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Globaler Branchenvergleich als Pandemie-Indikator

RE/MAX Commercial hat die zweite Welle der Lockdown-Maßnahmen zum Anlass genommen, einen globalen Blick auf Gewinner und Verlierer der Corona-Pandemie im Einzelhandel zu werfen. Als Basis dient die Kursentwicklung am Aktienmarkt.
Amelie Miller
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© zhu difeng/AdobeStock/lexpixelart/Brian Jackson

Dabei wurden, auf Basis der umsatzstärksten Einzelhändler der Welt (Quelle: Deloitte, Global Powers of Retailing 2020), deren Kursentwicklung im Zeitraum 1.1.2020 – 31.10.2020 (Ytd) und im Zeitraum von drei Jahren, vom 1.11.2017 – 31.10.2020 folgende Branchen analysiert:

  • Warenhäuser
  • Diskont
  • Elektronik
  • Heimausstatter
  • Supermärkte
  • Textil/Schuhe
  • Luxus
  • Online

Von den acht untersuchten Branchen konnten kurzfristig (1.1. – 31.10.2020) nur vier ihre Kapitalmarktwerte erhöhen, während vier weitere zum Teil auch sehr deutliche Kursverluste hinnehmen mussten.

COVID-19 pusht Online-Handel

Die Corona-Pandemie wird bereits jetzt weithin als großer Treiber für den Online-Handel gesehen.

Im Dreijahresvergleich ist der Online-Handel mit einer durchschnittlichen Kurssteigerung von rund +120 % der absolute Sieger, der größte Teil (+79 %) davon kommt allerdings aus dem aktuell laufenden Jahr bis 31. Oktober.

Die größten Kurssteigerungen konnten dabei die beiden US-Konzerne Wayfair (+170 %) und Chewy.com (+110 %) sowie der chinesische Anbieter JD.com (+126 %) verbuchen.

Chewy ist ein Online-Händler für Tiernahrung und tierbezogene Produkte, Wayfair ist auf Haushaltsprodukte, Spielzeug und Möbel spezialisiert – Branchen, die aufgrund der weltweiten Lockdown-Maßnahmen massiv profitiert haben, erläutert Stefan Krejci von RE/MAX Commercial.

Geschlossene Geschäfte, aber auch die Angst vor persönlichem Kontakt zu anderen Menschen haben zu deutlich besseren Zahlen der Online-Anbieter beigetragen. So hat Zalando seinen Quartalsumsatz zuletzt um +20 % steigern können (Quelle: orf.at), während Amazon im jährlichen Umsatzvergleich um +37 % gewachsen ist (Quelle: cnbc.com). An der Börse wurde Amazon am 31.10. um rund +64 % höher bewertet als noch zu Jahresbeginn. Neue Maßstäbe hat auch das Unternehmen Alibaba gesetzt. Am Single’s Day (11.11.2020) hat der chinesische Gigant, über $ 70 Mrd. umgesetzt – das entspricht dem 21(!)-fachen Umsatz von Amazon am US-Prime Day.

Weitere Corona-Profiteure

Neben dem Branchenprimus Online-Händler wurden auch die Heimausstatter/Baumärkte, der Diskonthandel und der Elektronikhandel Ende Oktober 2020 wertvoller bewertet als noch zu Jahresbeginn. Vom Dreijahreskursgewinn im Diskont (+26 %) und bei der Heimausstattung (+39 %) entstand mehr als die Hälfte heuer, was ein klares Indiz für einen Pandemie-Gewinn darstellt. Mit der Hornbach Baumarkt Group AG stellt Deutschland den Sieger im Ytd-Vergleich im Bereich Heimausstatter/Baumärkte. Das Unternehmen hat rund +46 % an Wert gewonnen und damit den Zweitplatzierten (Kingfisher plc/UK) deutlich hinter sich gelassen.

Dagegen sind die lang- und kurzfristigen Verluste im Bereich der Warenhäuser, aber kurzfristig auch im Bereich der Luxusgüterhersteller deutlich.

Textilhandel: Kurseinbrüche und Insolvenzen, dass die Fetzen fliegen

Den Börsenkursen zufolge ist die Textil- und Schuhbranche noch vergleichsweise „gut“ durch die Krise gekommen, jedoch ändert sich dieses einseitige Bild schlagartig bei genauerer Betrachtung.

Unternehmen, die beispielsweise für den stationären Handel in Österreich große Bedeutung haben, haben heuer teils dramatisch an Wert verloren. Beispielsweise H&M (-23,9 %), die spanische Inditex Gruppe (-33,3 %) mit den Marken Zara, Pull&Bear und Massimo Dutti, auch Primark (-34,5 %) oder TK Maxx (-17,2 %).

Auch im 36-Monate-Betrachtungszeitraum haben große Textilhändler massiv an Börsenwert verloren. Dabei gaben die spanische Inditex Gruppe (-34,4 %), H&M (-31,- %), aber auch Primark (-48,5 %) deutlich nach.

Es zeigt sich aber auch, dass der überwiegende Teil des Marktwertverlustes bei diesen Unternehmen im Corona-Jahr 2020 eingetreten ist, was ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass jene Branchen, die für unsere Innenstädte so wichtig sind, bis dato zu den großen Verlierern zählen, führt Krejci weiter aus.

Die insgesamt positive Ausstrahlung von Textil- und Schuhhandel im Dreijahresvergleich mit einer Steigerung um rund +17 % ist trügerisch. Sie ist nämlich auf die deutlich überdurchschnittliche Entwicklung von Unternehmen wie Nike (+116,7 %) oder Fast Retailing Co. Lt. aus Japan mit „UNIQLO“ als Kernmarke (+ 74,8 %) zurückzuführen.

Konkurse und Insolvenzen in der D-A-CH-Region im Bereich der Textil- und Schuhbranche standen 2020 beispielsweise mit Esprit, Dressmann, Colloseum, Hallhuber, Tom Tailor/Bonita beinahe auf der Tagesordnung.

Es ist heute leider davon auszugehen, dass es in den kommenden Monaten einen deutlichen Anstieg von Konkursen im stationären Handel geben wird, befürchtet Krejci.

Bei den Kursen weder Fisch noch Fleisch, wohl aber im Sortiment – der Lebensmittelhandel

Spannend ist auch ein Vergleich im Bereich „Supermärkte/Hypermärkte“. Fünf von zehn untersuchten Konzernen haben hier an Marktwert verloren, der größte Verlierer dabei ist die französische „Casino Guichard-Perrachon SA“ mit knapp über – 50 %. Diesen Unternehmen stehen aber auch Gewinner gegenüber. Die größten davon mit jeweils rund +20 % Wertsteigerung sind in Südafrika (Pick n Pay Stores), Japan (Aeon Co Ltd.) und in Kanada (Empire Company Ltd.) zuhause.

Interessant ist auch ein Blick auf den weltgrößten Händler Walmart. Dieser investierte rund $ 3,4 Mrd. in seine digitale Transformation, zusätzliche Dienstleitungen wie „Walmart +“ (eine Art Abo-Packet vergleichbar mit Amazon-Prime) sind bereits erfolgreich angelaufen. Der Kapitalmarkt scheint diese Schritte zu mögen – Walmart wurde mit Ende Oktober um rund +16 % höher bewertet als zu Beginn des Jahres.

Aufgrund der Tatsache, dass die wesentlichsten Lebensmittelhändler in der D-A-CH-Region nicht börsennotiert sind, konnten sie in der vorliegenden Betrachtung nicht berücksichtigt werden.

Wenn die Politik nicht handelt, stirbt der Handel als Steuerzahler

Bereits seit geraumer Zeit wird vor den negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den stationären Handel mit seinen rund 400.000 Mitarbeitern in Österreich gewarnt. Die aktuellen Zahlen aus den Kapitalmärkten zeigen leider eindrucksvoll, wie extrem schnell diese Veränderungen voranschreiten.

Was sind nun in der derzeit herausfordernden Situation mögliche Herangehensweisen, um den stationären Handel bestmöglich durch diese Krise zu bekommen und fit für eine Zeit nach der Pandemie zu machen?

1. Vergleichbare Rahmenbedingungen für den Online Handel und den stationären Handel

2. Gezielte politische Maßnahmen zur Stärkung des stationären Handel auf regionaler und lokaler Ebene

3. Digitalisierungs-Offensive im stationären Handel