Zurzeit liegt der Ölpreis der Sorte Brent bei 120 US-Dollar pro Barrel. Als grobe Faustregel kann man sagen, dass dieses Niveau zu einer erheblichen Verlangsamung der Wirtschaft führen würde. Bei einem Preis von 150 US-Dollar pro Barrel würde eine Rezession eintreten. Eine Rezession würde sich auf die Gewinne auswirken, die aufgrund steigender Löhne und anderer Inputkosten bereits unter Druck stehen.
Mit Blick auf die Wirtschaft sei an positive Aspekte erinnert: Vor dem Einmarsch des Putin-Regimes in die Ukraine gab es eine erhebliche wirtschaftliche Dynamik. Die Beschäftigung in den USA war sehr hoch, und die Einkaufsmanagerindizes waren stark und stiegen an – allen voran im Vereinigten Königreich. Die US-Unternehmen meldeten für das Ende des vergangenen Jahres hohe Gewinne. Die Gewinne der europäischen Unternehmen wurden immer besser, und es wurde allgemein erwartet, dass die europäische Wirtschaft in diesem Jahr ein starkes Wachstum aufweisen sollte – schneller als die US-Wirtschaft. Das heißt, ein gutes Polster ist da.
Kurzfristig schmerzt die Situation, längerfristig sieht die Sache anders aus: Ein Großteil der schlechten Nachrichten ist bereits eingepreist. Russland ist ein so großer Öl- und Gasproduzent, dass es sehr schwierig sein wird, die Lieferungen schnell zu ersetzen. Viele Länder haben jedoch schon vorher mit der Abkehr von fossilen Brennstoffen und der Umstellung auf erneuerbare Energien begonnen.
Anleger und Märkte sehen sich nervösen Zeiten ausgesetzt. Wenn Anleger eine defensive Haltung eingenommen und Barreserven aufgebaut haben – gut gemacht. Für eine Rückkehr zu einer risikofreudigen Haltung ist es wahrscheinlich noch zu früh. In den nächsten ein bis zwei Wochen kann es durchaus zu einem weiteren Ausverkauf kommen; das könnte aber auch Kaufgelegenheiten bieten.