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Hohe Lebenshaltungskosten: 30 Prozent vor Zahlungsproblem beim Wohnen

Elf Prozent gaben an, nicht mehr ausreichend heizen zu können - Arbeiterkammer und Volkshilfe Wien fordern Mietpreisbremse - "Wohnschirm" hilft, könne aber Wohnpolitik nicht ersetzen
Patrick Baldia
Wohnkosten
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Immer mehr Menschen kommen durch Wohn- und Energiekosten unter Druck, Zahlungsprobleme nehmen zu, warnten Arbeiterkammer und Volkshilfe Wien bei einem Pressegespräch. Schon 30 Prozent der 16- bis 69-Jährigen fürchteten, dass sie demnächst ihre Wohnkosten nicht mehr stemmen können, sagte AK-Experte Thomas Ritt - allein in dieser Altersgruppe 1,9 Millionen Betroffene. Hilfen seien gut und wichtig, Wohnen gehöre aber endlich reguliert, etwa durch eine Deckelung der Mieten.

Die neuen Daten aus der Krisenfolgenbeobachtung der Statistik Austria - die sich auf das 3. Quartal 2022 beziehen - seien dramatisch, warnte Ritt: Im vierten Quartal 2021 hatten erst zwölf Prozent Zahlungsprobleme bei den Wohnkosten befürchtet. Mieter und Mieterinnen seien noch stärker betroffen: In privaten Mietwohnungen rechneten demnach 37 Prozent mit Schwierigkeiten im nächsten Jahresviertel, in Gemeindewohnungen sogar 40 Prozent. Elf Prozent gaben an, bereits nicht mehr ausreichend heizen zu können, laut Ritt fast eine Verdoppelung zum vierten Quartal 2021. "Zahlen, die einen sprachlos machen", so der Leiter der Abteilung Kommunal & Wohnen der AK Wien.

Hilfeangebote wie der "Wohnschirm" des Sozialministeriums, mit dem z.B. Mietschulden oder Energierechnungen übernommen werden, seien wichtig, Sozialpolitik könne aber Wohnpolitik nicht ersetzen. Das Regierungsprogramm enthalte 45 Maßnahmen zum Thema Wohnen, AK und Volkshilfe fordern - neben einem Mietdeckel - als Sofortentlastung die Umsetzung von fünf davon, die sich schneller verwirklichen ließen und Betroffenen spürbar helfen würden: Bei der seit Juli 2022 neugeregelten Maklerprovision gebe es noch "Hintertüren" zur Umgebung des Bestellerprinzips, die geschlossen gehörten. Bundesgrundstücke sollen nur mehr mit geförderten Wohnungen bebaut werden dürfen. Derzeit werde zwar viel gebaut, aber "im unleistbaren Bereich".

Zudem müssten eine wirksame bundesgesetzliche Leerstandsabgabe her und eine Einschränkung der Kurzzeitvermietungen. Weil die geforderte Reform des Mietrechts mit wirksamen Obergrenzen nicht schnell genug umsetzbar sei, sollten nicht zuletzt befristete Mietverträge abgeschafft werden, das gehe "gleich".

Der bereits aufgespannte "Wohnschirm" hat laut Tanja Wehsely, Geschäftsführerin der Volkshilfe Wien, 5.200 Menschen vor Wohnungslosigkeit bewahrt: "Seit März 2022 konnten 2.300 Wohnungen österreichweit gehalten werden." Sieben Millionen Euro wurden ausbezahlt und fast 400 Delogierungstermine abgewendet. Bei der Hälfte der betroffenen Haushalte habe es sich um Alleinerziehende, meist Frauen, mit Kindern gehandelt.

Die AK hat die Gesamtkosten berechnet, die im Schnitt durch eine Delogierung entstehen. Ausgelöst durch Mietrückstände in Höhe von schätzungsweise 2.500 Euro, würden Folgekosten von mindestens 31.000 Euro anfallen, für den Mieter bzw. die Mieterin, Vermieter bzw. Vermieterin und den Sozialstaat. Enthalten sind beispielsweise Gerichts- und Räumungskosten, Leerstand sowie die jährlichen Aufwendungen für die anderweitige Unterbringung, etwa in einem Heim für Wohnungslose, und Betreuung durch Sozialarbeit.

Die Probleme seien bereits jetzt groß, "und es droht schon wieder eine fast neunprozentige Mieterhöhung im April bei den Altbaumieten", warnte Ritt. "Der Wohnschirm kann nicht alles auffangen." (apa)