Sie feiern das 30-jährige Bestehen Ihres Unternehmens. Wie hat sich dieses im Rückblick entwickelt?
Sehr positiv. Mein Vater hat vor dreißig Jahren erkannt, dass es für Löschanlagen zwar viele Installateure gab, aber wenig planerisches Know-how vorhanden war. In dieser Nische hat er sich erfolgreich etabliert. Nach meinem Eintritt haben wir unser Leistungsspektrum stark in Richtung Gesamtlösungen im Brandschutz ausgebaut. Wir haben immer auf den Bedarf am Markt reagiert, um Auftraggebern das zu liefern, was sie brauchen: Ob das eine Löschanlage ist, ein Brandschutzkonzept oder Unterstützung beim Umgang mit Behörden. Diese Flexibilität und laufende Weiterentwicklung war sicher ausschlaggebend dafür, dass Hoyer Brandschutz bis heute eine Erfolgsgeschichte ist. Es ging stetig bergauf. 2019 hatten wir den höchsten Umsatz und Mitarbeiterstand in der Firmengeschichte.
Hat sich im Brandschutz in den letzten 30 Jahren etwas Grundlegendes verändert?
Es gab wesentliche Änderungen in der Normierung, bei den Bauteilen im Brandschutz etwa die Umstellung vom nationalen auf ein europäisches Normensystem. In Österreich hat die lange herbeigesehnte Harmonisierung der Bauordnung endlich einheitliche Brandschutzregelungen für alle Bundesländer gebracht. Der Brandschutz konnte sich in den letzten Jahrzehnten als eigenständiges Gewerk herausbilden. Dadurch ist auch der Stellenwert der Fachplanung stark gestiegen.
Welche Brandschutzlösungen sind aktuell besonders gefragt?
In jüngster Vergangenheit wird großes Augenmerk auf Revitalisierungen und Umnutzungen gelegt. Da geht es dann um die Frage, wie man in eine bestehende Bausubstanz modernen Brandschutz integriert. Auch Löschanlagen sind weiter stark nachgefragt, vor allem im Produktionsbereich, wo man sich gegen Betriebsunterbrechungen schützen will, oder in Lagerstätten, wo es um hohe Sachwerte geht. Generell spielt Kosteneffizienz eine große Rolle. Ein gutes Instrument hierfür sind Brandschutzkonzepte, die alle Maßnahmen in einem Gebäude in ihrem Zusammenspiel betrachten. Dabei entstehen praktisch immer Synergien im baulichen und organisatorischen Brandschutz oder bei der Anlagentechnik. Am Ende des Tages bedeutet das geringere Errichtungskosten und eine raschere Amortisierung der Investition.
Brandschutz sollte sich optimal an das Gebäude anpassen.
Gibt es Punkte, die im Brandschutz häufig übersehen werden?
Da gibt es viele Beispiele. Nicht immer wird beachtet, dass stets ein zweiter Fluchtweg vorhanden sein muss oder dass es für gewisse Gebäudegrößen behördliche Vorgaben wie eine Brandmeldeanlage oder einen Feuerwehraufzug gibt. Bei der Ausführung wird oft übersehen die Brandabschnitte auch ordnungsgemäß herzustellen. Die beste Brandschutzwand nützt nichts, wenn die Kabeldurchführungen nicht richtig abgeschottet werden.
Gibt es neue Bestimmungen aufgrund deren bestehende Systeme aufgerüstet werden müssen?
Für Bewilligtes gilt immer der Bestandsschutz. Solange sich also am Gebäude und der Nutzung nichts ändert, kann man niemanden zu Nachrüstungen zwingen. Spannend wird es erst bei einem Umbau oder wenn eine andere Nutzung geplant ist.
Sie haben die Löschanlage für den DC Tower 1, Österreichs höchstes Gebäude, geplant. Wie sah Ihr Konzept aus?
Der DC Tower ist 250 Meter hoch und hat 60 Stockwerke. Damit ein Brand überall rasch bekämpft werden kann, haben wir zwei Löschkonzepte kombiniert: eine Hochdruckwassernebelanlage mit insgesamt rund 10.000 Löschdüsen und eine Hydrantenanlage. Bis dato einzigartig war die Löschwasserversorgung: In Hochhäusern wird das Wasser üblicherweise mit einer Steigleitung nach oben gepumpt, wir haben eine Fallleitung geplant. Das Löschwasser ist im 56. Stock in einem 300 Tonnen schweren Wasserbehälter untergebracht. Dieser erfüllt noch einen anderen Zweck, denn er gleicht die Schwingungen des Turmes aus.
Wir haben für mehrere Gebäude am Campus die Löschanlagenplanung gemacht und es war ein großartiges Projekt, aber auch eine irrsinnige Tüftelei.
Ein anderes Meilensteinprojekt war der Campus WU im Wiener Prater. Zaha Hadid hat mit dem Library & Learning Center dessen Herzstück gestaltet. Gab es Reibungspunkte zwischen Architektur und Brandschutz?
Stararchitekten wie Zaha Hadid haben natürlich ganz genaue Vorstellungen, wie etwas auszusehen hat. Das geht bis zur Optik der Sprinklerköpfe und wo diese platziert werden dürfen. Manchmal hieß es „Hier kommt kein Sprinkler hin“ und es stand Architektur vs. Richtlinie. Wir haben für mehrere Gebäude am Campus die Löschanlagenplanung gemacht und es war ein großartiges Projekt, aber auch eine irrsinnige Tüftelei. Jedes Gebäude wurde von einem anderen Architekturbüro geplant und hatte ein anderes Raumkonzept, in manchen gab es Wände mit 35 Grad Neigung. Da muss man drei Mal überlegen, was das für die Sprinklerabstände bedeutet und wie man Sprühbehinderungen verhindert. Das Atrium im Library & Learning Center hat mit seiner Raumhöhe überhaupt die Löschanlagentechnik an ihre Grenzen gebracht.
Sie haben sehr viele Planerinnen im Team, warum?
Wir sind ein leistungsorientiertes Ingenieurbüro und das Know-how steht im Fokus. Für mich macht es da keinen Unterschied, ob ich mit einer Frau oder einem Mann zusammenarbeite. Ich hatte auch nie Bedenken, dass sich Frauen am Bau nicht durchsetzen können oder familiär mehr gefordert sind. Es ist für mich ohnehin selbstverständlich, dass ich alle meine Mitarbeiter dabei unterstütze, das Private gut mit dem Beruflichen unter einen Hut zu bekommen. Derzeit ist etwa ein Drittel unseres Planungsteams weiblich, was klar über dem Branchenschnitt liegt. Das freut mich sehr.
Was sind derzeit in der Brandschutzplanung die großen Herausforderungen?
Fast jedes Projekt ist eine Herausforderung, weil wir von Bauherren und Architekten Konzepte für Neubauten vorgestellt bekommen, die jeweils für sich einen Schritt in die Zukunft bedeuten. Das müssen wir in Einklang bringen mit teils Jahrzehnte hinterherhinkenden Vorschriften. Ein Beispiel: Wir haben das Brandschutzkonzept für den Bildungscampus Christine Nöstlinger in Wien erstellt, der erst kürzlich eröffnet wurde. Hier ist alles barrierefrei, multifunktional nutzbar und das Lernen findet im gesamten Gebäude statt. Das steht in krassem Gegensatz zu den Brandschutzvorgaben für Schulen, denn die basieren noch auf der Bildungsarchitektur früherer Generationen – mit Frontalunterricht und Klassenzimmern, die alle gleich aussehen. In vielen Bereichen kommen die Regelwerke mit dem Planungsfortschritt nicht mit.
Welche Rolle spielt hier die Behörde?
Sein Konzept positiv genehmigen zu lassen, ist immer mit Unsicherheit verbunden. Es gibt viel Zeitdruck, viel Kostendruck und wir wollen mit den Architekten konzeptionell mitgehen. Gleichzeitig hat die Behörde großen Einfluss darauf, ob ein Projekt in geplanter Form umgesetzt werden kann. Das hängt dann davon ab, ob strikt an den Vorgaben festgehalten wird, oder es die Bereitschaft zu individuellen Lösungen gibt.
Meine Vision ist, dass in naher Zukunft die Ingenieurmethoden im Brandschutz zum Standard werden.
Wohin soll sich die Arbeit des Brandschutzplaners in Zukunft entwickeln?
Meine Vision ist, dass in naher Zukunft die Ingenieurmethoden im Brandschutz zum Standard werden. In Brandschutzkonzepten erfolgt die Nachweisführung dann über PC-Simulationen wie Personenstromanalysen für die Evakuierung oder Brandsimulationen für Verhalten des Gebäudes im Brandfall. Derzeit ist die Akzeptanz dieser Ingenieurmethoden bei den Behörden noch zu gering. Auch das deutsche Modell des Prüfingenieurs fände ich für Österreich sehr reizvoll: Als Ingenieurbüro wären wir damit nicht nur auf der Planerseite, sondern würden im Auftrag der Behörde Brandschutzkonzepte in Genehmigungsverfahren prüfen.
Sehen Sie durch die Coronakrise Auswirkungen auf den Brandschutz?
Ja, denn auch wir Brandschutzplaner sind Teil des gesellschaftlichen Systems und Wandels. Durch Corona stellt sich momentan die Frage, ob Großraumbüros noch zeitgerecht sind, wenn die Menschen mehr und mehr von zuhause arbeiten. Das bedeutet für uns, dass wir Gebäude flexibler planen müssen: Was heute ein Büro ist, kann morgen ein Wohnhaus oder Hotel sein. Zudem ist es nachhaltiger ein Gebäude schon im Vorfeld so zu planen, dass verschiedene Nutzungen möglich sind. Auch der Wohnbau rückt in Zeiten von Corona wieder mehr in den Fokus, denn im privaten Bereich gibt es die meisten Brandtoten. Bei Neubauten sind mittlerweile Rauchmelder zwingend erforderlich, vielleicht sollte man das Sicherheitsniveau auch beim Wohnen nachschärfen.
Mit welchen Themen wird sich der Brandschutz in den kommenden Jahren verstärkt befassen?
Da sehe ich zum einen Entwicklungen, die mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu tun haben. Das reicht vom verstärkten Einsatz von alternativen Bauweisen über Fassadenbegrünungen bis hin zur Elektromobilität. In der Abfallwirtschaft sind Lösungen gefragt, um die große Brandgefahr durch Lithium-Ionen-Akkus in den Griff zu bekommen. Auch der Gesundheitsbereich ist sprichwörtlich eine große Baustelle, denn viele Krankenhäuser sind sanierungsbedürftig, während die Bevölkerung zunehmend älter wird und die Anforderungen an das Gesundheitssystem steigen.