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Immobilienring Österreich regt Masterplan fürs Wohnen an

„Wir wünschen uns eine sachliche Diskussion, um solide und umsetzbare Lösungen für Miete und Eigentum zu finden“, so Präsident Georg Spiegelfeld
Patrick Baldia
Immobilienring Österreich regt Masterplan fürs Wohnen an
v.l.n.r.: Thomas Lainer (Vizepräsident Immobilienring Österreich), Georg Spiegelfeld (Präsident Immobilienring Österreich)
© SARA BUBNA photography

Ein über zehnjähriger Wohnbau-Boom ist zu Ende und Prognosen deuten darauf hin, dass sich die jährlichen Wohnungsfertigstellungen in Österreich bis 2026 um rund 25 % reduzieren (Euroconstruct) werden. Der Neubau liegt damit vor allem in den Städten unter dem strukturellen Bedarf. „Wir brauchen einen Masterplan fürs Wohnen, das gilt für Miete wie für Eigentum“, regt Georg Spiegelfeld an. „Wir wünschen uns eine sachliche Diskussion mit Expertengruppen und Personen unterschiedlicher Unternehmen, Netzwerken und Interessensvertretungen der Immobilienbranche, um solide und umsetzbare Lösungen für Miete und Eigentum zu finden“, ergänzt Spiegelfeld.

Widerstand und Konjunktur wirken sich auf Hotspots aus

Immobilien in Österreichs touristisch attraktiven Regionen erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit unter EU-Bürgern. Einheimische haben viele Jahre lange von teuren Grundstück- und Immobilienverkäufen gelebt, ebenso wie Boutiquen, Supermärkte, Restaurants und vieles mehr. Nun wächst in vielen der beliebten Hotspots der Widerstand der Bevölkerung. Denn die Hotspots zählen zu den Vorbehaltsgemeinden, wo Wohnraum jenen vorbehalten sein soll, die ganzjährig dort wohnen. Hier besteht beim Erwerb einer Wohnimmobilie die Verpflichtung selbst einen Hauptwohnsitz zu begründen, oder an einen Hauptwohnsitzer zu vermieten. Alternativ gibt es die Möglichkeit eines Zweitwohnsitzes, wenn nachweisbar ist, dass man vor Ort studiert oder arbeitet. Spiegelfeld: „Das Problem, dass es Einheimische sehr schwer haben, für sich geeigneten, leistbaren Wohnraum zu finden ist grundsätzlich gut zu verstehen. Auf der anderen Seite führen die Regelungen auch zu Bespitzelungen seitens weniger, heimischer Anrainer. Die Folge davon ist der Rückzug der ausländischen Bewohner, die nun immer weniger am gesellschaftlichen Leben der Gemeinden teilnehmen. Boutiquen, Supermärkte, Restaurants etc. werden nur mehr wenig frequentiert, Umsätze und Arbeitsplätze der lokalen Wirtschaft gehen verloren. Dazu hat sich die Nachfrage nach hochwertigen Immobilien deutlich reduziert. Aber auch die Rezession hat Auswirkungen. Immobilien die in touristischen Hotspots als Investition gekauft wurden und beispielsweise 25.000 Ꞓ Jahresmiete einbringen sollten haben zurzeit kaum eine Nachfrage.

Generation Erben geht unter die Vermieter

Die Babyboomer (geboren 1946-1964) Österreich, die vererben und erben. Wurde früher Vermögen immer wieder durch Kriege vernichtet, konnte über die vergangenen Jahrzehnte von zwei Generationen ein großes Vermögen angespart werden und Wohneigentum erworben werden. Dieses erbt aktuell die in den 1960ern geborene Generation, die selbst gut situiert und über Wohneigentum verfügt. „Viele dieser Wohnimmobilien haben technische und sanitäre Anlagen aus den 1980er Jahren und haben Sanierungsbedarf. Für die Erben stellt sich die Frage, ob sie vermieten oder verkaufen sollen“, sagt Lainer. „Die emotionale Verbundenheit ist noch sehr stark, da viele in dieser Wohnung aufgewachsen sind und die Erwartungen an den erzielbaren Erlös liegen beim aktuellen Preis eines Neubaus. In diesen Fällen ist für einige Jahre eine Vermietung empfehlenswert,“ so Lainer weiter. Immobilienring Makler bieten umfassende Pakete für Vermieter an. Diese beinhalten Preisgestaltung, Mietersuche, Vertretung gegenüber Hausverwaltung und Mieter, Mieteingangskontrolle, Mahnwesen, Kautionsverwaltung, Indexanpassung u.v.m. „Mit diesem Paket ist der private Vermieter und der Mieter auf der sicheren Seite, denn das Mietrecht ist kompliziert und es kann schnell etwas übersehen werden“, argumentiert Lainer.

Auswirkungen der Wetterextreme

Die Wetterextreme mit deren Auswirkungen unterstreichen die Verantwortung für Immobilienbesitz. „Die Verantwortung beginnt schon beim Kauf eines Grundstückes um nicht nur die Wunschlage, sondern die mögliche Gefährdung zu checken. Dazu zählen zum Beispiel auch die Einflüsse angrenzender Grundstücke und die Identifizierung potenzieller Risiken auf das Grundstück. Das Hinzuziehen eines Sachverständigen hilft, dass ein günstiger Preis oder eine Lieblingslage die zu gravierenden Nachteilen oder möglichen Schäden führt, vermieden werden kann. „Nach den letzten Ereignissen ist das Risikobewusstsein noch voll vorhanden, wird aber nach einiger Zeit wieder sinken“, weiß Lainer. „Aber“, ergänzt Lainer „die Ereignisse im September dieses Jahres haben zu einer großen Verunsicherung bei Besitzern, Käufern und Verkäufern geführt.“

Ohne Instandhaltung droht Wertverlust

Bei Bestandsimmobilien ist die regelmäßige Inspektion und Instandhaltung vom Dach über die Fassade bis zum Keller für den Werterhalt eines Einfamilienhauses entscheidend. Interessenten fragen Betriebs- und Erhaltungskosten, technische und bauphysikalische Details wie Dämm- und Wärmedurchgangswerte, die Art des Heizsystems, sowie die Gesundheitsverträglichkeit von Baumaterialien in großem Ausmaß nach. Denn diese Faktoren sind für eventuell notwendige Sanierungen von Bedeutung und beeinflussen die Verhandlung des Kaufpreises. „Ein großes Problem sehen wir bei Eigentumswohnungen im mehrgeschoßigen Wohnbau. Eigentümer, die ihre Wohnungen selbst bewohnen sind am Werteerhalt des Gebäudes und der Wohnung interessiert. Allerdings sind oft mehr als ein Drittel der anderen Wohnungen vermietet und die Eigentümer nicht willens auch nur geringste Mittel zu investieren“, beschreibt Spiegelfeld das Problem. Damit verlieren um viel Geld sanierte Gebäude und deren Wohnungen, aber auch Neubauten rasch an Wert. Spiegelfeld ist überzeugt, dass der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet werden muss und nicht nur nach Amortisationszeiten einer Investition.

Sachverständige für Immobilien

Bei all diesen Themen ist der Immobilienmakler als Experte gefragt. Dazu gehört allerdings entsprechendes Know-how. „Wir arbeiten an umfassenden Ausbildungskonzepten für unsere Mitglieder und deren Mitarbeiter, wo Spezialwissen zu neuen Entwicklungen und Anforderungen angeboten wird“, erläutert Thomas Lainer. Der Maklermarkt ist sehr umkämpft und eine Marktbereinigung im Gange, auch stellt der Kunde am Privatmarkt hohe Ansprüche und benötigt sehr gute Generalisten als Berater. „Nur gut ausgebildete Makler die mehr als das normale Wissen mitbringen können sich langfristig am Markt behaupten. So sind etwa 80 Prozent der Immobilienring Kanzleien als Sachverständige, viele davon gerichtlich zertifiziert, tätig“, wird Lainer konkret.

Research Mietwohnungsmarkt Landeshauptstädte

Beim Screening der großen Plattformen im September 2024 zeigt sich, dass es bei Mieten bis 750Ꞓ nur eine „Handvoll“ (in Relation zur Bevölkerungsanzahl) Wohnungen gibt - mit Ausnahme von Graz. Hier hat sich das Wohnangebot auch im günstigeren Segment seit 2021 kaum verringert. Mietangebote von 750-1000 Ꞓ sind in sechs Hauptstädten etwa gleichgeblieben, außer den Rückgängen in Wien von - 34%, Linz - 45% und einem Plus von 72% (geringe Fallzahlen!) in Eisenstadt. 

Die stärksten Rückgänge beim Wohnungsangebot seit Einführung des Bestellerprinzips verzeichnen Wien und Salzburg. Allerdings zeigt das rigorosere Vorgehen Salzburgs gegen AirBnB und andere Kurzzeitvermietungen langsam Wirkung, das Angebot ist aktuell wieder am Vorjahresniveau. Lainer: „So freundlich die Idee, so schädlich ist AirBnB für den Wohnungsmarkt. In einem mehrgeschoßigen Wohnbau wo AirBnB vermietet wird werden die von Eigentümern genutzten Wohnungen entwertet. Es ist eine touristische Nutzung, die nicht in einen Wohnbau gehört.“

Immobilienmarkt auf Facebook entwickelt sich rasant weiter

„Viele Inserate sind zwar von den Plattformen verschwunden aber nicht vom Markt“, berichtet Andrea Baidinger, die regelmäßig Research für den Immobilienring durchführt. Der Immobilienmarkt auf Facebook wird Großteils von privaten Anbietern genutzt und zu etwa 25% - 30% von Profis. Wurden vor etwa fünf Jahren noch vorwiegend die günstigen Mieten angeboten, so ist es nunmehr ein Querschnitt von Miete und Eigentum, von mittlerem Preisniveau bis zu völlig überteuerten Angeboten, vom Bauernhaus bis zur Architektenvilla.

Über 2 Millionen Mitglieder 

Baidinger: „Wir sehen bei unseren Researchs aktuell weit über 100 private oder öffentliche Gruppen die Immobilien zur Miete und zum Verkauf anbieten. In diesen Immobiliengruppen sind insgesamt weit über 2 Millionen Mitglieder registriert. „Die Anzahl hat sich innerhalb von drei Jahren mehr als verdoppelt. Allerdings sind sicher nicht alle Mitglieder als aktiv Suchende zu sehen und viele treten auch nach Beendigung der Suche nicht aus den Gruppen aus“, erklärt Baidinger. 

Immobiliengruppen für alle Bundesländer und Hauptstädte

Es gibt für alle Bundesländer Immobiliengruppen vorwiegend für die Landeshauptstädte mit Umgebung. Davon sind 55 Prozent öffentlich und 33 Prozent privat nur mit Registrierung und Freigabe zugänglich. Wien dominiert mit über 700.000 Mitgliedern, gefolgt von Steiermark und Tirol mit je 270.000, Oberösterreich und Salzburg je 135.000, Niederösterreich 80.000, Kärnten 56.000 und Burgenland 12.500. Die Gruppen wo Immobilien österreichweit angeboten oder gesucht werden umfassen 500.000 Mitglieder. (Alle Zahlen gerundet, es wurden nur Gruppen mit mindestens 5.000 Mitgliedern erfasst.)