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Felbermayr: Sollten Vorgaben bei Wohnkrediten überdenken

So könne man etwa überlegen, ob man anstatt der monatlichen Tilgungsrate von derzeit höchstens 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens absolute Eurobeträge heranzieht.
Michael Neubauer
Felbermayr, Gabriel
Felbermayr, Gabriel
© REMG

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr regt dazu an, die Bestimmungen der KIM-Verordnung zu überdenken, die verschärfte Kriterien für die Vergabe von Wohnkrediten vorsieht. So könne man etwa überlegen, ob man anstatt der monatlichen Tilgungsrate von derzeit höchstens 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens absolute Eurobeträge heranzieht. Das wäre ein Ansatz, um den schwächelnden Bausektor zumindest ein wenig zu unterstützen, sagte er bei der FMA-Aufsichtskonferenz.

Grundsätzlich sei er der Überzeugung, "dass dieses Regelwerk wichtig ist", betonte der Ökonom. Gleichermaßen gab er zu bedenken, dass sich die Krise in der Baubranche mit rückläufiger Bautätigkeit längerfristig negativ auswirken könnte, etwa mit Blick auf die grüne Transformation der Wirtschaft. Ein Umschwenken auf Absolutwerte, die einen besseren Blick auf die individuelle Situation von potenziellen Kreditnehmenden geben könnten, "würde das Anliegen der Verordnung nicht aussetzen", es wäre aber ein Gedanke, "der in die richtige Richtung geht".

Zur Diskussion um den hohen Anteil an variabel verzinsten Krediten hielt Felbermayr fest, "dass die Regulierung in Österreich es den Kreditnehmern sehr leicht macht, aus einem fix verzinsten Kredit wieder auszusteigen". Das sei zwar für Kreditnehmende teilweise günstig, aber auch nachteilhaft für die Banken. Eine Überlegung wäre daher, ob man die Pönale, die fällig wird, wenn jemand vorzeitig aus einem fest verzinsten Kredit aussteigt, höher zu gestalten. Für die Kreditnehmenden wiederum würde sich damit langfristig das Zinsrisiko verringern, argumentierte er.

Die Entwicklung der Inflation, die letztlich zu einer Anhebung des Zinsniveaus und damit zu den höheren Kosten für variable Kredite geführt hat, hätten einige Ökonomen "nach der langen Zeit der Ruhe" unterschätzt, räumte Felbermayr ein. Für viele Marktteilnehmer seien die höheren Zinsen und das daraus entstehende Risiko deshalb überraschend gekommen. "Die Finanzmarktaufsicht muss sich also darum kümmern, diese Risiken frühzeitig zu erkennen und zu adressieren", appellierte er. In nächster Zeit sei jedenfalls nicht mit einem Rückgang des allgemeinen Zinsniveaus bzw. entsprechenden Anpassungen nach unten zu rechen.

Sorgen bereiten Felbermayr die hohen Staatsschulden in manchen europäischen Ländern. "Da haben wir in Europa ungemachte Hausaufgaben." Er verwies dabei auf Italien, das eine Schuldenquote von 145 Prozent habe, und dessen Zinsbelastung derzeit enorm steige. "Wir kommen aus dieser unangenehmen Arithmetik nicht heraus, dass es bei hohen Staatsschuldenquoten Probleme gibt mit ansteigenden Zinsen." Zukunftsvorhaben wie die grüne Transformation würden damit für viele Länder immer weniger leistbar, warnte der Wifo-Direktor. (apa)