Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind in aller Munde. Unternehmen stehen immer mehr unter Beobachtung, wie sie diese Themen in ihre Unternehmenspolitik integrieren. Vor allem die Immobilienbranche ist gefordert und ihr stehen wesentliche Änderungen bevor – nicht nur durch die geänderte Lebensweise, sich verändernde Familienformen, Home-Office, Wunsch nach Freifläche etc., sondern auch durch neue Anforderungen aufgrund der Stadtplanung. Die Betrachtung des ganzen Lebenszyklus einer Immobilie wird daher immer wichtiger und erfordert innovatives Planen. Schon heute muss man sich mit der von der EU geforderten CO2-Neutralität bis 2050 beschäftigen, wobei die ESG-Richtlinien (Environment Social Governance) zur Bewertung einer Immobilie eine wesentliche Rolle spielen werden.
An der Verringerung des Energiebedarfs – im Neubau wie auch bei Bestandsgebäuden – führt daher kein Weg vorbei. Denn nicht nur die Politik und NGOs hinterfragen dies, sondern auch immer mehr Kunden und Mitarbeiter wollen Nachhaltigkeit bis hin zum Grundmaterial nachgewiesen erhalten. Der Veränderungsdruck in der Immobilienbranche ist daher gewaltig. Immer noch verbrauchen Gebäude rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen (THG) in Europa. Um das 55-Prozent-Ziel zu erreichen, sind laut EU rund 275 Milliarden Euro an jährlichen Investitionen notwendig. Einiges wird durch EU-Förderprogramme ermöglicht, vieles wird nur durch private Investoren möglich sein.
Durch eine aktive Umsetzung von Klimaschutz und Nachhaltigkeit kann ein enormer Investitionsturbo entstehen. Neues wird sich entwickeln, denn Unternehmen sind lösungsgetrieben. Allerdings lehrt die Vergangenheit, dass auf einen Innovationsturbo viel zu schnell der Bürokratieturbo folgt. Green Europe darf daher nicht in einer gigantischen Verwaltungsbürokratie ersticken.
Weltweit gibt es bereits mehr als 50 Green-Building-Zertifikate, wer soll da noch den Überblick bewahren? Investoren benötigen die richtigen und vor allem praxistauglichen Rahmenbedingungen, um nicht im „stranded investment“ zu landen, denn Immobilien haben eine sehr lange Lebensdauer. Auch sind die Datenerhebung sowie die fehlenden Marktstandards eine riesige Herausforderung. Die Digitalisierung im Immobilienbereich ist daher ein Muss.
In der Taxonomie-Verordnung sind die wesentlichen Punkte zum nachhaltigen Wirtschaften im Immobilienbereich festgehalten. Allerdings sollte es unabdingbar sein, dass diese nach einer gewissen Zeit auf ihre tatsächliche Realisierbarkeit überprüft werden.
Denn nicht alles, was am Papier gut klingt, ist in der Realität auch wirklich machbar. Das ist der Politik leider viel zu oft nicht bewusst.
MMag. Louis Obrowsky, Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren. Geschäftsführer der LLB Immo Kapitalanlagegesellschaft m.b.H.