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Immobilieninvestitionen springen 2024 wieder an

CBRE: EZB-Zinssenkung wird ab der zweiten Jahreshälfte für Belebung sorgen - Fertigstellung und Verwertung des Signa-Projekts Lamarr in der Wiener Mariahilfer Straße wohl kein Problem
Michael Neubauer
Immobilieninvestitionen springen 2024 wieder an
© ImmoFokus

Die in kurzer Zeit stark gestiegenen Zinsen haben den Immobilienmarkt 2023 in ganz Europa ausgebremst. Das brachte auch den Großkonzern Signa ins Wanken. Die Branche insgesamt ortet aber für heuer einen Silberstreif am Horizont: "Wir sind uns alle einig, dass die Zinsen im Laufe des Jahres fallen und dann die Märkte wieder anspringen werden", sagte der Österreich-Chef der Immobilienberatungsfirma CBRE, Andreas Ridder, am Donnerstag in einem Webinar mit Journalisten.

Für den insolventen Immobilienkonzern Signa kommt diese Entspannung zu spät. Für einzelne prominente Baustellen wie das Wiener Projekt Lamarr in der unteren Mariahilfer Straße rechnet Ridder trotz des aktuell stockenden Weiterbaus mit einer positiven Entwicklung: "Das Lamarr befindet sich in einer einmaligen, unwiederbringlichen Lage. Das wird auch weitergehen, in welcher Form auch immer", erwartet er fix eine Fertigstellung und Verwertung des als Hotel- und Handelsimmobilie konzipierten Großobjekts. "Es ist von der Lage her so gut, dass was kommen wird."

Nicht ganz so rosig wähnt Ridder die Zukunft für die Signa-Wohnprojekte, und auch Wohnprojekte generell. "Viele Projekte rechnen sich derzeit wegen der hohen Baukosten nicht - das ist etwas mühsam und für den Markt ein schwieriges Thema", meinte er. "Da sind die Signa-Projekte nicht anders als die anderen."

Das sieht der Sprecher der Berufsgruppe Bauträger im Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich, Hans Jörg Ulreich, deutlich optimistischer: "So groß ist der Anteil an Wohnungen bei Signa nicht - die, die in Wien da sind, sind in sehr guten Lagen und sind großteils immer mit Partnern gemacht worden. Wie es heute zumindest ausschaut, werden diese Projekte von Partnern fertiggestellt", sagte Ulreich Mitte dieser Woche in einer Pressekonferenz des Fachverbands.

Erst vor wenigen Tagen wurde beispielsweise bekannt, dass die zur staatlichen Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) gehörende ARE Austrian Real Estate Development GmbH die Anteile der insolventen Signa Development am gemeinsamen Großprojekt Vienna Twentytwo übernehmen wird. Der Bau ist laut BIG zu 80 Prozent abgeschlossen, grundsätzlich ausfinanziert und nicht von der Insolvenz betroffen. Das Projekt Vienna Twentytwo ist ein Ensemble aus insgesamt sechs Bauteilen, vier davon sind bereits abgeschlossen und übergeben. Die komplette Fertigstellung ist für Ende 2025 geplant. Das 15.000 Quadratmeter große Projektgelände liegt am Dr.-Adolf-Schärf-Platz, direkt gegenüber dem Donauzentrum und umfasst Miet- und Eigentumswohnungen sowie Büros, ein Hotel, Gastronomie und Geschäfte.

Die heuer voraussichtlich sinkenden Zinsen lassen die Branche etwas durchatmen. "Wir sehen, dass die EZB (Europäische Zentralbank, Anm.) die Leitzinsen in der ersten Jahreshälfte, zur Jahresmitte, reduzieren wird, weil sich die Inflation wieder der 2-Prozent-Grenze nähern wird", sagte der Leiter der CBRE-Marktbeobachtung Deutschland, Jan Linsin, am Donnerstag mit Blick auf die Eurozone. "Wir erwarten, dass es in der zweiten Jahreshälfte zu mehr Transaktionen kommen wird." 2023 waren die Immobilieninvestitionen auf dem europäischen Markt den Angaben zufolge um 48 Prozent eingebrochen, 2024 soll - über alle Sektoren hinweg betrachtet - wieder ein Anstieg von 5 bis 10 Prozent drin sein.

Im abgelaufenen Jahr seien die Zinsen so stark und so schnell nach oben gegangen wie noch nie, hielt Ridder fest. "Ich bin relativ zuversichtlich, 2024 wird ein Jahr, das von deutlich mehr Dynamik geprägt sein wird", so Linsin. Der Investmentmarkt werde zur zweiten Jahreshälfte an Schwung und Dynamik gewinnen. An der Zinsfront herrscht Zuversicht. Doch: "Das konjunkturelle Umfeld wird sicher auch 2024 wieder herausfordernd sein", räumte der Marktexperte ein. Die Wirtschaft lahmt. In Summe sehe er "deutlich mehr positive Signale und Chancen am Markt als Risiken".

"2023 war aus Investmentsicht sicher tatsächlich kein einfaches Jahr", bekräftigte der Leiter CBRE-Kapitalmärkte, Lukas Schwarz. Dämpfend wirkten die Zinswende ausgelöst durch den Ukraine-Krieg und die davongaloppierende Inflation. Hohe Zinsen bedeuteten auch "sehr niedrige Renditen". "Es gab plötzlich attraktivere Anlagealternativen: Anleihen." In Österreich sei das Transaktionsvolumen gegenüber dem Jahr davor um 34 Prozent auf 2,9 Mrd. Euro eingebrochen. "Der Tiefststand seit 2016." Auf anderen Märkten wie Deutschland oder den Niederlanden sei der Rückgang mit "50 Prozent oder gar darüber" noch weitaus stärker gewesen.

Die definitiv erwartete Stabilisierung an der Leitzinsfront gebe Planungssicherheit. Dadurch werde die Investmenttätigkeit an Fahrt aufnehmen. Allerdings nur allmählich: "Auch wenn wir 2024 vermutlich Zinsreduktionen sehen werden, gehen wir nicht davon aus, dass das Investitionsvolumen schlagartig auf das Niveau von vor dem Ukraine-Krieg steigt", so Schwarz. "Die Investoren werden 2024 selektiv bleiben." Doch auch die institutionellen Investoren sollten den Erwartungen zufolge angesichts der anstehenden Zinssenkung wieder vermehrt auf die Käuferseite wechseln. "Wir haben neue, niedrigere Preise und wir haben einige Marktteilnehmer, die vor wirtschaftlichen Herausforderungen stehen", vermerkte Schwarz. (apa)