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Ganzheitliche Betrachtung ist gefragt!

In Österreich gelten über zwei Millionen Erwerbstätige als Pendler. „Arbeitnehmer, die in den Landeshauptstädten arbeiten, jedoch nicht dort wohnen, entlasten die städtischen Immobilienmärkte massiv“, formuliert Michael Bräuninger (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg und Economic Trends Research) die wichtigste Erkenntnis einer aktuellen Studie, die der ÖAMTC in Auftrag gegeben hat.
Michael Neubauer

In Österreich gelten über zwei Millionen Erwerbstätige als Pendler. „Arbeitnehmer, die in den Landeshauptstädten arbeiten, jedoch nicht dort wohnen, entlasten die städtischen Immobilienmärkte massiv“, formuliert Michael Bräuninger (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg und Economic Trends Research) die wichtigste Erkenntnis einer aktuellen Studie, die der ÖAMTC in Auftrag gegeben hat. „So würden die Immobilienpreise in Wien beispielsweise um 14 Prozent steigen, wenn die Hälfte der Einpendler in die Bundeshauptstadt ziehen würde. Das entspricht auf Basis des offiziellen Immobilien-Preisspiegels der Wirtschaftskammer Österreich einem Plus von 367 Euro pro Quadratmeter.“ In Innsbruck wären es sogar 980 Euro - eine Preissteigerung von rund 36 Prozent, die knapp über dem Durchschnitt der österreichischen Landeshauptstädte (35 Prozent) liegt. „Steigt die Einwohnerzahl um ein Prozent, ziehen die Immobilienpreise um zwei Prozent an", erklärt Professor Bräuninger den Zusammenhang. Die Konsequenz: Einschränkungen für Pendler belasten über die Immobilienpreise indirekt auch Stadtbewohner. Wie stark die Steuerzahler von den Pendlern belastet werden, wie stark die Immobilienpreise in den von Pendlern stark nachgefragten Gemeinden, wie Baden, Mödling, Klosterneuburg, Gießhübel sinken würden, davon ist keine Rede. Vielleicht würde dann der eine oder andere Bewohner der Bundeshauptstadt, der sich derzeit eine Immobilie in Baden nicht leisten kann, in den Grüngürtel ziehen? Eine Antwort auf diese Frage gibt die Studie nicht. Eines ist klar. Nicht jeder pendelt freiwillig. Eines ist aber auch klar. Pendeln (ob freiwillig oder nicht) verursacht hohe Aufschließungs- und Infrastrukturkosten. Kosten, die schlussendlich der Steuerzahler zu tragen hat. Geld, das - und jetzt mache ich es mir auch einfach - dem Staat unter anderem auch für den sozialen Wohnbau fehlt, der, wenn er angekurbelt werden könnte, den Immobilienmarkt entlasten würde. Dass eine Steuererhöhung für Pkw, Road Pricing oder Abschaffung der Pendlerentlastung für viele Pendler Anlass sein könnte, in die Ballungsräume zu ziehen, möchte ich in Zweifel ziehen. Viele Pendler wollen gar nicht in Wien leben. Auf der anderen Seite kenne ich viele, die der Stadt gerne den Rücken kehren würden, sich aber den Speckgürtel – Pendlerpauschale und Pendlereuro hin oder her - nicht leisten können. Wohnpolitik sollte nicht mit Lobbyismus für eine bestimmt Interessengruppe betrieben werden. Ganzheitliche Betrachtung ist gefragt!