Im August stiegen die Verbraucherpreise in der 19-Länder-Gemeinschaft binnen Jahresfrist um 3,0 Prozent, wie die Statistikbehörde Eurostat am Dienstag mitteilte. Das ist die höchste Rate seit November 2011. Im Juli hatte sie noch 2,2 Prozent betragen. Die EZB strebt mittelfristig nur eine Teuerung von 2,0 Prozent an.
"Da ein weiterer Inflationsanstieg bis November wahrscheinlich ist, wird die EZB auf ihrer Sitzung am 9. September mit ziemlicher Sicherheit ihre Inflationsprognosen anheben müssen", sagte Salomon Fiedler, Volkswirt bei der Berenberg Bank, voraus. Denkbar sei, dass die EZB nun ihre massiven Anleihenkäufe im Rahmen des Pandemie-Programms PEPP im vierten Quartal verringert.
Unter den Währungshütern der EZB sind bereits entsprechende Stimmen laut geworden. So argumentierte Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau unlängst, die EZB sollte bei ihren Beratungen über das Tempo der PEPP-Käufe berücksichtigen, dass sich die Finanzierungsbedingungen im Euroraum verbessert haben. Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann tritt für eine Reduzierung der PEPP-Käufe ab dem nächsten Quartal ein.
Die EZB rechnet damit, dass die Inflationsraten heuer weiter hoch bleiben werden. Allerdings ist der Inflationsschub aus Sicht der Euro-Wächter nur ein vorübergehendes Phänomen, der mit der Wiederöffnung der Wirtschaft nach den Lockdowns zu tun hat. Auch Sondereffekte wie die zeitweise Senkung der deutschen Mehrwertsteuer im Jahr 2020 spielen eine Rolle. Bereits für nächstes Jahr erwartet die EZB wieder schwächere Teuerungsraten in der Währungsgemeinschaft. Für das Gesamtjahr 2022 rechneten die Notenbank-Volkswirte zuletzt nur mit einer Teuerung von 1,5 Prozent.
Im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters sagte EZB-Chefvolkswirt Philip Lane kürzlich, dass Überraschungen bei der Inflation seine Sicht nicht infrage stellen würden, dass sich der momentane Preisdruck wieder abschwächt. Für einen anhaltenden Inflationsschub sei ein deutlicheres Wachstum der Löhne erforderlich. Dies aber zeichne sich derzeit nicht ab.
Stärkster Inflationstreiber sind momentan die Energiepreise. Im August verteuerte sich Energie binnen Jahresfrist um 15,4 Prozent. Im Juli waren die Energiepreise noch um 14,3 Prozent gestiegen. Die Preise für Industriegüter ohne Energie erhöhten sich im August um 2,7 Prozent, die Preise für Dienstleistungen zogen um 1,1 Prozent an.
(APA/Reuters)