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Familien am Wohnungsmarkt benachteiligt

Immobiliensuche ist Geduldspiel, vor allem für Familien - Jede zweite Familie sucht länger als ein Jahr.
Michael Neubauer
HIRSCH, Martina
HIRSCH, Martina
© sReal Immobilien

Für die Immobiliensuche ist Geduld gefragt. Über 55 Prozent der befragten Haushalte, mit über vier im Haushalt lebenden Personen oder mehr, suchen länger als ein Jahr, um ein passendes Zuhause zu finden. Zusätzlich empfinden Familien Benachteiligung bei der Wohnraumvergabe aufgrund ihrer Kinder, der Personenanzahl ihres Haushalts und der Haustiere, wie die „Spezialauswertung Familien“ der von s REAL & Wohnnet.at durchgeführten Umfrage zur Wohnraumsuche ergab.

Bei einer österreichweiten Befragung von Immobiliensuchenden in Zusammenarbeit von s REAL und wohnnet, wurden über 1.800 Fragebögen ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, wie unterschiedlich die Marktbedingungen wahrgenommen werden. Während Besserverdienende und Titelträger:innen sich gegenüber anderen Interessentengruppen bei der Immobiliensuche im Vorteil einstuften, war die Diskrepanz auf der anderen Seite hoch. Jede fünfte Immobiliensucher:in fühlte sich demnach schon einmal bei der Immobiliensuche benachteiligt. Schaut man konkret auf den Bereich Miete und lässt Kaufsuchende außen vor, berichtet sogar jede vierte Person von Benachteiligung. Gründe für die Benachteiligung waren laut Angabe der Befragten vorrangig der Status der Erwerbstätigkeit (im Schnitt bewertet mit Score 2,75 von maximal 5 Punkten), das Einkommen (Score 2,56) und auch das Alter (Score 2,49). Dabei würde ein Score von 1 bedeuten, dass keine Benachteiligung wahrgenommen wird.

Eine Gruppe, die bei der Immobiliensuche einen schweren Stand hat, ist die Gruppe der Familien ab vier Personen. Befragt wurden österreichweit 223 Familien bestehend aus mindestens vier Personen, die aktuell auf Immobiliensuche sind oder es in den vergangenen 12 Monaten waren.

Für sie kommt erschwerend hinzu: Vor allem im städtischen Raum finden sich wenige Angebote für ihre Haushaltsgröße.

Nach den Ergebnissen der Umfrage besteht aktuell jeder fünfte immobiliensuchende Haushalt aus vier Personen oder mehr. Geht man davon aus, dass ein Vier-Personenhaushalt meist eine Vier- Zimmerwohnung benötigt (Wohnzimmer, Elternschlafzimmer, zwei Kinderzimmer oder vier Zimmer

für eine Wohngemeinschaft), dann stehen diese Haushalte vor dem Problem, dass sie nicht ausreichend Angebote finden. Vor allem in den Städten wie Wien, wo es weitaus weniger Häuser und mehr Wohnungen gibt, das Platzangebot also geringer ist.

Eine Abfrage der plattformübergreifenden Immobiliendatenbank IMABIS zeigt, dass zum Stand 3. November 2023 in Wien nur jede fünfte Wohnimmobilie vier oder mehr Zimmer aufweist. 21 Prozent der Befragten suchen eine Wohnimmobilie für einen vier-köpfigen Haushalt oder größer. Hier ist die Notwendigkeit für diese Zimmeranzahl also gegeben. Wenn man nun berücksichtigt, dass auch Zwei- oder Drei-Personenhaushalte zum Teil den Wunsch nach einer Vier-Zimmerwohnung haben, wird das Angebot für passende Wohnimmobilien für Familien noch knapper. Der Faktor Leistbarkeit ist hier noch nicht berücksichtigt. Viele Immobilien mit dieser Zimmeranzahl im städtischen Bereich, die zum Kauf angeboten werden, sind für einen großen Teil der Familien nicht leistbar. Erschwerte Kreditvergaberichtlinien durch die KIM-Verordnung und ein gestiegenes Zinsniveau führen dazu, dass viele Familien, die sonst eher gekauft hätten, nun den Wohnraum in der Miete suchen. Die Umfrage zeigt gerade im Bereich der Miete den hohen Grad an Unzufriedenheit in Zusammenhang mit Benachteiligung. So berichtet jede vierte Familie, Situationen erlebt zu haben, in denen sie sich benachteiligt fühlten. Die Gründe dafür geben die Befragten wie folgt an: An erster Stelle steht die Benachteiligung aufgrund der Kinder (Score 3,63), an zweiter Stelle die Personenanzahl des Haushalts (Score 3,33) und an dritter Stelle Haustiere (Score 2,75). Diese Faktoren lösen den sonst vorrangig genannten Benachteiligungsgrund „Einkommensverhältnisse“ ab, denn die Familien können sich häufig die Wohnräume in der Miete leisten.

„Nach wie vor herrscht bei vielen Vermieter:innen die Meinung, dass Familien mit Kindern eine größere Abnutzung der Immobilie verursachen und es zu Lärmbildung kommt. Vergessen wird häufig, dass Familien aber wesentlich seltener umziehen, die Vermieter:innen also viel langfristiger vermieten können.“ s REAL Geschäftsführerin Martina Hirsch

Wenig überraschend schätzen Vier-Personenhaushalte (und größer) ihre Wohnraumsuche eher pessimistisch ein. 38 Prozent geben an, dass sich ihre aktuelle Immobiliensuche sehr schwierig gestaltet und längere Zeit in Anspruch nimmt, weil es kaum passende Angebote gibt. Weitere 43 Prozent geben an, nur wenig passende Angebote zu finden und lediglich 19 Prozent sehen die Voraussetzungen positiv und finden ausreichende Angebote am Markt. Unter jenen Vier- Personenhaushalten (oder größer), die innerhalb der letzten 12 Monate ihre passende Immobilie gefunden haben, berichten 55 Prozent davon, über ein Jahr auf Suche gewesen zu sein. Damit liegt die Suchdauer deutlich über dem Zeitrahmen von Ein- bis Drei- Personenhaushalten. Und jene Vier- Personenhaushalte (oder größer), die fündig wurden, gaben zu 71 Prozent an, bei der Auswahl der Immobilie Kompromisse eingegangen zu sein.

„Viele Familien suchen vermehrt in Vororten, Bezirksstädten oder am Land, weil das Angebot in der Großstadt einfach nicht ausreichend ist. Wenn wir aber Familien nicht aus den Städten verdrängen wollen, muss auf ihren Wohnraumbedarf reagiert werden. Sehr lange haben Entwickler bei Bauprojekten auf kleine Vorsorgewohnungen gesetzt. Hier könnte ein Umdenken stattfinden.“ s REAL Geschäftsführerin Martina Hirsch:

Durch die sinkende Zahl an eingereichten Baugenehmigungen wird es in den kommenden Jahren zu weniger Fertigstellungen von Neubauprojekten kommen und somit zu einem noch größeren Bedarf. Suchende werden mehr Absagen bekommen und die Immobiliensuche wird sich noch schwieriger

gestalten. Deshalb ist es umso wichtiger, auf Transparenz und Fairness zu achten. Die Entscheidung über die Wohnraumvergabe treffen in letzter Instanz die Eigentümer:innen. Martina Hirsch dazu:

„Unsere Verantwortung ist es, eine vermittelnde Position einzunehmen und im Einzelfall Hürden und Vorurteile aus dem Weg zu räumen. Nur so können wir unseren Teil dazu beitragen, dass keine Gruppe benachteiligt wird.“