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Immobilienbranche wittert Morgenluft - "Zinsen waren Plagegeister"

IWF hält Zinssenkung für "angemessen"
Patrick Baldia

Die erste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) seit 2019 könnte der schwächelnden Baubranche etwas Auftrieb geben. "Die zu schnell gestiegenen Zinsen waren bisher echte Plagegeister für die Immobilienbranche. Sie verhinderten viele, viele Projekte und bremsten die Konjunktur aus", sagte Präsident Andreas Mattner vom Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) in Deutschland am Donnerstag.

"Wir begrüßen deshalb die lang ersehnte Herabsetzung des Leitzinses als Anfang für eine Wende in der Krise." Die deutsche Bauministerin Klara Geywitz sagte, die Zinssenkung werde der Baubranche neuen Schub verleihen. "Günstige Finanzierungen am Kreditmarkt sind enorm wichtig für den Wohnungsbau."

Teure Materialien und teure Finanzierung wegen hoher Zinsen schrecken derzeit viele potenzielle Häuslebauer und Investoren ab. Deshalb schwächelt der Wohnungsbau massiv, weil sich für Bauträger und Projektentwickler das Bauen kaum noch lohnt. Die Branche fordert deshalb ein Lockern der teureren Baustandards etwa in puncto Energieeffizienz. Die Lobby ruft hier seit langem auch nach stärkeren Staatshilfen - etwa über Zinsverbilligungsprogramme für private Investoren.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) wiederum hält die erste Zinssenkung der Euro-Währungshüter seit der Inflationswelle im Euroraum für "angemessen". "Wie in den USA haben wir auch in Europa erhebliche Fortschritte bei der Senkung der Inflation gesehen. Wir halten die Politik der EZB für angemessen", sagte IWF-Kommunikationsdirektorin Julie Kozack am Donnerstag in Washington. Es sei wichtig, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren datenabhängigen Ansatz von Sitzung zu Sitzung beibehalte.

Die EZB-Währungshüter um Notenbankpräsidentin Christine Lagarde senkten den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent. Den am Finanzmarkt maßgeblichen Einlagensatz, den Banken für das Parken von Geld bei der Zentralbank erhalten, kappten sie von 4,00 auf 3,75 Prozent. "Von den verbesserten Finanzierungskonditionen werden Verbraucher, Unternehmen und insbesondere der Bausektor profitieren", sagte der Regierungsberater und Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick. Der deutsche Immobilienmarkt habe 2023 den stärksten Preiseinbruch seit 60 Jahren verzeichnet, wie der Preisindex Greix des IfW zeige. "Die Zinswende ist auch ein Hoffnungsschimmer für den deutschen Immobilienmarkt."

Die Bauzinsen waren zwar zu Jahresbeginn kurzfristig unter drei Prozent gesunken, wie Oliver Kohnen, Geschäftsführer des Baufinanzierers Baufi24, betonte. "In den vergangenen Monaten zogen die Hypothekenzinsen indes analog zum Bond-Markt wieder leicht an." Die besten Konditionen lägen aktuell bei 3,10 Prozent. "Die Hoffnung auf die Rückkehr eines Bauzinsniveaus zwischen ein und zwei Prozent ist illusorisch", sagte Kohnen. "Immobilieninteressenten sollten mit ihrem Kaufvorhaben daher nicht länger warten - die Talsohle bei den Immobilienpreisen scheint seit einigen Quartalen durchschritten."

Geywitz zeigte sich zuversichtlich: "Zusammen mit besseren Finanzierungsbedingungen, unseren Förderprogrammen, dem starken sozialen Wohnungsbau und den Steuersenkungen für den frei finanzierten und gemeinnützigen Wohnungsbau werden die richtigen Impulse für eine starke Bauwirtschaft gesetzt." (apa)