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Finnland

Mit der vierfachen Größe Österreichs und fünfeinhalb Millionen Einwohnern gehört Finnland mit 16 Einwohnern pro Quadratkilometer zu den am dünnsten besiedelten Ländern Europas.
Harry Weber

Mit der vierfachen Größe Österreichs und fünfeinhalb Millionen Einwohnern gehört Finnland mit 16 Einwohnern pro Quadratkilometer zu den am dünnsten besiedelten Ländern Europas. Nach wechselvoller Geschichte und Zugehörigkeit zu Schweden und Russland erklärte das finnische Parlament im Zuge der russischen Februarrevolution im Dezember 1917 die Unabhängigkeit. Wie das Nachbarland Schweden trat Finnland 1995 der Europäischen Union bei. Das moderne Finnland ist eine parlamentarische Republik mit einem Präsidenten, Ministerpräsidenten und Parlament, wobei die Machtverteilung der österreichischen sehr ähnlich ist.

Während die nördliche Provinz Lappland mit 1,9 Einwohnern pro Quadratkilometer quasi menschenleer ist, leben 40 Prozent der Finnen im Süden, der eine Dichte von 62,6 Einwohnern pro Quadratkilometer aufweist. Rund 1,25 Millionen Menschen leben im Großraum Helsinki.

Finnland gehört heute trotz jüngster Krisen zu den wohlhabendsten Ländern Europas, obwohl es bis weit ins 20. Jahrhundert zu den ärmsten gehörte. Seit vier Jahren steckt Finnland in der Rezession, verursacht unter anderem vom Niedergang des Handy-Riesen Nokia, von dem jeder vierte Steuer-Euro stammte, von der Asien-Konkurrenz der Papierindustrie, die 13 Prozent des BIP ausmacht, und von den Sanktionen gegen Russland, das mit ungefähr 13 Prozent der Exporte zu den stärksten Exportmärkten gehörte – ungefähr gleich stark wie Deutschland und Schweden.

Derzeit beträgt die Arbeitslosenrate 9,5 Prozent und die Regierung plant ein Grundeinkommen von 800 Euro pro Monat für jeden erwachsenen Finnen.

Aufgrund eines Volksbegehrens wird 2016 eine Abstimmung im Parlament über die Abschaffung des Euros stattfinden.

Jetzt auch noch FIXIT ?!

Finnlands Außenminister, Tino Soini, spricht von einem historischen Irrtum. Das Land hätte niemals der Währungsunion beitreten dürfen und habe sich dadurch die Möglichkeit genommen, wie in früheren Wirtschaftskrisen, die Währung einfach abzuwerten. Unterstützt wird er dabei durch Argumente des Wirtschaftsnobelpreisträgers Paul Krugman: „Das letzte Mal, als Finnland infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion eine Wirtschaftskrise solchen Ausmaßes erlebte, kam es dank einer kräftigen Abwertung rasch wieder auf die Beine.“ Die Lenker der finnischen Wirtschaft können die Option Abwertung heute nicht mehr wählen. Sieben Jahre nach der Finanzkrise von 2008 liegt die Wirtschaftsleistung noch immer sechs Prozent unter dem Vor-Krisen-Niveau. Die Zahl der Euro-Gegner in der Bevölkerung wächst, zu Jahresbeginn waren nur noch 54 Prozent der Finnen für die Beibehaltung des Euros. Wenngleich Finnlands Exit aus dem Euro nach einer Parlamentsdebatte für sehr unwahrscheinlich gehalten wird, drückt das Volksbegehren doch die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung aus und die Finanzmärkte sind alarmiert.

[caption id="attachment_10811" align="aligncenter" width="454"] © Fotolia[/caption]

Investment Markt

Trotz der Herausforderungen, denen sich die finnische Wirtschaft gegenübersieht, zieht der Immobilienmarkt weiterhin in – und ausländische Investoren kräftig an. 2015 stiegen die Aktivitäten im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro. Der Anteil an Transaktionen mit finnischem Hintergrund lag bei 66 Prozent. Die stärkste Nachfrage zielt auf Spitzenobjekte in erstklassigen Lagen. Die Rendite des Gesamtmarktes betrug 6,3 Prozent.

Das Vorjahr war gekennzeichnet durch große Portfolio-Transaktionen, bei denen heimische Institutionen gemeinsam mit internationalen Joint-Venture-Partnern auftraten. Der Anteil institutioneller ausländischer Anleger steigt.

In Bezug auf die Verteilung des 54,5 Milliarden Euro schweren Marktes nach Sektoren hat in den letzten Jahren der Büromarkt stark an Anteilen verloren. Wurden vor einer Dekade noch 50 Prozent der Investitionen in Büros getätigt, beträgt der Marktanteil heute aufgrund der schlechten Performance nur noch knapp 30 Prozent. Gleichzeitig stieg der Sektor Wohnbau aufgrund der erhöhten Nachfrage nach Mietwohnungen.

Büromarkt

Im Großraum Helsinki befinden sich 44 Prozent aller finnischen Büros. Das entspricht 8,6 Millionen Quadratmetern von insgesamt 19,4 Millionen. In den sechs nächstgrößten Städten befinden sich zusammen weitere 3,6 Millionen Quadratmeter. Die Dominanz Helsinkis in der finnischen Wirtschaft und am Immobilienmarkt ist größer als in vielen europäischen Zentren ähnlicher Größe. Nach jahrelangen durchschnittlichen Fertigstellungen von ungefähr 105.000 Quadratmetern neuen Büroraums in Helsinki waren es 2015 nur noch zirka 80.000 Quadratmeter. In den Hauptstädten der anderen Regionen sind die Aktivitäten sehr gering, neue Projekte werden praktisch nur bei Vorvermietungen begonnen.

Die Leerstandsraten sind hoch und liegen in der Region Helsinki bei 13,3 Prozent, Ende 2015 standen dort 1,1 Millionen Quadratmeter Büroraum frei. Die Aktivität im Mietbereich war aber trotzdem hoch, einerseits aufgrund einiger Großvermietungen und andererseits, weil viele Mieter versuchen, die Raumeffizienz zu erhöhen, und in kleinere Objekte ziehen, was wiederum die Leerstandsrate treibt. Die Spitzenmieten in Helsinki liegen derzeit bei ungefähr 30 Euro pro Quadratmeter und Monat, die Renditen steigen seit 2013 wieder und liegen heute bei ungefähr sechs Prozent.

Retail

Statistik Finnland weist für ganz Finnland rund 29 Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche aus, wobei als finnisches Spezifikum Hotelflächen in dieser Ziffer enthalten sind. 3,8 Millionen Quadratmeter befinden sich im Raum Helsinki und 5,4 Millionen in den großen Regionalstädten. Die Performance von Investitionen im Immobilieneinzelhandel ist gut verglichen mit anderen Sektoren. Dies trägt zur Attraktivität des Sektors bei und erhöht den Anteil an professionellen Investoren am Bestand konstant. Im letzten Jahr waren die meisten Transaktionen im Retail-Bereich, unter anderem auch aufgrund ein paar weniger großer Portfolio-Transaktionen. Getrieben durch die demographische Entwicklung ist die Helsinki-Area am aktivsten. Dort hat sich die vorhandene Fläche in den letzten zehn Jahren um 20 Prozent vergrößert und zu Jahresbeginn waren weitere 190.000 Quadratmeter in Bau.

Die Prognosen für den Einzelhandel selbst sind eher bescheiden - 2016 soll der private Konsum nur um 0,5 bis 1,0 Prozent steigen.

Wohnungsmarkt

Der Wohnungsmarkt umfasst ungefähr 2,6 Millionen Einheiten, wovon 40 Prozent Einfamilienhäuser sind. 65 Prozent der Finnen wohnen in Eigenheimen oder Eigen­tumswohnungen. Die durchschnittliche Haushaltsgröße sinkt permanent, derzeit bestehen 75 Prozent der finnischen Haushalte aus ein oder zwei Personen. Im Gebiet von Helsinki liegt der Anteil an Single-Haushalten bei 48 Prozent. Die Nachfrage nach modernen, kleineren Wohneinheiten wächst ständig. Das Mietrecht unterscheidet sich im Wesentlichen nicht vom österreichischen, es wurde in den 1990er Jahren dereguliert und ist nun frei von Einschränkungen bezüglich Mietdauer und -höhe. Von den 820.000 Mietwohnungen in Finnland sind 390.000 in irgendeiner Form subventioniert und meist, direkt oder über eigene Tochterfirmen, in der Hand der Kommunen. Das Transaktionsvolumen an Mietwohnungs-Portfolios erreichte 2015 mit 1,2 Milliarden Euro ein All-Time-High und eine über 40-prozentige Steigerung zum Vorjahr.

Hotel

Insgesamt 51.000 Hotelzimmer in 626 Hotels umfasst der Markt bei stabilen Nächtigungszahlen. Ausbleibende Nächtigungen russischer Geschäftsreisender und Touristen konnten durch vermehrte Besucher aus Deutschland, Japan, Frankreich, England, China und der Schweiz wettgemacht werden. Die Auslastung liegt bei durchschnittlichen 50 Prozent, im Norden etwas weniger, im Raum Helsinki höher. Die Rendite liegt laut KTI, einer unabhängigen Marktforschungsgesellschaft, bei 5,2 Prozent für 2015.

Industrieimmobilien

Von den zur Verfügung stehenden 68 Millionen Quadratmetern befinden sich 13 Prozent im Raum Helsinki und teilen sich grob in zwei Bereiche: Große produzierende Industriefirmen, die ihre Anlagen im Eigentum halten, und Leichtindustrie, moderne Lagerhaltung und Logistik. Im zweiten Bereich verstärkt sich ein Umdenken und die Eigentümer verkaufen ihre Immobilien vermehrt an Investoren. An neue Geschäftsbereiche und Verkehrsverbindungen anzupassende Strukturen verhelfen dem Markt vermehrt zu Transaktionen.

Die schlechte Wirtschaftsentwicklung brachte aber immer höhere Leerstandsraten mit sich, bei 15-20 Prozent in den letzten Jahren. Die geringe Nachfrage lässt die Mieten leicht zurückgehen. Im internationalen Vergleich sind diese aber immer noch relativ hoch, begründet durch die hohen Errichtungskosten. Die besten Logistikimmobilien im Raum Helsinki bringen 10-11 Euro pro Quadratmeter Monatsmiete, in Flughafennähe deutlich mehr. Der Gesamttransaktionsmarkt im Jahr 2015 betrug gegen 600 Millionen Euro. Die Investment-Performance war in den letzten Jahren relativ schlecht bei einer Gesamtrendite von 6,2 Prozent und negativer Kapitalentwicklung.