Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland erwarten die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) für Juni und danach weitere Schritte nach unten. Demnach dürfte es bei dem am Finanzmarkt maßgeblichen Einlagensatz stufenweise bis zum Frühjahr 2025 auf dann 2 Prozent heruntergehen, wie die Forscher in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Gutachten für die deutsche Regierung schreiben. Derzeit liegt er auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent.
Der eigentliche Leitzins, der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz, dürfte demnach bis Frühjahr 2025 von derzeit 4,50 auf 2,15 Prozent sinken. "Die Zinssenkungen werden erwartet, weil sich die Inflationsraten im Euroraum derzeit deutlich auf das Inflationsziel von zwei Prozent zubewegen und im Durchschnitt des Jahres 2025 schon leicht darunter liegen dürften", heißt es in dem Gutachten.
Mit den für den Prognosezeitraum erwarteten Leitzinssenkungen werde der "Restriktionsgrad" der Geldpolitik deutlich verringert - sprich der konjunkturdämpfende Effekt der Zinspolitik geringer, erklären die Forscher. Die Geldmarktsätze würden sich im Prognosezeitraum aufgrund des weiterhin hohen Bestands an Überschussreserven - so wie zuletzt - nahe am Einlagensatz der Europäischen Zentralbank entwickeln.
Nach einer Serie von zehn Zinsanhebungen, die im Sommer 2022 startete, hält die EZB seit nunmehr vier Sitzungen die Zinsen konstant. Denn die Inflation in der Eurozone ist inzwischen deutlich abgeebbt und lag zuletzt im Februar noch bei 2,6 Prozent, nach 2,8 Prozent im Jänner. Das ist nicht mehr weit entfernt von der Zielmarke von zwei Prozent, die die EZB mittelfristig als optimales Niveau für die 20-Länder-Gemeinschaft anstrebt. EZB-Chefin Christine Lagarde und weitere Währungshüter haben signalisiert, dass sie im Juni über eine Zinswende beraten dürften, wenn es der Inflationsausblick zulässt. (apa)