Wenn wir über Facility Management sprechen: Was verstehen Sie darunter?
Peter Edelmayer: Der Begriff Facility Management wird sehr unterschiedlich verwendet. Für manche bedeutet er nur Reinigung und Technik, andere fassen auch Soft Services wie Catering oder Security darunter. Bei Dussmann Austria haben wir vier Kerndienstleistungen definiert: Reinigung, Food Services, Gebäudetechnik und Sicherheitsdienstleistungen.
Der größte Bereich ist nach wie vor die Reinigung – unser klassisches „Butter-und-Brot-Geschäft“. Sie mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken, aber sie ist die Grundlage für den Betrieb nahezu jeder Immobilie. Ohne Reinigung funktioniert kein Büro, kein Krankenhaus, keine Schule. Unser Unternehmensgründer Peter Dussmann hat das früh erkannt: Auch wenn die Wertschätzung für Reinigung in der Gesellschaft oft gering ist, bleibt sie unverzichtbar. Das hat sich gerade in Krisenzeiten wie der Pandemie oder der Finanzkrise bestätigt.
Welche Bereiche sind für Sie strategisch besonders attraktiv?
Im Gebäudetechnik-Bereich sehen wir die größten Wachstumschancen. Hier handelt es sich um hochwertige, qualifizierte Dienstleistungen, die meist über langfristige Verträge abgesichert sind. Das unterscheidet ihn von der Reinigung, wo Verträge oft kurzfristiger und stärker preisgetrieben sind.
Allerdings ist organisches Wachstum in der Technik kaum möglich – wir sprechen über einen sehr engen Markt. Darum setzen wir auf Unternehmenskäufe, auch in den anderen Dienstleistungen, wenn es um Spezialisierungen geht, die für uns interessant sind. Vor drei Jahren haben wir etwa die Firma Janus übernommen, die im Gesundheitswesen stark war. Bei solchen Übernahmen ist uns wichtig, dass Größe und Unternehmenskultur passen. Kleine, eigentümergeführte Firmen ticken oft sehr anders als ein internationaler Konzern.
Die Integration erfolgt bei uns bewusst behutsam. Wir wollen keine Verunsicherung bei Kunden oder Mitarbeitenden. Deshalb lassen wir die übernommenen Marken oft noch zwei bis drei Jahre bestehen. Parallel integrieren wir kaufmännische und administrative Prozesse und schaffen Synergien. Am Ende des Tages soll die Marke Dussmann sichtbar sein – aber auf einem Weg, der Vertrauen sichert.
Wo liegen die regionalen Schwerpunkte in Österreich?
Am stärksten sind wir im Osten, also in Wien und Niederösterreich. Danach folgen Oberösterreich, Kärnten, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Salzburg. Reinigung bieten wir in allen Bundesländern an, Gebäudetechnik ist aber stark auf Wien und einige ausgewählte Kunden konzentriert.
Wir verfolgen das klare Ziel, langfristig in allen Bundesländern alle vier Dienstleistungen anzubieten. Dafür prüfen wir laufend Übernahmekandidaten, gerade in Regionen, in denen wir bislang weniger präsent sind. Dabei spielen auch Synergieeffekte eine Rolle: Wenn wir zum Beispiel in Oberösterreich im Bereich Klimatechnik schon tätig sind, könnten Zukäufe in der Nähe zusätzliche Stabilität bringen.
Wie beeinflussen steigende Kosten Ihr Geschäft?
Die Löhne sind in den letzten drei Jahren um über 25 Prozent gestiegen – das ist enorm. Im öffentlichen Bereich können wir diese Steigerungen relativ gut weitergeben, weil es klare Regeln und jährlich angepasste Tarife gibt. Im privaten Bereich ist das schwieriger. Dort suchen Kunden oft nach Einsparmöglichkeiten, etwa indem die Reinigungsfrequenz reduziert wird – fünfmal pro Woche wird dann auf drei reduziert.
Man darf nicht vergessen: Unsere Branche arbeitet mit sehr geringen Margen, meist zwischen drei und sechs Prozent EBIT. Ein pauschaler Nachlass von zehn Prozent ist schlicht nicht möglich. Darum geht es bei Verhandlungen darum, den Leistungsumfang anzupassen, ohne Qualitätseinbußen in sensiblen Bereichen wie der Sanitärreinigung zu riskieren.
Die Reinigung ist für uns ein Frühindikator: Wenn Kunden sparen müssen, sehen wir das sofort – noch bevor es in anderen Bereichen sichtbar wird.
Welche Spuren hat die Pandemie hinterlassen?
In der Reinigung weniger als gedacht. Auch wenn Büros nicht voll ausgelastet waren, bleibt die Notwendigkeit zu reinigen bestehen. Deutlich stärker betroffen war die Betriebsgastronomie. Dort haben sich die Gästezahlen im Durchschnitt um ein Drittel reduziert, weil viele Mitarbeitende nur noch zwei bis drei Tage im Büro sind.
Das führt zu Herausforderungen in der Kalkulation. Bei neuen Kundenverträgen können wir das berücksichtigen. Schwieriger ist es bei Bestandskunden, wo die Kalkulation noch auf deutlich höheren Essenszahlen basiert. Da ist es nicht möglich, Personal 1:1 herunterzufahren – auch bei geringer Auslastung bleibt ein gewisser Personalbedarf bestehen.
Trotzdem bleibt die Verpflegung für Unternehmen wichtig. Viele Kunden haben in der Pandemie bewusst an Kantinen und Zuschüssen festgehalten, weil sie wussten: Das ist ein wesentlicher Baustein der Mitarbeiterbindung.
Warum ist Betriebsgastronomie für Unternehmen so zentral?
Essen ist ein emotionales Thema. Eine Kantine ist mehr als nur ein Ort, an dem Mahlzeiten ausgegeben werden – sie ist ein Treffpunkt, ein Wohlfühlfaktor. In vielen Branchen kann sie sogar ein entscheidendes Kriterium für Arbeitgeberattraktivität sein.
Wir sehen, dass die Erwartungen gestiegen sind: Statt klassischer „Bahnhofskantinen“ wünschen sich Unternehmen moderne, ansprechende Restaurants. Architektur, Atmosphäre und Speisepläne sind heute Teil der Employer-Branding-Strategie.
Die Ansprüche unterscheiden sich stark: Kinder, SeniorInnen, SchichtarbeiterInnen – alle haben unterschiedliche Bedürfnisse. Unsere Aufgabe ist es, maßgeschneiderte Konzepte zu entwickeln. Dabei geht es auch um gesunde Ernährung, Nachhaltigkeit und Vielfalt. Gleichzeitig muss man pragmatisch bleiben: Kinder wollen manchmal lieber Schnitzel als Gemüseaufläufe – und auch das gehört zur Realität.
Wie stellt sich die Personalsituation dar?
Im Reinigungsbereich arbeiten viele Teilzeitkräfte, überwiegend Frauen. Diese Flexibilität ist für viele attraktiv, etwa um Familie und Beruf zu verbinden.
Schwieriger ist es im Technik- und Küchenbereich. KlimatechnikerInnen, KüchenleiterInnen oder qualifizierte KöchInnen sind rar – und im Westen Österreichs konkurrieren wir direkt mit der Tourismusbranche, die oft höhere Gehälter zahlt. Besonders in Tirol und Vorarlberg ist das spürbar.
Um attraktiv zu bleiben, setzen wir auf marktgerechte Bezahlung, Zusatzleistungen wie Gesundheitsförderung, geregelte Arbeitszeiten (gerade in der Gemeinschaftsverpflegung von Montag bis Freitag) und moderne Geräte, die die Arbeit erleichtern. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Community: Viele Mitarbeitende kommen über Empfehlungen von Bekannten.
In Skandinavien ist Tagreinigung üblich. Wie ist das in Österreich?
Hierzulande ist sie kaum gefragt. Weder Kunden noch Mitarbeitende bevorzugen Tagreinigung. Viele Mitarbeitende schätzen die Randzeiten, weil sie gut mit Schule oder Kinderbetreuung vereinbar sind. Kunden wiederum wollen tagsüber möglichst ungestörte Abläufe. Deshalb bleibt die klassische Reinigung außerhalb der Kernarbeitszeiten Standard.
Welche Rolle spielen ESG und Nachhaltigkeit?
Immer mehr Kunden fragen nach umweltfreundlichen Verfahren, Materialien und Geräten. Wir setzen schon heute auf ökologische Produkte, Dosiersysteme und moderne, recyclebare Geräte. Die Zahlungsbereitschaft der Kunden variiert je nach Branche oder Unternehmensgröße. Viele erkennen den Mehrwert, aber nicht alle sind bereit, die Mehrkosten zu tragen. Ich bin überzeugt: Das wird sich Schritt für Schritt entwickeln – und wir wollen dieses Thema aktiv als strategisches Differenzierungsmerkmal nutzen.