Die drei wichtigsten Assetklassen bleiben die bekannten, jedoch mit Veränderungen: Wohnen rangiert mit 32% Portfolio-Anteil an der Spitze, dieser Wert lag im Vorjahr bei 35%, gefolgt von Büro mit 25% (2022: 32%) und Retail mit 15% (2022: 11%). Daran anschließend folgen Logistik mit 6 % und Hotel mit 4%. Industrie, Serviced appartments sowie Seniorenimmobilien sind mit jeweils 2% eher Nischen in der Assetverteilung. Als größter Immobilienmarkt in Österreich und zweitgrößte und zugleich am schnellsten wachsende deutschsprachige Stadt bleibt Wien der maßgebliche Ort für Immobilieninvestitionen. An zweiter Stelle folgt das übrige Österreich und dort insbesondere die Teilmärkte in den Landeshauptstädten Graz und Linz. Das geht aus der aktuellen Real Estate Asset Management Studie 2023 von Drees & Sommer Österreich und der AREAMA (Austrian Real Estate Asset Management Association) hervor, die auch vom Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft und dem RICS (Royal Institute of Chartered Surveyors Österreich) unterstützt wurde. Für die aktuelle Real Estate Asset Management Studie wurden zwischen November 2022 und Februar 2023 rund 350 Immobilien- und Asset Manager eingeladen, mittels eines gemeinsam von RICS ÖVI entwickelten Online-Fragebogens den aktuellen Entwicklungsstand zum Thema Real Estate Asset Management in Österreich abzugeben.
Büro und Wohnen: Post-Covid-Auswirkungen deutlich erkennbar
Bei der Zusammensetzung der Assetklassen wird nicht von grundlegenden Veränderungen in den nächsten ein bis zwei Jahren ausgegangen. Im Detail zeigt sich aber wieder verstärktes Interesse an der Assetklasse Logistik. Im Bereich Retail hingegen gibt es erstmals seit 2020 eine Tendenz zum Desinvestment, was primär auf das derzeit unsichere Marktumfeld und steigende Finanzierungskosten zurückzuführen ist. Das Büro bleibt auf der Wunschliste, trotz oder gerade wegen des aktuell geringen Angebots, ebenso wie Wohnen. Post-Covid-Auswirkungen werden insbesondere in der Assetklasse Büro gesehen: Geänderte, generell höhere Anforderungen an die Flächenflexibilität gehen einher mit ebensolchen an die technische Gebäudeausstattung wie Lüftung, Hygiene, IT und Elektronik-Infrastruktur, zudem müssen Büroflächen immer stärker Kollaboration und hybrides Arbeiten unterstützen. Verstärkte Home Office-Regelungen haben laut Real Estate Asset Monitor 2023 nur geringe Auswirkungen auf den Büroflächenbedarf im Sinne einer Reduktion von Flächen oder der Nachfrage nach kleineren Flächen. Sehr wohl aber ist in der Assetklasse Wohnen eine klare Tendenz hin zur Berücksichtigung von Arbeitsmöglichkeiten in künftigen Wohnungsgrundrissen sowie eine generell verstärkte Nachfrage hin zu größeren Wohnungen und Wohnungen mit Freiflächen erkennbar.
Preisentwicklungen und ESG sind Herausforderungen
Die Energie- und Baupreisentwicklung beschäftigt das Asset Management aktuell am intensivsten. Ebenso zählen Themen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Green Deal der EU und der ESG-Berichtslegungspflichten zu den großen Treibern. „An erster Stelle steht hier die Herausforderung, die für die Berichtslegung erforderlichen Daten und Dokumentationen zu erheben und bereitzustellen sowie die Berichtslegungspflichten an sich, die Asset Manager stark beschäftigen. Ebenso ist die Branche von der Notwendigkeit gefordert, die Dekarbonisierung des eigenen Bestandsportfolios voranzutreiben“, erklärt Studienautor Georg Stadlhofer, Geschäftsführer des Immobilienberatungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmens Drees & Sommer in Österreich.
Immobilienbranche mit Aufholbedarf bei Nachhaltigkeitsthema
69% der befragten Asset Manager sind der Ansicht, dass sich die Bau- und Immobilienbranche als größter Verbraucher der weltweiten Rohstoffe insgesamt zu wenig mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt (2022: 62%). Mit Green Deal und EU-Taxonomie ist der Handlungsbedarf dabei durchaus schon gegeben. „Die aktuellen Verpflichtungen sind dabei nur der erste Schritt auf einem langen Klimapfad, und sie werden sich bis 2050 bzw. nach den österreichischen Plänen bis 2040 immer weiter verschärfen“, so Frank Brün, Vorstandsvorsitzender AREAMA. Dessen eingedenk und auch die Wertsteigerung von Immobilien vor Augen werde der Markt jene Asset Management-Strategien belohnen, die entsprechende Maßnahmen und Investitionen abbilden. „Die Finanzierung wird dabei gelingen, wenn transparent und belastbar dargestellt werden kann, auf welche Weise Risiken wie Energieversorgung, Materialverknappung, Preissteigerungen oder Personalverfügbarkeiten beherrschbar gemacht werden sollen und welche Umweltqualitäten ein Objekt nach der Umsetzung der Strategie im Betrieb auch tatsächlich erreichen wird“, meint Brün. Die für den Real Estate Asset Management-Studie Befragten gaben an, dass rund 35% der von ihnen gemanagten Immobilien Taxonomie-konform sind. Doch gaben auch 13% der befragten Bestandshalter an, keine einzige Taxonomie-konforme Immobilie in ihrem Portfolio zu halten.
ESG-Strategien auf dem Vormarsch
39% der befragten Asset Manager geben an, über eine definierte ESG-Strategie für ihr Unternehmen bzw. das von ihnen verwaltete Immobilienvermögen sowie das entsprechende ESG-Berichtswesen zu verfügen. 46% geben an, gerade eine solche ESG-Strategie zu entwickeln. Insgesamt haben somit 85% bereits eine klare ESG-Strategie oder entwickeln diese gerade. „Das zeigt, dass neben ‚traditionellen‘ Themen wie Risiko- und Renditeentwicklung, Digitalisierung, Datenmanagement und Reporting auch Maßnahmen im Zusammenhang mit regulatorischen Vorgaben und Offenlegungspflichten ganz oben auf der Agenda stehen“, bestätigt Stadlhofer. Auch die Inflation hat die Marktdynamik verändert und rückt das Bestandsmanagement in den Fokus: Anpassung von Technik und Grundrissen durch geändertes Nutzerverhalten, Dekarbonisierung, Taxonomie-Konformität, Green-Leases und wirtschaftliche Mietpreisanpassungen werden in den nächsten Jahren ein weites Betätigungsfeld bieten. „Aktives Management des Bestandportfolios, Professionalisierung digitaler Prozesse und des Datenmanagements, Ausbau von Reportingstrukturen sowie fundierte Kenntnis der immobilienspezifischen Risiken und Renditechancen sind vor allem in der bevorstehenden Zeit der nachhaltigen Transformation wesentliche Wettbewerbsvorteile, die durch Asset Management gehoben und sichergestellt werden können“, gibt Stadlhofer einen Ausblick.