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Gemeinsam statt einsam

Das Besteller-Prinzip wird für viele Makler ein Problem. Zusammenarbeit wird ein Gebot der Stunde, meint Georg Spiegelfeld, der Initiator der Maklerplattform Marktplatz.
Amelie Miller
Georg Spiegelfeld
Georg Spiegelfeld
© REMG

Was lange währt, wird endlich gut. Ist der Marktplatz gut geworden?  

Georg Spiegelfeld: Gut Ding braucht Weile und ja, er ist gut geworden und kommt zur richtigen Zeit. Der Marktplatz ist eine digitale Plattform, die Maklern ermöglicht, einfach und reibungslos Gemeinschaftsgeschäfte abzuwickeln. Die Idee dazu stammt aus Kanada und den USA. Dort funktioniert diese Art der Zusammenarbeit bereits seit vielen Jahren bestens. 

In Amerika werden nahezu 100 Prozent der Transaktionen über Makler abgewickelt. In Österreich sind es nur rund 40 bis 45 Prozent. In den USA und Kanada agiert jeder Makler völlig transparent und im Unterschied zu Österreich und weiten Teilen Europas arbeiten sie nur mit einem Alleinvermittlungsauftrag. Aufgenommen werden allerdings auch nur Makler, die ausreichende Qualifikationen nachweisen können. Wenn es also in den USA und Kanada funktioniert – warum sollte es nicht auch bei uns funktionieren? Zugegebenerweise hat es einige Zeit gedauert, bis wir auch in Österreich so weit waren. 

Wer steht hinter dem Marktplatz?  

Der Marktplatz wird von der Immobilien Marktplatz GmbH abgewickelt. An dieser Gesellschaft ist der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder mit 60 Prozent, der ÖVI (Österreichischer Verband der Immobilientreuhänder) mit 30 Prozent und der IR (Immobilienring) mit 10 Prozent beteiligt. Ich fungiere derzeit als Geschäftsführer.

Wann gab es die ersten Überlegungen?  

Die ersten Überlegungen gab es bereits um die Jahrtausendwende. Die Zeit war aber einfach noch nicht reif dafür. Erste Pläne, an denen unter anderem die Ertler Brüder involviert waren, verliefen im Sand und es haben sich viele eine blaue Nase geholt. Auch weitere Versuche scheiterten und geendet hat es mit Aussagen wie: „Damit wollen wir eigentlich nichts mehr zu tun haben“, „Das ist ein EDV Thema“, „Wir haben die ganze Zeit nur mit EDV zu tun, das geht uns auf die Nerven“, „Lassen wir das einmal“. Ende 2015 bin ich zu Michael Pisecky gegangen, um die Wiener Wirtschaftskammer ins Boot zu holen. Pisecky war am Anfang zurückhaltend – stand aber der Sache grundsätzlich positiv gegenüber. „Wenn Du noch weitere Partner bringst, dann ziehen wir mit – aber als Wirtschaftskammer Österreich und dann rollen wir das über ganz Österreich aus.“ Ich holte also noch den Immobilienring und den ÖVI ins Boot – und dann ging es los. 2016 kam es zu den ersten Gesprächen, 2017/18 hatten wir die ersten Zusagen. 2019 wurde dann das Unternehmen gegründet. 

Die ersten Überlegungen gab es bereits um die Jahrtausendwende. Die Zeit war aber einfach noch nicht reif dafür.

Um das Projekt umsetzen zu können, mussten wir die großen Anbieter von Makler-Software für den Marktplatz gewinnen. Ein durchaus schwieriges Unterfangen, Konkurrenten zu einem Miteinander zu gewinnen. Das war auch menschlich nicht immer ganz einfach. 

Wie sieht die Lösung Marktplatz nun konkret aus? 

Ausgewählte Objekte können dank intelligenter Schnittstellen per Knopfdruck auf dem Marktplatz freigeschalten werden. Der Makler hat zwei Optionen: Er kann das Objekt mit allen notwendigen Informationen zur Vermittlung freischalten und andere Marktplatzteilnehmer können nun das Objekt vermitteln bzw. auf ihren Drucksorten und Kanälen so präsentieren, als ob es ihr eigenes Objekt wäre. Er kann aber auch nur die Basisdaten des zu vermittelnden Objekts freigeben. Interessierte Unternehmen können sich dann direkt mit dem anbietenden Makler in Verbindung setzen und eine Zusammenarbeit vereinbaren. Er kann dabei auch entscheiden, mit wem und in welcher Form er zusammenarbeiten will. 

Das heißt, er kann, muss aber nicht mit jedem Marktteilnehmer kooperieren? 

Genau. Der Makler ist in seiner Entscheidung frei. 

An wen richtet sich das Angebot? Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie?  

In Österreich gibt es rund zweitausend aktive Makler, für die eine Teilnahme interessant sein könnte. Bis Jahresende rechne ich mit rund 120, 130 Unternehmen, langfristig mit bis zu 1.000. Wenn einmal 100 Makler drinnen sind, dann bekommt dies eine Eigendynamik. Ich hoffe, dass wir in den nächsten ein, zwei Jahren die Schallmauer von tausend Teilnehmern oder mehr durchbrechen. Ideal wäre es, wenn die Teilnahme am Marktplatz ein Must Be wird. Eine Plattform, bei der man dabei sein muss, um Qualität und Attraktivität zeigen zu können.

In den USA und Kanada haben die Makler einen Allein-vermittlungsauftrag. Das macht einen großen Unterschied.

Wie viel kostet die Teilnahme am Marktplatz?  

Es gibt eine Einschreibgebühr von 300 Euro pro Unternehmen. Für jeden teilnehmenden Mitarbeiter kommt noch eine Einschreibgebühr von zusätzlich 50 Euro hinzu. Als laufende Kosten fallen pro Maklermitarbeiter acht Euro monatlich an. Bis Jänner 2021 entfällt die Einschreibgebühr quasi als Startzuckerl. Mit der zunehmenden Digitalisierung werden wir viele Dinge neu denken müssen. Das bedeutet, dass wir uns von vielen lieben Gewohnheiten, die wir in Österreich haben, verabschieden müssen und ein wenig weiter denken müssen. Im Kern geht es um die Frage: „Wie bringe ich die Objekte am besten zu meinen Kunden?“ Alleinkämpfer werden es schwer haben. Zusammenarbeit ist dabei ein ganz wesentlicher Aspekt – das ist eine der Lehren, die wir wohl alle aus den Lockdowns gezogen haben. Stichwort Stadtflucht: Da macht es Sinn, mit Kollegen in der Peripherie der Stadt zusammenzuarbeiten. Ganz einfach, weil wir die Erfahrung und auch die Objekte nicht haben, die von unseren Klienten nachgefragt werden. Das Home-Office betrifft nicht nur unsere Klienten. Es betrifft auch uns Makler. Ich kann mein Home-Office, wenn ich in Wien angestellt bin, genauso in Innsbruck oder in Kitzbühel machen. Ich habe dort meine Familie, denen geht es wunderbar, sie können raus in die Natur. Ein, zwei Tage in der Woche, wenn ich im Büro sein muss, fahr ich mit dem Zug nach Wien. Alles ist super, Vorteile für alle.

Fotos: REMG

Sie haben einmal betont, dass das Besteller-Prinzip tausende Makler arbeitslos machen würde – und dass ein Multiple Listing System zur Überlebensfrage wird.  

Das Besteller-Prinzip wird für viele Makler ein Problem. Speziell für Makler in Wien. Speziell für Makler im Mietbereich. Wir haben uns in Wien den Markt aber selbst kaputt gemacht. Seit vielen Jahren verlangen wir von den Abgebern keine Provision mehr. Jetzt ist aber der politische Wille, dass der Mieter keine Provision mehr zahlen soll. Es wird wahnsinnig schwer, den Abgebern klarzumachen, dass er jetzt plötzlich etwas zahlen muss. Im Moment haben wir den Vorteil, dass es viele Objekte auf dem Markt gibt, das heißt, der Abgeber muss aktiv in den Markt gehen, um seine Wohnung vermieten zu können. Dafür braucht er möglicherweise Makler oder andere Instrumente, um seine Objeke loszuwerden. 

... also auch den Marktplatz? 

Vor drei, vier Jahren hätte er nur einmal rufen müssen, „Ich habe eine Wohnung“ und schon hätten sich zwanzig Interessenten gemeldet. Die Zeit ist fast vorbei oder dürfte relativ vorbei sein. Aus diesem Grund rutschen wir in eine für die Makler wieder komfortable Situation. Aber es steht außer Frage, dass sich das ebenfalls wieder ändern kann. Auch aus diesem Grund kommt der Marktplatz zur richtigen Zeit. Makler mit wenigen „eigenen“ Projekten können von der Zusammenarbeit profitieren. Diese können sich durch Kooperationsgeschäfte beziehungsweise durch Meta-Geschäfte über Wasser halten. Es gibt Makler, die sind sehr gute Verkäufer, und es gibt Makler, die sind sehr gute Einkäufer. Diese können nun gewinnbringend zusammenarbeiten. Zudem gibt es oftmals Spezialobjekte, die nicht unbedingt jeder Makler bearbeiten kann. Ich denke da beispielsweise an Forstwirtschaften. Es gibt kaum Maklerunternehmen, die sich ausreichend mit Forstwirtschaften auskennen. Da ist die Unterstützung durch einen Spezialisten sinnvoll und damit kann der Marktplatz auch nachhaltig die Qualität der Vermittlungstätigkeit steigern. Außerdem ist eine geteilte Provision immer noch besser als keine Provision. 

Kommt es durch das Besteller-Prinzip nicht auch zu einer Marktbereinigung? Werden Makler mit einer geringeren Qualifikation vom Markt verschwinden? 

Gerade bei der Qualifikation hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Wir haben heute universitäre Ausbildungen in Wien, in Krems, in Salzburg, in Tirol. Diese werden von den jungen Kollegen stark genutzt. Das Know-how ist deutlich besser geworden. Natürlich gibt es noch immer diese „Küchentischmakler“. Diese sind am Aussterben. Die Wohnungssuchenden sind topinfomiert – und wollen eine Top-Dienstleistung, auch von den Maklern. Der Marktplatz wird dazu beitragen, dass sich das Niveau bei den Maklern weiter verbessern wird. Die Teilnahme am Marktplatz soll nach außen als Qualitätskriterium wahrgenommen werden. Schwarze Schafe werden wir immer haben. Aber die gibt es in jeder Branche. Der Marktplatz hilft sowohl den großen wie auch den kleinen Maklerunternehmen, weil für beide ein guter Marktüberblick wichtig ist.

Georg Spiegelfeld ist allg. beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für das Immobilienwesen, RICS, REV Georg Spiegelfeld ist Geschäftsführer von Spiegelfeld International und Vorstand des Immobilienring IR, dem über 60 Kanzleien und mehr als 400 Immobilienexperten an über 80 Standorten in Österreich angehören.