IMMOunited

Immobilien als Rohstoffminen?

Das neue Denken in Richtung Kreislaufwirtschaft wird neue Geschäftsmodelle entlang der Wertschöpfungskette entstehen lassen.
Louis Obrowsky
OBROWSKY
OBROWSKY
© REMG

Kreislaufwirtschaft wird auch immer stärker im Immobilienbereich verankert. Wer heute in eine Immobilie investiert, wird nicht darum herumkommen, sich darüber Gedanken zu machen. Denn neben Rendite und Risiko wird Nachhaltigkeit nicht nur ein zentrales Investitionskriterium werden, sondern auch zukünftig verpflichtend sein. Ein wichtiges Kriterium dabei stellt die Taxonomie-Verordnung dar, die ein Klassifizierungsinstrument schafft und Investoren zwingt auf verschiedenen Ebenen wie z.B. in Prospekten und auf der Website ESG-bezogene Informationen zur Verfügung zu stellen. Und ab diesem Jahr müssen auch im Jahres-Geschäftsbericht ESG-Angaben gemacht werden. So muss z.B. bei Neubauten der Primärenergiebedarf zehn Prozent unter den Anforderungen an Niedrigenergiegebäude nach nationalem Recht liegen.

Neue Geschäftsmodelle

Das neue Denken in Richtung Kreislaufwirtschaft wird neue Geschäftsmodelle entlang der Wertschöpfungskette entstehen lassen. Von recycelbaren Rohstoffen über verbesserte Raumnutzung hin zu besserer Energieeffizienz, Bewirtschaftung des Gebäudes und vieles mehr werden die Lebensdauer einer Immobilie verlängern, daher qualitativ besser nutzbar machen und die Rendite erhöhen. Immobilien können zu einer Rohstoffmine werden, sofern sie aus schadstofffreien, trennbaren und recycelbaren Baustoffen bestehen. Das bedeutet, dass die Rendite einer Immobilie nicht „nur“ aus Verkauf und Vermietung erzielt werden kann, sondern auch deren Endnutzung und Wiederverwertung. 

Das klingt alles gut und richtig und wird mittelfristig das Immobiliengeschehen dominieren. Nur ist der Zeithorizont, den die EU und mittelbar die Nationalstaaten vorgeben, überhaupt machbar? Z.B. die Umsetzung der geplanten Sanierungspflicht der EU – die Europäische Gebäuderichtlinie (EPDB) – die besonders schlecht gedämmte Immobilien betrifft. Mit dieser sollen die CO₂-Emissionen bis 2030 nicht wie bisher um 40, sondern um 55 Prozent gesenkt werden, verglichen zu 1990.

Die Zeit läuft

Bei allem guten Willen ist der Zeitfaktor zu knapp gesetzt, da allein die Datenlage so unzureichend ist, dass klare Entscheidungen nicht so ohne weiteres zu treffen sein werden. Ganz unabhängig davon, ob genügend Ressourcen vorhanden sind und die Bauindustrie und das Baugewerbe in der Lage sein können, alle baulichen Anforderungen zeitgerecht umzusetzen. Es besteht daher die Gefahr, dass Immobilien die bereits langfristig im Bestand sind zu „stranded Investments“ werden. Hier sind EU und die Nationalstaaten gefordert, sich rasch zu überlegen, wie man diese Probleme lösen kann. Auch um nicht gegenüber Immobilien in Nicht-EU-Ländern benachteiligt zu werden.

Wie so oft ist gut gemeint, nicht immer gut umsetzbar. Die Immobilienbranche ist bereit, sich aktiv einzubringen, aber bitte so, dass es auch machbar ist.

Louis Obrowsky, Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren. Geschäftsführer der LLB Immo Kapitalanlagegesellschaft.