270 Teilnehmer waren Mitte September bei den St. Wolfganger Tagen dabei. Was waren die Hauptthemen? Wie ist Resümee?
Isabella Stickler: Im Mittelpunkt der Tagung standen die Themen Innovation, Rechtssicherheit, Nachhaltigkeit und Sanierung. Das Interesse aus der Branche war enorm, die Nachfrage nach Teilnahmeplätzen groß. Dazu kommt: Die Tagung hat sich über die Jahre etabliert – nicht nur als reines Fachforum, sondern auch als Ort, an dem man sich in vertrauensvoller Atmosphäre austauschen kann.
Stefan Hutter: Die Atmosphäre am Wolfgangsee war hervorragend. Natürlich spielt das Wetter eine Rolle, aber entscheidend ist das Miteinander. Man merkt, dass die Branche das persönliche Gespräch sucht – sei es in den Fachpanels, sei es beim Netzwerken am Abend. Viele Teilnehmer betonen, wie wertvoll gerade dieser direkte Austausch ist, um Lösungsansätze zu diskutieren und voneinander zu lernen.
Stickler: Die Mischung machts: Die Vorträge und Diskussionen waren inhaltlich dicht, gleichzeitig war genügend Raum für Fragen, Beispiele aus der Praxis und Kontroversen. Dass die Anwesenheit über beide Tage hinweg konstant hoch war, spricht dafür, dass der Themenmix richtig gewählt und die Inhalte Relevanz hatten. Besonders wichtig war, dass wir sowohl politische und rechtliche Rahmenbedingungen als auch sehr konkrete Praxisbeispiele – etwa zur Sanierung – behandelt haben.
Womit hat die Branche im Moment am meisten zu kämpfen?
Stickler: Ganz klar mit instabilen Rahmenbedingungen – aber auch mit der mangenden Rechtssicherheit. Wir erleben derzeit eine Gemengelage aus rechtlicher Unsicherheit, steigenden Kosten und politisch motivierten Eingriffen in den Markt. Dazu gehören Fragen der Wohnbauförderung, die oft nur kurzfristig gesichert ist, Grundstücksthemen, gesetzliche Änderungen und die Tatsache, dass steigende Bau- und Finanzierungskosten auf gedeckelte Mieten treffen. Hinzu kommen neue Anforderungen wie Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Druck der Banken, Digitalisierung und die Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz. Jede dieser Herausforderungen wäre für sich schon anspruchsvoll – in Summe ist es eine enorme Belastung.
Hutter: Rechtssicherheit heißt für uns: Verlässliche, stabile Rahmenbedingungen. Selbst eine für die Branche ungünstige Regelung ist leichter zu bewältigen als ein permanentes Hin und Her. Ohne diese Stabilität können wir nicht seriös planen – weder bei Neubauprojekten noch bei Sanierungen oder Investitionen. Dass im September 2025 erneut politische Diskussionen über grundlegende Fragen stattfinden, verstärkt die Unsicherheit noch. Viele Unternehmen verschieben deshalb Entscheidungen oder investieren vorsichtiger.
Stichwort Mietpreisdeckel. Wie wird der Mietpreisdeckel aus Sicht der gemeinnützigen Branchensicht bewertet?
Stickler: Der Mietpreisdeckel ist in der jetzigen Form hoch problematisch. Er trifft die Gemeinnützigkeit an einem empfindlichen Punkt. Anstatt die gemeinnützigen Bauvereinigungen zu stärken – was politisch ja eigentlich gewollt ist – werden sie in ihrer Handlungskraft geschwächt. Das ist ein klarer Widerspruch. Wir hoffen sehr, dass hier rasch ein Umdenken stattfindet.
Hutter: Gleichzeitig gibt es positive Stimmen zur aktuellen Lage der Wohnbauförderung in den einzelnen Bundesländern.
Sehen Sie hier Handlungsbedarf einer Harmonisierung?
Stickler: Ja, die Förderungen sind derzeit in vielen Bundesländern durchaus attraktiv. Aber das Problem ist die kurze Laufzeit: In der Regel sind die Mittel nur für zwei bis drei Jahre gesichert. Danach beginnt das Zittern von Neuem. Auch hier bräuchte es deutlich mehr Planungssicherheit, damit wir langfristige Projekte verlässlich realisieren können.
Blicken wir auf die Sanierung: Österreichs gemeinnütziger Sektor gilt hier als besonders erfolgreich. Woran liegt das?
Hutter: Das ist tatsächlich ein Bereich, in dem Österreich europaweit Maßstäbe setzt. Rund 80 Prozent aller Gebäude, die vor 1980 gebaut wurden, sind im gemeinnützigen Bestand bereits saniert. Das zeigt, dass wir nicht nur kurzfristig reagieren, sondern über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich investieren. Der Unterschied zu gewerblichen Anbietern ist klar: Wir halten unseren Bestand langfristig und pflegen ihn entsprechend. Das bedeutet auch, dass wir Sanierungen nicht nur punktuell durchführen, sondern systematisch, mit Blick auf Energieeffizienz, Klimafit und Wohnqualität.
Welche Rolle spielt dabei die Bewohnerstruktur?
Hutter: Eine große. Wir haben viele Dauermieter, die über Jahrzehnte in ihren Wohnungen bleiben. Das verändert die Sanierungsstrategie fundamental. Wir können nicht einfach warten, bis jemand auszieht, und dann modernisieren. Stattdessen müssen wir Wege finden, auch im laufenden Betrieb hohe Standards umzusetzen. Und das gelingt uns durch langfristige Planung und klare Qualitätsvorgaben.
Wie unterscheiden sich die Standards im gemeinnützigen Bereich vom gewerblichen?
Stickler: Die Förderungen setzen uns von Anfang an hohe Maßstäbe – sei es im Neubau oder in der Sanierung. Das hat zur Folge, dass der gemeinnützige Wohnungsbestand schon heute sehr hohe Standards erfüllt, oft deutlich über dem Durchschnitt. In Kombination mit der langfristigen Bestandspflege macht uns das zum Vorreiter in Europa.
Welche Themen werden nach der Tagung weiterverfolgt?
Stickler: Einige Daten, vor allem zu Finanzierungsargumenten und Wohnbauförderungen der einzelnen Länder, sind derzeit noch in intern Abstimmung. Sobald sie vorliegen, fließen sie in die endgültige Auswertung ein. Klar ist aber schon jetzt: Wir werden den Dialog fortsetzen, die Ergebnisse evaluieren und konkrete Forderungen an die Politik formulieren.
Ihr persönlicher Ausblick?
Stickler: Drei Punkte sind zentral: Erstens brauchen wir dringend stärkere rechtliche und politische Stabilität. Zweitens erwarten wir, dass beim Mietpreisdeckel zeitnah nachgebessert wird. Und drittens gilt es, das hohe Engagement im Bereich energetische Sanierung und Nachhaltigkeit fortzuführen. Die Branche hat hier in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht – diesen Weg wollen wir konsequent weitergehen.