Eines hat es allerdings schon bewirkt. Immer mehr Wiener wollen der Bundeshauptstadt den Rücken kehren und treiben die Preise im Umland im berühmten Speckgürtel von Wien in die Höhe. Denn auch dort gilt: Wohnraum ist Mangelware. In vielen Regionen rund um Wien waren die Gemeinden in den vergangenen Jahren mit Baugenehmigungen äußerst zurückhaltend. Mehr Wohnungen bedeutet in der Regel höhere Kosten für die Gemeinden und mehr Verkehr in den Gemeinden und nach Wien. Home-Office hin oder her. (Bleiben jetzt auch alle Schüler auf immer und ewig ein, zwei Tage im Home-Schooling?) Wohne ich in der Stadt komme ich vielleicht ohne eigenes Fahrzeug aus. Am Land schaut es da schon ein wenig anders aus. Da stehen dann schnell einmal zwei Fahrzeuge vor der Tür. Auf Annehmlichkeiten will man nicht verzichten – und am Land sind die Öffis nicht flächendeckend ausgebaut und fahren auch nicht so dicht an der eigenen Wohnung vorbei.
Was spricht gegen intelligentes Nachverdichten. Nicht jeder Quadratzentimeter muss verbaut, nicht jeder Blick verstellt werden. Aber mit Maß und Ziel. Dort wo die Infrastruktur bereits vorhanden ist, sollte diese ausgenutzt werden.
Eines ist klar: „Wien braucht im Wohnbau - neben vielen anderen Maßnahmen - dringend eine Änderung bei der Flächenwidmung. Wir hoffen, dass dabei endlich etwas weiter geht, hier gab es die vergangenen zehn Jahre nur Stillstand! Da braucht es – durchaus auch mit neuen Verantwortlichen - endlich eine Aktualisierung auf die gegenwärtige Situation und in weiterer Folge eine ständige Weiterentwicklung, statt des momentanen Verharrens in der Vergangenheit. Die Flächenwidmung ist im vergangenen Jahrhundert stecken geblieben“, kommentierte diese Woche der Obmann der Fachgruppe der Immobilientreuhänder in der Wiener Wirtschaftskammer Michael Pisecky. Ich bin mir sicher – seine Worte werden ungehört im Rathaus verhallen.
Die Stadt Wien hat zwar auf politischer Ebene eine Reihe von dynamischen Entwicklungszielen und Leitlinien beschlossen: Sparsamer Umgang mit Grund und Boden; Nachverdichtung; CO2-Reduktion durch Sanierung; Vermeidung von Hitzeinseln; Begrünungen. Diese hehren Ideen werden aber nirgendwo umgesetzt, weil die rechtlichen Rahmenbedingungen – Flächenwidmung und Bauordnung – immer noch auf das alte, überholte Ziel einer Ausdünnung und Reduktion der Stadt abstellen. Inzwischen wurden zwar Masterplan Gründerzeit und das Konzept Smart City sogar im Gemeinderat beschlossen, haben aber bislang nicht die geringste Relevanz für die Praxis. Ich kann Pisecky nur zustimmen.
Ich bin mir sicher. Viele in Wien denken ähnlich. Bei Rot-Grün bin ich mir da nicht so sicher.
Noch eines: Intelligentes Verdichten ist gelebter Klimaschutz.