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Ein Kommentar von Hans Jörg Ulreich, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Ulreich Bauträger GmbH, Bauträgersprecher Österreich, Lektor an der TU Wien und FH Wien
Hans Ulreich
ULREICH, Hans Jörg
ULREICH, Hans Jörg
© REMG

Wenn wir uns auf die österreichischen Werbe- und Medienmeldungen verlassen, gewinnen wir schnell den Eindruck, dass sich gerade unheimlich viel bewegt in der Gesetzgebung und Politik, was ökologisch nachhaltiges Bauen und Sanieren betrifft. Alles am Weg – so der medial erzeugte Eindruck.

Wälder aus Kränen

Wer noch dazu oft und viel mit dem Auto durch unser Land unterwegs ist, bekommt dieses Gefühl auch noch visuell bestätigt. Es scheint so, als würde überall „auf Teufel komm raus“ gebaut werden. Fast um jedes städtische Gebiet herum stehen richtige Wälder aus Kränen. „Läuft!“, werden die einen sagen. „Der reinste Horror!“ wird vermutlich den Boden- und Umweltschützern in den Kopf steigen. Für beide Seiten habe ich Verständnis.

Jene, die wie ich in der Branche – an welcher Stelle auch immer – tätig sind, wissen aber, dass der Schein verhängnisvoll trügt. Nun gut, wir hören und lesen auch, dass die Baukosten explodieren, die Zinsen steigen und Fachkräfte fehlen. Keine Frage, dass sich das dämpfend auswirkt.

Andere Wahrheit

Doch die Wahrheit ist eine andere. Dass viele am Bau tätige Firmen schon Mitarbeiter in großer Zahl abbauen, und gerade innerstädtische Bauprojekte besonders in Wien im Boden, oder besser in den Mühlen der Behörden, versickern, ist für Kenner kein Geheimnis.

Dass Architekten und Ziviltechniker mittlerweile ihr Tätigkeitsgebiet nicht mehr bei Planabschluss, sondern bei Baubeginn beenden und zusätzlich am besten nebenbei ein Studium der Kommunikationswissenschaften abschließen, um in der Behördenkommunikation voranzukommen, darüber wird schon lange in der Branche mit schwarzem Humor gewitzelt.

Die öffentlich verbreiteten Hürden im Baubereich, wie etwa Baukosten und Zinsen, sind nur das Salz in einer sich über Jahrzehnte aufklaffenden Wunde, die tiefer und tiefer wird.

Überbordende Regelwerke

Neun unterschiedliche Bauordnungen, pro Gemeinde (!) eine eigene Flächenwidmung, Förderungs- und ÖNORM-Dschungel, überbordende Regelwerke und Behördenirrwege verlangen den Berufsständen mittlerweile Unmenschliches an Zusatzfähigkeiten ab, um ein Projekt tatsächlich auf die Beine stellen zu können.

Mit uns im selben Boot und das beste Zeichen für die Misere sind wohl die Beamten, die, so scheint es oft, auch kapituliert haben. In Wien, so wird mir von allen Branchenseiten zugetragen, steht alles still oder wird an die Gerichte weitergegeben. Das verwundert auch nicht sonderlich, denn wer soll es in dem ganzen Dschungel wagen, eine verbindliche Entscheidung zu treffen?

Problem: Rechtsunsicherheit

Was die Branche heute krachen lässt, sind also nicht nur Baukosten oder Zinsen. Es ist die Rechtsunsicherheit in fast jedem Gebiet, das mit einem Bauprojekt in Verbindung steht. Diese und die damit verbundenen ewig sich ziehenden Verfahren sind aufgrund der Kosten nicht mehr leistbar.

Die Rettung – eine echte Ankurbelung von Nachverdichtung, Sanierung und Dekarbonisierung – kann nur, und wirklich nur in einer rechtssicheren und klaren Gesetzgebung liegen.

Das ist ein Rahmen, in dem wir, aber auch die Beamten, gute Handlungsrichtlinien vorgegeben bekommen. Nur so könnten wir rasch, effizient und nicht erst in langwierigen Gerichtsverfahren zu verbindlichen Entscheidungen und damit zum „GO“ kommen.

Es wäre so einfach.

Ich blicke allerdings wenig optimistisch in die Zukunft.

Vorerst wird alles beim Alten bleiben und braucht es für unsere Vorhaben bis auf weiteres nicht nur unsere Pläne, sondern auch einen Zauberlehrling mit in der Tasche, um ein paar Millimeter voranzukommen.

Einen konstruktiven Sommer!