Wie reagiert die Immobilienwirtschaft in Graz auf den starken Zuzug?
Stefan Schönhofer: Mit neuen Projekten. Nach wie vor funktioniert der Käufermarkt sehr gut. Der Mietenmarkt ist schon am „Einschleifen“ – ohne ein Blasenbild heraufbeschwören zu wollen. Es wird noch spannend. Graz hat viele große Projekte: Smart City, Cool City, Green City, Grillweg, Reininghaus, Campus Eggenberg. Das sind in Summe über 10.000 Wohnungen. Bin gespannt, ob das der Markt in Graz aufnehmen kann. Diese Wohnungen muss man auch einmal vollbekommen.
Wo liegt die große Herausforderung?
Alexandra Schönhofer-Hammerl: Im Neubau ist die Herausforderung, die Grundrisse den aktuellen Anforderungen anzupassen. In vielen Fällen wissen die Käufer auch nicht, mit welchen laufenden Kosten sie zu rechnen haben, welche Nebenkosten sie als Eigentümer zu bezahlen haben. Da wird in den nächsten Jahren bei den Projektentwicklungen ein Umdenken einsetzen müssen. Betriebskosten in einem Neubau sind ganz anders als in einem klassischen Altbau, sie sind vor allem eines: in der Regel höher. Ein altes Zinshaus hat eine kleinere Kubatur mit kleineren Außenanlagen. Je größer die Außenanlagen sind, desto höher die Betriebskosten. Außenanlagen sind in der Regel, abgesehen von ein paar kleinen Vorgärten, Allgemeinflächen, die bewirtschaftet werden müssen. Dazu kommen noch architektonische Highlights, die ohne Steiger nicht zu reinigen sind. Das sind Kostentreiber. Dazu kommt noch, dass sämtliche technische Einrichtungen zu warten sind.
Schönhofer: Womit ich als Developer wieder ins Spiel komme. Wir haben in unserer Unternehmensgruppe ein sehr gutes Verkaufsargument: Sie kaufen eine Wohnung bei mir, im Anschluss bekommt diese Wohnung meine Frau in die Hausverwaltung. Was glauben Sie, was ich mir jeden Tag in der Früh beim Zähneputzen anhören könnte, wenn da etwas nicht passt (lacht).
Schönhofer-Hammerl: Nicht zu vergessen: Die behördlichen Auflagen sind ebenfalls starke Kostentreiber. Wir sind in Österreich mit Auflagen konfrontiert, die andere europäische Länder sicher nicht umsetzen. Aber wir tun es halt – und am Ende des Tages sind die Betriebskosten so hoch, wie sie sind.
Ist das Thema Lebenszykluskosten – investiere in Qualität und spare dir dafür Betriebskosten – schon angekommen?
Bei den privaten Käufern definitiv nicht. Bei Investoren zum Teil. Anleger haben einen anderen Fokus als klassische Endverbraucher wie eine Familie, die sich das erste Mal eine Wohnung mit Vorgarten ansieht. Das ist etwas ganz anderes. Ich bin überzeugt, die Höhe der Betriebskosten wird in Zukunft eine deutlich höhere Rolle spielen.
Aus Sicht der Betriebskosten: Der Altbau hat viele Vorzüge. Bei den Grundrissen habe ich wenig Spielraum – da kann man nicht viel ändern. Dafür habe ich beim Altbau bei den Betriebskosten ein überschaubares Feld.
Altbau oder Neubau – was steht auf der Wunschliste der Grazer an erster Stelle?
Es kommt – und da unterscheidet sich Graz nicht von anderen Städten – auf die Lage an. In guten Lagen ist der Altbau nach wie vor das Objekt der Begierde. Auch wenn es in vielen guten Lagen an Kfz-Stellplätzen mangelt.
Schönhofer: Penthouse-Wohnungen waren stark nachgefragt. Noch vor zwei Jahren waren die Dachgeschoßwohnungen am schnellsten weg. Heute dauert die Vermarktung deutlich länger. Wir hatten von der ARE die Rosenhöfe in Graz Geidorf exklusiv in Vertrieb. Zwei der drei Penthouses haben wir verkauft, das größte mit 170 Quadratmetern Wohnungsfläche und 140 Quadratmetern Terrasse ist noch immer zu haben.
Kostenpunkt?
Rund 1,1 Millionen Euro netto.
Schönhofer-Hammerl: Das Penthouse steht immer öfter in Konkurrenz zum Einfamilienhaus. Im Endeffekt kann ich mir um das selbe Geld auch ein Einfamilienhaus leisten. Da überlegen schon viele, sich gleich ein Häuschen im Grünen zu kaufen.
Wo liegt in Graz bei Luxuswohnungen die absolute Schmerzgrenze?
Schönhofer: Wir selbst haben ein Objekt mit 10.000 Euro pro Quadratmeter im Angebot. Wir hatten bisher einige Interessenten, es ist aber noch zu haben. Das obere Preisband liegt bei 7.500 bis 8.000 Euro Endverbraucherpreis.
Wenn Sie sagen, man überlegt sich, anstatt dieser Luxuswohnungen ein eigenes Haus zu kaufen – welches Haus würde ich um das Geld in Graz bekommen?
Für 1,1 Millionen bekommen Sie am Gebrauchtmarkt schon ein 200 bis 250 Quadratmeter großes Haus mit 1.000 Quadratmetern Garten dazu. Das ist dann halt 10 Jahre alt. In Top-Lagen wie Rosenberg oder Maria Trost ist eine neue Villa um diesen Preis nicht zu haben. Dafür sind die Grundstückskosten zu hoch. Da müssen Sie allein für die Grundstückskosten mit 450 bis 650 Euro rechnen.
Welche Lagen werden am stärksten nachgefragt?
Rosenberg, Ruckerlberg, Geidorf. Für mich die beste Lage ist klarerweise, wo wir wohnen in Maria Trost. In unserer näheren Umgebung ist kürzlich eine Liegenschaft mit 1.000 Quadratmetern um 450 Euro pro Quadratmeter verkauft worden. Das ging rasch. Zum Schluss haben sich die Interessenten regelrecht darum gestritten.
Schönhofer-Hammerl: Unglaublich. Das wäre vor fünf Jahren noch kein Thema gewesen.
Wieviel hätte man vor fünf Jahren zahlen müssen?
250 Euro vielleicht?
Schönhofer: Wir selber haben um 2.000 Schilling – also ca. 140 Euro – gekauft. Innerhalb von 18 Jahren hat sich der Preis verdreifacht. Deals um 380 Euro haben wir auch schon gesehen – 450 Euro pro Quadratmeter, das war neu.
Wer sind die Käufer? Heimische Investoren oder gibt es auch internationale Anleger, die Graz entdeckt haben?
Die ein Einfamilienhaus kaufen, das sind schon waschechte Grazer. Internationale Käufer gehen meistens in den Miethausmarkt. Die mieten sich exklusive Liegenschaften. Befristet auf zwei bis drei Jahre. Beziehungsweise auf dem Sekundärmarkt wollen sie ein fix fertiges Haus kaufen. Internationale Investoren gibt es schon auch - aber ehrer selten.
Was ist der größte Unterschied zwischen Wien und Graz?
Schönhofer: Wien ist in vielen Dingen einfacher. Ich weiß, wovon ich spreche, da wir selbst bei Projekten in Wien investiert sind. Ich glaube, der grüne Einfluss hat sich in Wien deutlich bemerkbar gemacht. Schauen wir einmal, wie es sich jetzt ändert.
> Es gibt halt überall Neider. In Wien ist man da viel lockerer, in Graz steht mehr dieses Verhindern oder Querstellen an erster Stelle. In Graz wird viel Energie aufgewandt, um Dinge zu verhindern.
Schönhofer-Hammerl: Das ist in Wien ganz andres. Zumindest als ich in Wien war. Ich war in Wien auch nie Konkurrenz. Ich war ja aus Graz. Vielleicht ist aus diesem Grund immer alles etwas leichter gegangen. An den Wiener Kollegen schätze ich die Kollegialität über Jahre hinaus. Das ist schon etwas, was einzigartig ist, das hat man nicht überall.
Trotz aller Probleme. In Graz darf ich aber höhere Renditen erwarten?
Schönhofer: Innerstädtisch schon.
Wie lange noch?
Da sind viele Parameter, die zu berücksichtigen sind. Innerstädtisch haben wir um die 3 Prozent, da sind wir auch bei 6.500 Euro am Quadratmeter. In Wien bekomme ich keine 3 Prozent mehr. Falls doch, dann sind diese Objekte rasch vom Markt.
Machen für Bauträger Entwicklungen im Grazer Speckgürtel Sinn?
Schönhofer-Hammerl: Kunden von uns machen es …
Schönhofer: … partiell. Man muss genau hinsehen, ob sich das rechnet. Gleisdorf ist sicher interessant. Aber auch in Gleisdorf ist in den vergangenen Jahren das Preisniveau deutlich gestiegen und nähert sich dem von Graz an. Wir bekommen immer wieder in den Gemeinden zwischen Gleisdorf und Graz Projekte angeboten. Haben uns aber bis jetzt noch nicht getraut. Die Baukosten sind mehr oder weniger gleich – bis jetzt hat es sich für uns noch nicht rentiert.
Wie groß ist der Grazer Speckgürtel?
Hausmannstätten, Fernitz-Mellach, Raaba-Grambach, Gratkorn, Judendorf bis rauf in Richtung Kumberg oder gar St. Radegund. Dort hat man noch Preise wie vor 15 Jahren in Graz. Dort zahlt man jetzt auch schon 180 bis 200 Euro pro Quadratmeter – um dieses Geld bekommt man in Graz keine interessanten Lagen mehr.
Wie lang braucht man vom eben besprochenen Speckgürtel in die Stadt?
Das hängt von der Uhrzeit ab. (lacht)
Schönhofer-Hammerl: Wenn man antizyklisch fahren kann und den Frühverkehr auslassen kann, ist man in 15 Minuten in der Stadt.
Schönhofer: Es können durchaus auch 45 Minuten sein, wenn man vom Süden kommt und in der Stoßzeit unterwegs ist.
Schönhofer-Hammerl: Das große Problem ist der schlecht funktionierende öffentliche Verkehr. In Wien hat man viel bessere öffentliche Verkehrsmittel. Das Park & Ride System funktioniert in Graz einfach nicht – leider.