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EZB-Vize de Guindos will sich zu Leitzinsen-Pfad nicht festlegen

Insider rechnen mit Zinspause im Oktober - Slowakischer Notenbankchef Kazimir: Wenige neue Daten bis zur Oktober-Sitzung
Patrick Baldia
EZB-Vize de Guindos will sich zu Leitzinsen-Pfad nicht festlegen
"Ich glaube, niemand im EZB-Rat weiß, was in den nächsten Monaten geschehen wird", sagte EZB-Vizechef Luis de Guindo am Montag auf einer Finanzkonferenz in Madrid
© APA/AFP/Aris Oikonomou

Trotz rückläufiger Inflation hält sich die EZB-Führung zu ihrem weiteren Zinskurs bedeckt. Mit Blick auf die kommenden Sitzungen wolle sich die Europäische Zentralbank alle Optionen offenhalten, sagte EZB-Vizechef Luis de Guindos am Montag auf einer Finanzkonferenz in Madrid. Die Inflation dürfte im September sinken, doch im vierten Quartal wieder anziehen: Die Entwicklung sei jedoch mit großer Unsicherheit behaftet.

"Ich glaube, niemand im EZB-Rat weiß, was in den nächsten Monaten geschehen wird", sagte de Guindos. Klarer äußerte sich der Notenbank-Chef der Slowakei, Peter Kazimir. Aus seiner Sicht sollte die EZB bis Dezember die Füße still halten.

Es gelte zunächst die Daten zu sichten und dann zu entscheiden, sagte de Guindos. Insbesondere die hartnäckige Inflation im Dienstleistungssektor treibe die EZB um. Die Teuerung in der 20-Ländergemeinschaft lag im August mit 2,2 Prozent nach 2,6 Prozent im Juli zwar nicht mehr weit vom Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank entfernt. Im Dienstleistungssektor erhöhte sich die Inflation jedoch nach 4,0 Prozent im Juli auf nun 4,2 Prozent.

Die EZB hatte am Donnerstag die Zinsen erstmals seit der geldpolitischen Wende vom Juni wieder gesenkt: Der für die Finanzmärkte maßgebliche Einlagesatz, zu dem Banken bei der EZB kurzfristig überschüssige Gelder parken, wurde um einen Viertelprozentpunkt auf 3,50 Prozent nach unten gesetzt. Zugleich bekräftigte der EZB-Rat, er lege sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest. Mehrere Insider sagten der Nachrichtenagentur Reuters, eine Zinspause auf der Sitzung am 17. Oktober sei wahrscheinlich.

Aus Sicht von EZB-Ratsmitglied Kazimir ist eine erhebliche Änderung des Wirtschaftsausblicks erforderlich, um bereits im Oktober erneut die Sätze nach unten zu setzen. Bis zur Oktober-Sitzung werde es aber nur wenige neue Konjunkturdaten geben. "Wir werden fast sicher bis Dezember warten müssen, um ein klareres Bild zu erhalten, bevor wir unseren nächsten Schritt machen." Aus Sicht von Kazimir muss die EZB für weitere Zinssenkungsschritte erst sicher sein, dass die hereinkommenden Konjunkturdaten ihre eigenen Prognosen bestätigen. Andernfalls könnte die Notenbank eine womöglich übereilte Zinssenkung bereuen. Wie der EZB-Vizechef wies auch Kazimir darauf hin, dass insbesondere im Dienstleistungssektor die Inflation immer noch hoch sei.

Als einer der Inflationstreiber gilt derzeit das Lohnwachstum im Euroraum, das zuletzt allerdings etwas nachgelassen hat: Im zweiten Quartal sind die Stundenlöhne um 4,5 Prozent gestiegen, wie das EU-Statistikamt Eurostat mitteilte. Noch im ersten Quartal hatte der Anstieg bei 5,2 Prozent gelegen. Die EZB-Volkswirte gehen nach ihren jüngsten Prognosen davon aus, dass die Verbraucherpreise in diesem Jahr um durchschnittlich 2,5 Prozent zulegen werden und 2025 um 2,2 Prozent. Gegen Ende 2025 rechnen sie damit, dass die Inflation zur Zielmarke der EZB zurückkehren wird.

Nach Ansicht von EZB-Chefvolkswirt Philip Lane sollte die EZB ihre Geldpolitik schrittweise lockern und beim Tempo flexibel sein. Nach vorne blickend werde ein gradueller Ansatz zur Verringerung der geldpolitischen Straffung angemessen sein, sollten die einlaufenden Wirtschaftsdaten mit den Grundannahmen der EZB-Prognosen übereinstimmen, sagte der Ire am Montag auf einer Veranstaltung in Luxemburg. "Gleichzeitig sollten wir uns Optionen für die Geschwindigkeit der Anpassung offen halten", fügte er hinzu.

Schnellere Zinssenkungen könnten laut Lane dann gerechtfertigt sein, sollten die Daten auf einen beschleunigten Rückgang der Inflation hinweisen oder auf eine deutlich schwächere Erholung der Konjunktur im Euroraum. Andererseits sei eine langsamere Zinsanpassung gerechtfertigt, sollte der Rückgang der Inflation geringer ausfallen als erwartet oder sich die Konjunktur rascher erholen. Diese Überlegungen sprächen dafür, von Sitzung zu Sitzung und datenabhängig vorzugehen. Aus Sicht des obersten EZB-Ökonomen bewahrt sich die Euro-Notenbank dadurch auf ihrem Kurs Optionen in beide Richtungen sowie Flexibilität für ihre künftigen Zinsentscheidungen. (apa)