IMMOunited

Grundstückskauf des früheren Stadtchefs von Klosterneuburg in Kritik

Stefan Schmuckenschlager soll Areal in Zeit als ÖVP-Bürgermeister günstig erworben haben und will es nun zu einem weit höheren Preis veräußern - Stadtgemeinde Gänserndorf war Miteigentümer
Patrick Baldia
baugrund
baugrund
© AdobeStock | Ein Grundstückskauf des ehemaligen Klosterneuburger Bürgermeisters Stefan Schmuckenschlager erregt die Gemüter

In Niederösterreich sorgt erneut ein Grundstücksdeal für Aufsehen. Stefan Schmuckenschlager erwarb in seiner Zeit als ÖVP-Bürgermeister von Klosterneuburg (Bezirk Tulln) ein Areal in seiner Heimat. Der Kaufpreis von 230.000 Euro lag 2019 laut einem "WZ"-Bericht von Donnerstag unter dem Wert. Miteigentümer war die Stadtgemeinde Gänserndorf. Deren Bürgermeister René Lobner (ÖVP) wies Vorwürfe auf Anfrage zurück. Das Grundstück wird nun auf willhaben um 960.000 Euro angeboten.

Ein Teil des insgesamt 5.576 Quadratmeter großen Grundstücks in Klosterneuburg wurde dem Bericht zufolge an die Stadtgemeinde Gänserndorf vermacht, die das Erbe einer verstorbenen Frau Ende November 2015 antrat. Dabei handelte es sich um ein Drittel einer Wiese im Ort Maria Gugging. Die anderen zwei Drittel waren im Eigentum eines Mannes, dessen Anwalt einen Makler beauftragte. Im Mai 2016 soll eine Privatperson 250.000 Euro geboten haben, berichtete die "WZ". Laut einem von der Gemeinde in Auftrag gegebenen Gutachten soll das Grundstück aber mehr wert gewesen sein.

In Folge sollte das Areal über einen Makler zu einem höheren Preis veräußert werden. Die Suche nach einem Käufer sei "längere Zeit erfolglos" geblieben, sagte Gänserndorfs Bürgermeister Lobner am Donnerstag auf APA-Anfrage. Die Veräußerung über einen Makler sei nicht geglückt. Im März 2017 habe der Miteigentümer bekanntgegeben, dass auch der ursprüngliche Interessent "abgesprungen" sei und es somit keinen Käufer für die Liegenschaft gebe, teilte die Stadtgemeinde in einer schriftlichen Stellungnahme mit. Auch ein Inserat auf willhaben habe keinen Erfolg gebracht.

Schließlich wurde ein weiterer Makler beauftragt, im April 2019 wurde ein Anbot über 230.000 Euro übermittelt. "Nachdem der ganze Prozess schon lange andauerte und der 2/3-Mitbesitzer an einem raschen Verkauf interessiert war, verständigten sich beide Liegenschaftsbesitzer darauf, zum angebotenen Preis zu verkaufen", teilte die Stadtgemeinde mit. "Direkte Verkaufsgespräche zwischen den Bürgermeistern von Gänserndorf und Klosterneuburg fanden nicht statt", wurde festgehalten.

Im Juni 2019 wurde der Verkauf an Stefan Schmuckenschlager im nicht-öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung einstimmig beschlossen. Im Juli wurde der entsprechende Vertrag unterschrieben. Nun wird das Grundstück um das mehr als Vierfache des Kaufpreises auf der Onlineplattform willhaben angeboten. Der Anzeige zufolge besteht das Areal aus 1.574 m2 Bauland und rund 4.001 m2 Grünland.

Aus jetziger Sicht sei der Verkauf zu günstig gewesen, "aus damaliger Sicht war es ein erzielbarer Preis", sagte Lobner zur APA. Es habe "in keinster Weise ein näheres Verhältnis" mit dem damaligen Amts- und Parteikollegen bestanden, hielt Lobner fest. "Dass man versucht, etwas zu inszenieren, ist an den Haaren herbeigezogen", betonte der ÖVP-Politiker.

Der Grundstücksverkauf sei transparent abgelaufen, er sei ein "Rechtsgeschäft wie viele andere" und in "keinster Weise etwas Anrüchiges". "Alle Beschlüsse sind einstimmig gefallen", fügte der Stadtchef hinzu. "Dass in jüngster Zeit die Grundstückspreise vielerorts massiv gestiegen sind, ist kein Geheimnis, und insofern kann ein Kauf- oder Verkaufspreis aus dem Jahr 2019 nicht mit aktuellen Preisen verglichen werden", hieß es vonseiten der Stadtgemeinde.

"Ich verstehe nicht, welcher Vorwurf mir gemacht wird", sagte Stefan Schmuckenschlager auf APA-Anfrage. Eine weitere Stellungnahme wollte er nicht abgeben. Der 45-Jährige hatte seinen Rücktritt als Bürgermeister von Klosterneuburg Ende November 2023 bekanntgegeben, er war bis Anfang Jänner 2024 im Amt und wechselte dann in die Privatwirtschaft.

"Wieder einmal schafft es die von Machtgier getriebene ÖVP NÖ, alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Niederösterreich in Verruf zu bringen!", meinte SPÖ-Landtagsabgeordneter René Pfister in einer Aussendung. "Diese ÖVP-Gier stinkt zum Himmel! Vor allem ÖVP-LAbg. René Lobner muss für Aufklärung sorgen und sagen, warum er die Bürgerinnen und Bürger Gänserndorfs als Bürgermeister um über 600.000 Euro gebracht hat, nur um seinem ÖVP-Spezi Schmuckenschlager einen lukrativen Deal zu bescheren!", wurde mit Verweis auf einen deutlich höheren Marktwert des Grundstücks kritisiert.

FPÖ-Mandatar Dieter Dorner sah durch derartige Praktiken das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik untergraben. "Es ist eine unverfrorene Dreistigkeit, wie hier Grundstücke amikal verscherbelt werden. Wir fordern vollständige Aufklärung und eine gründliche Untersuchung dieses Deals", erklärte er in einer Aussendung. Kritik übten auch die NEOS. "Der Wertekompass der ÖVP zeigt schon lange in die falsche Richtung", meinte Landesparteivorsitzende Indra Collini in einer Aussendung. "Nicht alles, was erlaubt ist, ist auch moralisch richtig", ergänzte Clemens Ableidinger, pinker Stadtrat in Klosterneuburg.

Die ÖVP Niederösterreich ortete indes eine "künstliche Aufregung". "Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Gänserndorf, dem zum in Frage stehenden Zeitraum Vertreter der ÖVP, SPÖ, Grünen, FPÖ und der Freien Bürgerliste Gänserndorf angehörten, fasste alle Beschlüsse einstimmig", wurde in einer Aussendung mitgeteilt.

In den vergangenen Monaten haben in Niederösterreich Grundstücksdeals von ÖVP-Bürgermeistern für Wirbel gesorgt. Alfred Riedl, Gemeindechef von Grafenwörth (Bezirk Tulln), soll mit Immobiliengeschäften in seiner Heimatgemeinde gut verdient haben, wie im Vorjahr bekannt wurde. Er trat heuer im Februar als Gemeindebund-Präsident zurück. Der nach einem Grundstücksdeal in Kritik geratene ÖVP-Bürgermeister von Pyhra (Bezirk St. Pölten), Günter Schaubach, legte das Amt Ende Juni zurück. (apa)