteilnehmer, mit denen wir hier sprechen, rechnet jedenfalls eher mit einem Aufschwung als mit weiteren Rückgängen. Das stimmt mich auch für Österreich optimistisch.“
Investment: Fokus auf Core & Cash Flow
Die zarte Belebung des Immobilieninvestmentmarkts, die seit dem zweiten Quartal 2024 zu registrieren ist, bestätigt sich auch in den Gesprächen auf der Messe, so.
„Nachdem 2023 und in der ersten Jahreshälfte fast ausschließlich heimische Family Offices als Käufer aktiv waren, kommen nun langsam wieder mehr institutionelle Investoren zurück. Insbesondere deutsche Fonds interessieren sich wieder für Österreich, wobei sich der Fokus ganz klar auf das Core-Segment, also hochwertige Objekte in sehr guten Lagen, sowie Investments mit langfristig gesicherten Cash Flows konzentriert. Die Frage, ob und in welchem Ausmaß es zu Notverkäufen kommt, wird zwar an allen Ständen diskutiert, die Zinssenkungen sowie die aktuelle Zurückhaltung der Banken geben allerdings Grund zur Annahme, dass dies zumindest nicht kurzfristig der Fall sein wird. Die bereits erfolgten sowie die weiteren, von der EZB in Aussicht gestellten Zinssenkungen sind wichtige, positive Impulse, allerdings werden diese teilweise noch von den gestiegenen Risikoaufschlägen der Banken und Investoren kompensiert.“
Die bereits erfolgten sowie die weiteren, von der EZB in Aussicht gestellten Zinssenkungen sind wichtige, positive Impulse, allerdings werden diese teilweise noch von den gestiegenen Risikoaufschlägen der Banken und Investoren kompensiert.“
Büro: Steigendes Preisniveau wird in Bestlagen akzeptiert
Sehr ambivalent präsentiert sich die Situation auf den internationalen Büromärkten, die traditionell besonders stark von der Konjunktursituation abhängig sind.
„Die ESG-Vorgaben und die stark gestiegenen Ansprüche an Nachhaltigkeit haben die Baukosten spürbar nach oben getrieben. In den Bestlagen mit ihrem beschränkten Flächenangebot werden die gestiegenen Mietkosten akzeptiert und es gibt weiterhin nur sehr geringe Leerstände. Abseits dieser Hotspots bremsen die herausfordernde wirtschaftliche Situation, Gewinnrückgänge und geringere Investitionsbereitschaft der Unternehmen aber den Wechsel in qualitativ hochwertige, nachhaltige und aktuell auch teurere Neubauobjekte. In diesem Segment ist zumindest bis zu einer nachhaltigen Trendwende bei der Konjunkturentwicklung mit verlängerten Vermarktungszeiten zu rechnen.“
Retail: Österreich bleibt als Expansionsziel weiter gefragt
„Die Expo ist im Einzelhandelssegment hauptsächlich für deutsche Ketten relevant und bei diesen ist Österreich heuer als Expansionsziel sogar wieder etwas stärker gefragt als im Vorjahr. Dabei kommt das Interesse an Standorten weniger von Unternehmen, die erstmals auf den österreichischen Markt kommen wollen, sondern in erste Linie von Retailern, die bestehende Filialnetze ausbauen. Das ist insbesondere für die Mittelstädte eine Chance, da es hier noch oft weiße Flecken mit beachtlichem Umsatzpotenzial gibt.“
Auffällig ist für Schwaiger das Comeback der Modebranche: „So viele vielversprechende Termine mit Unternehmen aus diesem Segment haben wir schon lange nicht geführt. Damit haben wie neben den Dauerbrennern Discounter und Lebensmittelhandel eine weitere Branche, die trotz des alles andere als erfreulichen Umfelds wieder vermehrt Flächen anmietet.“
Wohnen: Investments in Bestand als Alternative zum Neubau
Der Wohnungsneubau ist nach den Boomjahren 2020 bis 2023 deutlich zurückgegangen:
„Im Neubau sind die hohen Produktionskosten, insbesondere Grundstücks- und Baukosten. bei gleichzeitig stagnierenden Verkaufspreisen der Hauptgrund für die Zurückhaltung von Bauträgern bei neuen Projekten- Die Entwicklungstätigkeit und die Fertigstellungszahlen sind daher rückläufig und der Neubau liegt in den meisten Ballungszentren deutlich unter dem strukturellen Bedarf. Bestandsimmobilien aus den 2000er- und 2010er-Jahren, bei denen mit Reduktionen des Leerstands, Optimierung der Vermietungsstruktur und durch die steigenden Mieten höhere Renditen möglich sind, bieten daher interessante Investmentperspektiven.“
Ein großes Thema auf der Messe ist auch der künftige Einsatz künstlicher Intelligenz in der Vermarktung von Wohnungen: „Es gibt eine Reihe spannender Ansätze – von der Einpreisung bis zum Kundenkontakt“, so Schunker. „Aus meiner Sicht sind diese Konzepte zum größten Teil heute noch nicht praxistauglich, aber ich bin sicher, dass sich das innerhalb weniger Jahre deutlich verändern wird.“