Das Studierendenheim GreenHouse in der Seestadt Aspern verbraucht, steuert und handelt seine Energie vollautomatisch – und es springt flexibel ein, um das Stromnetz zu stabilisieren. Im Rahmen des Forschungsprojekts ASCR werden vernetzte Gebäude in den Regelenergiemarkt integriert. Anhand erster erfolgreicher Energie-Transaktionen in Aspern wird das Marktpotenzial für Wien sichtbar.
„Wir forschen in der ASCR nicht um der Forschung willen, das Ziel sind konkrete Produkte und Lösungen die möglichst bald Marktreife erreichen und breite Anwendung finden sollen. Die hier getesteten Lösungen führen unser Energiesystem in die Zukunft und haben enormes Potential. Wenn 20 Prozent der Gebäude in Wien mit ASCR-Technologie ausgestattet werden, kann ein jährlicher Gewinn von 30 Millionen Euro generiert werden – das zeigen erste Berechnungen. So kann Energie im Sinne des Klimaschutzes effizient, CO2-neutral und ertragreich für die Stadt und die BewohnerInnen eingesetzt werden“, so Ulli Sima, Stadträtin für Umwelt und Wiener Stadtwerke.
Möglich macht diesen Austausch ein Energiepool-Manager. „Je dezentraler die Stromerzeugung wird, umso vernetzter muss das Gesamtsystem werden. Mit unserem virtuellen Kraftwerk FlexPool können heute schon Gewerbekunden überschüssigen Strom als Regelenergie verkaufen, zusätzliche Erlöse generieren und zur Netzstabilität beitragen. Zukünftig werden solche Energiepool-Manager auch Zehntausende private Solaranlagen und Wärmepumpen intelligent aufeinander abstimmen“, erklärt Michael Strebl, Geschäftsführer von Wien Energie.
Allein bis 2030 sollen 30 Terawattstunden erneuerbare Energie mehr ins Netz eingespeist werden. Das kann zu Schwankungen führen. Damit die Stabilität des Stromnetzes weiter gewährleistet ist, sind alle Komponenten gefragt – von den Erzeugungsanlagen, über Verbraucher, Speicher und bis zu ganzen Gebäude. Denn in einem von immer höherer Volatilität und von zahlreichen dezentralen Anlagen geprägten Energiesystem ist der Gebäudesektor ein wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Energiewende.
Massive Kosteneinsparungen durch intelligentes Management
Das im Wohnheim GreenHouse integrierte Building Energy Management System (BEMS) arbeitet bereits ideal in puncto Energieoptimierung für das Gebäude. Außerdem kommuniziert das Gebäude mit dem elektrischen Netz, wodurch wertvolle Informationen, wie der prognostizierte Stromverbrauch, ausgetauscht werden. Das ist nicht nur ein Erfolg im Sinne des Klimaschutzes.
Durch den Einsatz dieser Energie Management-Systeme sind deutliche Kosteneinsparungen möglich. Großen Einfluss auf die Kostenersparnis haben die Dynamik der variablen Strompreise und die Qualität der Prognosen. Das Studierendenheim spart etwa durch den effizienten Einsatz eines Batteriespeichers und der Vermeidung von Strombezug zu Netzspitzenzeiten bis zu 5.000 Euro pro Jahr an Energiekosten. Auch Testabrufe von Strom-Flexibilitäten zur späteren Verwendung als Regelenergie wurden erfolgreich durchgeführt. Je nach Marktlage kann Energie ins Netz gespeist oder aus dem Netz entnommen werden, das resultiert in finanzieller Abgeltung.
Wetterdaten sorgen für punktgenauen Energieeinsatz
Europaweit werden rund 40 Prozent der gesamten Endenergie in Gebäuden verbraucht. Das Optimierungspotential ist dabei groß. Building Energy Management Systeme (BEMS) errechnen in regelmäßigen Intervallen den voraussichtlichen Energiebedarf unter Berücksichtigung von Nutzungsgewohnheiten, Energiesparverhalten, Energieproduktion, Wetterprognose und mögliche Flexibilitäten. So lässt sich prognostizieren, wann und wie viel Überschuss produziert und ins Netz eingespeist werden könnte.
Ein Energiepool-Manager wie etwa der FlexPool von Wien Energie fungiert als Schnittstelle zwischen den einzelnen Gebäuden und der Strombörse. Abgesehen von der Eigenverbrauchsoptimierung steht im Fokus der Forschungsfrage der ASCR, wie Gebäude zukünftig ihre Flexibilitäten zur Stützung des lokalen Mittel- und Niederspannungsnetzes anbieten bzw. als aktive Teilnehmer am Strommarkt agieren können. Herzstück des Systems ist die FlexPool-Software, mit welcher die Anlagen zentral gesteuert werden. Sie regelt flexible Erzeugungsanlagen, wenn zusätzlicher Strom im Netz benötigt wird, und sorgt automatisch dafür, dass die entsprechende Menge eingespeist wird.
Über das Studierendenheim
Das Studierendenheim GreenHouse bietet auf 7.000 Quadratmetern 313 Wohnplätze an. Das Wohnheim ist im Passivhaus-Standard errichtet. Die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (ÖGNB) hat das GreenHouse bereits im Februar 2014 für seine Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Der Strom für das Gebäude wird durch Photovoltaikanlagen am Dach erzeugt. Die Wärme- und Warmwasserversorgung erfolgen durch Fernwärme. Die ASCR hat auch im Studierendenheim ein intelligentes Gebäude-Energie-Managementsystem (BEMS) implementiert.