Das zweite Quartal war immens stark, von April bis Juni 2017 wurde doppelt so viel investiert wie im ersten Quartal“, so Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE, der bis Jahresende ein Volumen von knapp 3,5 Milliarden in Österreich erwartet. „Allein im ersten Halbjahr 2017 gab es fünf Großtransaktionen mit Volumina von jeweils mehr als 100 Millionen Euro und einem Gesamtwert von rund 1,4 Milliarden Euro. Die markantesten Investments waren: DC Tower (Verkäufer: BAI, Käufer: DEKA), ICON Vienna (Verkäufer: Signa, Käufer: Allianz) sowie der Orbi Tower (Verkäufer: IWS Town Town AG, Käufer: BA Real Invest).
„Die vergleichsweise hohe Anzahl an großvolumigen Transaktionen im ersten Halbjahr 2017 ist bemerkenswert, im gesamten Jahr 2016 fanden nur vier Deals in dieser Größenordnung statt“, analysiert Fichtinger die aktuellen Zahlen und hält fest, „dass die Investoren vorsichtig bleiben und gerade großvolumige Transaktionen sehr lange dauern können.“
Büroobjekte waren mit ca. 65 Prozent des gesamten Marktvolumens erneut das stärkste Segment, gefolgt von Einzelhandelsimmobilien mit ca. 11 Prozent. Institutionelle Wohninvestments gewannen weiter an Bedeutung und zeichneten bereits für ca. 10 Prozent des Transaktionsvolumens verantwortlich. Der Anteil der Segmente Logistik/Industrie sowie Studentenwohnen blieb in der ersten Jahreshälfte 2017 mit ca. 4 bzw. 3 Prozent stabil. Wobei der Verkauf des ORBI Tower an die Bank Austria Real Invest, der ebenfalls in den dreistelligen Millionenbereich fiel, größenmäßig weit hinter den beiden Megadeals zurücklag. Im Bereich der Portfolio-Deals lag der Verkauf des UBM-Portfolios (Büro & Hotel) an der Spitze. Der Erwerb des ELI Einkaufszentrums Liezen durch die deutsche KGAL war die größte Einzelhandelstransaktion des zweiten Quartals.
„Der Verkauf des DC Tower 1 ist eine Transaktion mit internationaler Signalwirkung für den Wiener Markt“, sagt EHL-Investmentchef Franz Pöltl. „Diese Transaktion zeigt zum wiederholten Mal ganz deutlich die enorm hohe Attraktivität des Wiener Büroimmobilienmarktes.“ Der DC Tower 1 ist mit einer Höhe von 250 Metern Österreichs höchstes Gebäude und liegt direkt im urbanen Zentrum VIENNA DC. Ein Deal, der bereits lange erwartet wurde. Pöltl sieht die Entwicklung des Investmentmarktes anhaltend positiv. „Die im Europavergleich niedrige Leerstandrate sowie die hohe Qualität der Immobilien in Kombination mit den im direkten Vergleich zu Deutschland noch niedrigen Büromieten und tendenziell leicht höheren Renditen machen den Wiener Büromarkt zu einem Top-Investmentstandort für internationale Investoren.“
Einer dieser ist zum Beispiel die deutsche Warburg HIH Invest. Das Investitionshaus aus Hamburg, das Immobilien im Wert von sechs Milliarden Euro verwaltet, will sich nun stärker im österreichischen Markt engagieren als bisher und für heimische, aber vor allem auch für internationale Investoren Gewerbeobjekte kaufen, für sie gewinnbringend verwalten und gegebenenfalls auch wieder verkaufen. Zu den von Warburg HIH Invest betreuten Anlegern zählen in erster Linie institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionskassen. Zu den bekanntesten Objekten, die Warburg in Österreich bisher erworben hat, gehören das Kaufhaus Stafa in der Wiener Mariahilfer Straße und das Intercity Hotel am Wiener Westbahnhof.
„Österreich bietet für viele institutionelle Investoren interessante Anlagemöglichkeiten, wenngleich die Nachfrage größer ist als die Auswahl an soliden und gut verzinsten Objekten“, erklärt Martin Sabelko, Geschäftsführer der neuen Wiener Niederlassung Warburg-HIH-Invest Real Estate Austria. Sabelko leitete seit 2006 als Vorstand bei CBRE Global Investors CEE (vormals ING Real Estate Investment Management CEE) die Aktivitäten der Gruppe in Zentraleuropa. Er gründete und managte die zwei Immobilienfonds in CEE mit einem Volumen von 2,4 Milliarden Euro. Darüber hinaus war er Mitglied des CBRE Global Investors EMEA Management Boards und führte unter anderem das CBRE Global Investors Sustainability Team in Europa an.
„Früher hat man gewartet, bis ein Objekt fertiggestellt ist, und hat vielleicht noch abgewartet, wie sich es sich entwickelt. Doch diese Zeiten sind vorbei“, hält der Warburg-Österreich-Geschäftsführer fest. „Heute steigt man bereits bei Baustart ein.“
Neben den bereits abgeschlossenen Ankäufen eines Portfolios von OBI-Baumärkten durch die südafrikanische Accellerate sowie des Tiroler BUWOG-Portfolios durch Jargonnant Partners (Luxemburg) sind derzeit auch einige asiatische Staatsfonds in Österreich auf der Suche nach passenden Investitionsmöglichkeiten.
Wegen des Mangels an sehr großen Investmentprodukten sind die Investoren aus dem nicht-deutschsprachigen Ausland bereit, auch mittelgroße Transaktionen abzuschließen. Anders als in den Vorjahren beschäftigen sie sich aktuell bereits mit Deals von deutlich weniger als 100 Millionen Euro Volumen. Es ist davon auszugehen, dass auf diese Käufergruppe in den kommenden beiden Quartalen ein deutlich größerer Anteil des Transaktionsvolumens entfallen wird. Im Hinblick auf den wirtschaftlichen Hintergrund der Käufer waren heuer bisher vor allem die offenen Immobilienfonds besonders aktiv, der relativ hohe Anteil der Versicherungen ist fast zur Gänze dem Kauf des ICON Vienna durch die Allianz geschuldet.
Die Spitzenrenditen blieben im zweiten Quartal im Vergleich zum ersten Quartal stabil. Gegenüber dem Jahresbeginn ist jedoch ein Rückgang festzustellen. Derzeit tendieren die Spitzenrenditen im Bürobereich von 4 Prozent in Richtung 3,75 Prozent. Aufgrund des starken Nachfrageüberhangs und des steigenden Preisniveaus scheint in manchen Teilmärkten ein weiterer Rückgang der Renditen bis Jahresende um bis zu 0,25 Prozentpunkte möglich. Wegen des zunehmend knappen Angebots im Top-Bereich rücken auch jene Objekte in den Fokus der Investoren, die nicht alle Kriterien hinsichtlich Lage, Vermietungsgrad oder technischem Standard zu 100 Prozent erfüllen.
Im Einzelhandelssegment fielen die Spitzenrenditen deutlich auf ca. 4 Prozent. „Die höchsten Renditen in diesem Segment werden nach wie vor bei Fachmarktzentren mit 5,65 Prozent erreicht.“ „Es gibt Interesse an Investitionen in Einkaufs- und Fachmarktzentren, allerdings sind nur wenige am Markt, wodurch das Volumen in dieser Assetklasse relativ gering war im ersten Halbjahr 2017“, so Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE. Für institutionelle Wohninvestments werden teils unter 4 Prozent erzielt. Noch deutlicher ist der Renditerückgang im Vergleich zum Jahresbeginn in den nachgelagerten Qualitätssegmenten.
Auch Pöltl blickt positiv in die Zukunft: „Der Veranlagungsdruck unter den Investoren ist weiter hoch und die hochwertigen neuen Büroobjekte, die bis Ende 2018 fertiggestellt werden, bieten Käufern attraktive Investmentmöglichkeiten in Form von Forward Purchases („Terminkäufen“). Ich gehe daher davon aus, dass bis zum Jahresende noch einige große Transaktionen abgeschlossen werden und ein Jahresvolumen von zumindest 3,5 Milliarden erreicht werden kann.“
Zum Ende des ersten Halbjahres befindet sich der österreichische Immobilieninvestmentmarkt in einer hervorragenden Verfassung und vieles spricht dafür, dass die positive Entwicklung anhalten oder sich sogar noch verstärken wird. Es ist weiterhin sehr viel Liquidität vorhanden und einige Investoren befinden sich aktuell noch im Abschluss von bedeutenden Transaktionen. Im Ergebnis werden so im dritten und insbesondere vierten Quartal nochmals starke Zuwächse des Transaktionsvolumens spürbar werden. In den kommenden 15 Monaten werden zudem noch einige großvolumige Entwicklungsprojekte fertiggestellt, die Investoren attraktive Kaufgelegenheiten bieten.
Insbesondere für ältere Bestandsobjekte, die in den letzten Jahren von der sehr eingeschränkten Neuproduktion an Büroflächen profitiert haben, erhöht sich dadurch allerdings der Konkurrenzdruck zunehmend. Aus heutiger Sicht erscheint es realistisch, dass die Renditen bis Jahresende tendenziell noch weiter sinken werden. Abhängig vom jeweiligen Teilmarkt ist ein Rückgang der Renditen von bis zu 0,25 Prozentpunkten möglich.
Eilt der Investmentmarkt von Rekord zu Rekord, bleibt die Office-Vermietungsleistung verhalten, diese lag im ersten Halbjahr bei rund 87.000 Quadratmetern und somit um ca. 30 Prozent unter dem Vorjahreswert. „Das erste Quartal ist mit rund 36.000 Quadratmetern neu vermieteter Bürofläche in Wien schwächer ausgefallen als erwartet. Allerdings zog der Markt im zweiten Quartal wieder auf ca. 51.000 Quadratmeter an – was uns positiv auf das zweite Halbjahr blicken lässt“, so Patrick Schild, Head of Office bei CBRE Österreich. Mit rund 47 Prozent fanden die meisten Neuanmietungen des ersten Halbjahres 2017 in der Wiener City statt. Die Bürolagen Erdberg (ca. 13 Prozent), Donaucity/Lassallestraße (ca. 12 Prozent) sowie Hauptbahnhof (ca. 11 Prozent) folgen danach auf der Skala der beliebtesten Bürostandorte in Wien. Das hinter den Erwartungen gebliebene Ergebnis im ersten Halbjahr ist mitunter durch noch ausständige Mietvertragsabschlüsse einiger Großmieter zu begründen, die für das erste Halbjahr prognostiziert waren. Diese laufenden Vertragsverhandlungen stärken allerdings die Pipeline für das zweite Halbjahr. Etwa die Hälfte des Flächenumsatzes aus Q1 wurde im Flächensegment größer als 1.000 Quadratmeter generiert.
Die Neuflächenproduktion betrug im ersten Halbjahr 2017 55.000 Quadratmeter. Fertiggestellt wurden die Projekte Euro Plaza Bauphase 6 mit 12.500 Quadratmetern am Wienerberg, der ORBI Tower mit 21.600 Quadratmetern in Erdberg und das Denk Drei mit 21.000 Quadratmetern im Viertel Zwei. Der größere Teil der für 2017 erwarteten Neuflächen von insgesamt rund 150.000 Quadratmetern wird jedoch erst im zweiten Halbjahr auf den Markt kommen. Dazu zählen unter anderem das Square Plus Bauteil 1 in der Region Nord mit 28.000 Quadratmetern, das QBC Bauteil 3 und 4 mit 24.500 Quadratmetern am Hauptbahnhof oder der Seepark Campus West mit 11.000 Quadratmetern in der Seestadt Aspern.