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Immobilienfonds, unsexy, langweilig, super.

Da waren dann doch Einige sehr erstaunt, dass ein großer deutscher Immobilienfonds Mitte des Jahres 2024 verkündet, er hätte sein gesamtes Portfolio um 17 % abwerten müssen. Diese 17 % bedeuten einen Wertverlust von rund 850 Millionen.
Immobilienfonds, unsexy, langweilig, super.
© ImmoFokus

Die erste Frage, die einem dazu einfällt, frei nach Alex Kristan: Was macht denn der Fondsmanager eigentlich hauptberuflich? Ich war der Meinung, dass die Zinswende ALLE in der Branche erwischt hätte, doch Einige offensichtlich erst mit 2 Jahren Verspätung…

Noch bizarrer als Zeitpunkt und Höhe der Abwertung sind die Begründungen.

Als Grund für die Sonderbewertung wird der §251 Absatz 1 Satz 3 Kapitalanlagegesetzbuch vorgeschoben. Dort ist aber von „Änderungen wesentlicher Bewertungsfaktoren“ die Rede. Welche Faktoren hätten sich denn in den letzten 3 Monaten geändert? Da war nämlich die letzte Wertfeststellung. Einer Zinsentwicklung, der man 24 Monate untätig zugesehen hat, fehlt es an „Plötzlichkeit“, steile Lernkurven sehen anders aus.

Tatsächlich haben alle deutschen Fonds mit Mittelabflüssen zu kämpfen. Barkow Consulting verfolgt den Markt schon längere Zeit und vermeldet einen Abfluss von etwa 2,6 Milliarden Euro per Ende Mai 2024, mittlerweile mit fallender Tendenz. Doch auch diese Zahl muss man in Relation setzen, denn gemäß der deutschen Bundesbank beträgt das Vermögen der offenen Immobilienfonds per Ende Mai etwa 209 Milliarden Euro, demnach liegt der gesamte Mittelabfluss bis jetzt bei etwa 1,25% des Fondsvermögens.

Noch ist nicht klar, welche Immobilien wie stark abgewertet wurden. Einige Objekte um 35% oder 50% um diese verkaufen zu können, oder alle pauschal um 17%?

Originalzitat: „Wir gehen von einer Beruhigung in der zukünftigen Anteilspreisentwicklung aus, da der Großteil der Bewertungsanpassungen aus heutiger Sicht vollzogen ist. Voraussetzung ist dabei, dass sich das Marktumfeld nicht verschlechtert sowie die Anteilscheinrückgaben nicht weiter deutlich ansteigen.“

Übersetzt bedeutet das: „Wir haben uns nicht getraut alles auf einmal zu berichtigen und warten jetzt erst einmal ab. Vermutlich müssen wir die Nummer in einem halben Jahr nochmals spielen.“

Die hauseigene Fondsgesellschaft führt einen Preisindex für Mehrfamilienhäuser, welcher den Zenit Ende 2021 überschritt, seither hat er etwa 36% an Wert verloren. Und auch der Häuserpreisindex des statistischen Bundesamtes zeigt seit Mitte 2022 kontinuierliche Verluste in ähnlicher Höhe. Dennoch hat man im Fonds zum Abschluss 2022 eine positive Wertveränderung (Saldo aus Auf- und Abwertungen) in Höhe von 142 Millionen dargestellt, und für 2023 immerhin noch 20 Millionen.

Das sind gesamt zwar nur 3,25% an Wertsteigerung, dennoch wirkt in einem sinkenden Markt jede Wertsteigerung verdächtig.

Aber es geht noch besser: „Die Gebotslage von potenziellen Käufern zeigte dabei allerdings, dass ein Verkauf der definierten Objekte aufgrund der beschriebenen Marktlage nicht zu den per Ertragswertverfahren korrekt ermittelten bisherigen Bewertungen erfolgen kann.“

Ich darf wieder übersetzen: „Wir sind der Meinung die Bewertungen sind schon richtig, aber die Käufer wollten alle nicht so viel zahlen.“ Marktnähe stelle ich mir anders vor.

Bei der Zurschaustellung von derartig konsequenter Marktfremde stellt sich die Frage, ob die Mittelabflüsse der deutschen Fonds hauptsächlich auf höher verzinste Anlagealternativen zurückzuführen sind, oder ob nicht der Markt das Vertrauen in das jeweilige Fondsmanagement verloren und damit eine Abwärtsspirale gestartet hat. Denn wie soll denn ein Fonds durch Bestandsverkäufe die notwendige Liquidität bekommen, wenn er derartig mit dem Rücken zur Wand steht? Jeder potenzielle Käufer wird doch jetzt die Daumenschrauben in der Preisverhandlung ansetzen.

Aber auch die halbfertigen Signa Bauten beschäftigen die Fonds. Eine sehr markante steht am Alexanderplatz. Die Signa hatte noch medial verbreitet, dass man das Objekt zum dreifachen der Bewertung verkaufen konnte. (Das war natürlich eine lächerliche Schutzbehauptung, die letztlich auch nichts mehr geholfen hat). Tatsächlich hat ein deutscher Fonds als Minderheitseigentümer in den sauren Apfel gebissen und den Mehrheitsanteil übernommen, um mit einem blauen Auge davon zu kommen. Wenn man sich den aktuellen Geschäftsbericht anschaut, dann ist das Auge bereits tiefblau: Von den 1,1 Milliarden Euro sind nach einem Jahr nurmehr 760 Millionen übrig. Das tut natürlich weh.

Und wie sieht die Situation in Österreich aus? Gottseidank anders. Freilich gibt es auch bei den heimischen Fonds Mittelabflüsse, und es wird ein Teil des Bestandes verkauft. Auch zu Schließungen ist es gekommen. Solange diese temporär sind ist nichts dagegen einzuwenden, immerhin gibt es in Deutschland eine Wartezeit von 12 Monaten für die Rücknahme. Aber die gute Nachricht: Es wird auch verkauft! Offensichtlich gibt es Nachfrage nach den Objekten, und die Buchwerte, und damit auch die Bewertungen, sind marktkonform.

Das liegt zum großen Teil daran, dass die österreichischen Fonds dem Karussell der Aufwertungen gar nicht erst zugestiegen sind, während in Deutschland kräftig die Geschwindigkeit erhöht wurde. Der Markt in Deutschland war hier deutlich dynamischer als in Österreich.

Zudem bestehen die Portfolien der österreichischen Fonds zum großen Teil aus Altbestand, in den letzten Jahren wurden nur wenige Objekte gekauft, da die Renditen nicht mehr darstellbar waren. Und natürlich musste man bei den jüngeren Objekten Abwertungen hinnehmen. Doch das ist ja gerade das Gute an Fonds: Wenn ein Objekt vorübergehend (!) durchhängt wird es vom Rest des Portfolios mitgetragen, respektive ist der Einfluss auf den Fonds kaum wahrnehmbar.

Und die Mittelabflüsse sind ja per se nichts Schlechtes, das Geld, welches mangels Anlagealternativen in die Fonds gespült wurde, sucht sich jetzt eben alternative Veranlagungen mit höherer Verzinsung. Wir sollten nicht vergessen, dass die Fonds, bis etwa 2007 ein etwas verstaubtes Image hatten und als langweilig galten. Eine Rendite von 3% war damals schon nicht sexy und in erster Linie durch die Sicherheit der Anlage in Immobilien verkaufbar. Höher verzinste Anlagen gab es auch damals schon.

Den großen Zulauf hatten die offenen Immobilienfonds erst in der Nullzinsphase, als 2,5% Rendite das Nonplusultra an Sex-Appeal darstellten. Jetzt haben die Fonds wieder an Attraktivität verloren, kehren in die Langweiligkeit zurück und bieten nach wie vor eine sichere Veranlagung. Es soll nichts Schlechteres passieren.