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„Immobilienaktien werden nicht mehr so kritisch gesehen“

Christoph Schultes, Chief Analyst CEE Equity bei der Erste Group, nimmt die Wiener Immo AGs unter die Lupe
Patrick Baldia
„Immobilienaktien werden nicht mehr so kritisch gesehen“
"Der Ausblick für Immobilienaktien ist deutlich besser geworden", sagt Erste Group Analyst Christoph Schultes im Gespräch mit dem ImmoFokus
© Erste Group/Interramskogler

Im Zuge der Zinserhöhungen seit 2022 haben Immobilienaktien bekanntlich deutlich korrigiert. Hat sich das Bild für den Sektor nach den jüngsten Zinssenkungen etwas aufgehellt?

Christoph Schultes: Der Ausblick für Immobilienaktien ist deutlich besser geworden. In der vergangenen Woche hat etwa der Stoxx Europe 600 Real Estate die 140-Punkte-Markte erreicht und damit den höchsten Stand seit zwei Jahren. Der Sektor wird bei weitem nicht mehr so kritisch gesehen. Auch die Ausblicke der Unternehmen sind optimistischer geworden. Nachdem die Abwertungen im 1. Halbjahr nur mehr marginal ausgefallen sind, ist der Blick zunehmend nach vorne gerichtet.

CA Immo und Immofinanz haben zuletzt an der Börse überrascht – sowohl mit Kursanstiegen als auch mit -verlusten. Wie erklärt sich das?

Die großen heimischen Immobilienaktien sind aktuell eher ein Sonderfall. Sowohl die Aktienperformance der CA Immo als auch der Immofinanz waren zuletzt nicht von fundamentalen Ereignissen getrieben. Sie notierten untypischerweise über ihren jeweiligen Nettoimmobilienwerten bevor beide Aktien dann letztendlich deutlich korrigierten.

Die CA Immo hat nach etlichen Verkäufen in der jüngeren Vergangenheit kaum mehr Immobilien in Wien. Macht der immer stärkere Fokus des Unternehmens auf Deutschland Sinn?

Dass die CA Immo kaum mehr Objekte in Österreich hat, und sich im Rahmen ihrer Strategie auf deutsche A-Städte konzentriert, hat eine gewisse Logik. Schließlich können in Frankfurt, München oder Berlin höhere Mieten verlangt werden. Der Wiener Büromarkt hat sich in dieser Hinsicht in den letzten Jahren im Dornröschenschlaf befunden. Zuletzt haben sich die Spitzenmieten allerdings wieder etwas nach oben bewegt, von einem Niveau von rund 26 Euro pro Quadratmeter Richtung 28 bis 30 Euro. Es tut sich also vergleichsweise wenig. Kurz: Am Wiener Büromarkt stößt wenig Angebot auf wenig Nachfrage. Aber grundsätzlich hat Wien im Portfolio der CA Immo nie eine große Rolle gespielt.

Wirklich österreichische Immobiliengesellschaften sind an der Wiener Börse offensichtlich kaum mehr zu finden…

CA Immo sowie Immofinanz und S Immo sind nun alle in ausländischer Hand. Dass keine „österreichische“ Lösung gefunden werden konnte, ist letztendlich schade für den  österreichischen Kapitalmarkt. 100% zusammengepasst haben die drei Unternehmen jedoch nie.

"Es würde nicht überraschen, wenn auch bei der Immofinanz hinterfragt wird, wie sinnvoll und zielführend eine Börsennotierung letztlich ist."
—Christoph Schultes, Chief Analyst CEE Equity, Erste Group

Die S Immo wird bekanntlich gerade delisted. Blüht ihrer Muttergesellschaft, der Immofinanz, ein ähnliches Schicksal an der Wiener Börse?

Auch bei der Immofinanz würde es nicht überraschen, wenn der Hauptaktionär (CPI PG) künftig hinterfragt, wie sinnvoll und zielführend eine Börsennotierung letztlich ist.

Wie sind die Aussichten für die UBM?

Schultes: Bei der UBM klärt der Himmel langsam auf. Man sieht, dass die Developmenttätigkeit wieder anspringt. Zuletzt wurden einige Projekte begonnen, wie etwa das Leopold Quartier am Donaukanal im 2. Bezirk. Im kommenden Jahr wird mit einer Rückkehr in die Gewinnzone gerechnet. Vielleicht wird in zwei Jahren wieder eine Dividende ausgeschüttet. Auch wenn jetzt ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, ist klar, dass der Weg zurück steinig wird.

Aber die Strategie, das Unternehmen grüner zu machen und künftig vor allem in der Hybrid-Holzbauweise aktiv zu sein, macht definitiv Sinn. Die Nachfrage nach diesen Produkten wird weiter steigen.

Was könnte der Aktie kurzfristig auf die Sprünge helfen?

Für die kurzfristige Entwicklung hängt einiges von Verkäufen ab. Ein großartiger Schritt für die UBM wäre, wenn der Verkauf des Timber Pioneer (in Frankfurt) noch heuer gelingt. Jeder positive Newsflow würde aktuell der Aktie helfen, die deutlich unter Buchwert notiert.