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Investmentmarkt für Logistikimmobilien 2024 mit positiven Vorzeichen

Garbe: Peak der Dekompression von Renditen nahezu erreicht - Wachstum der Spitzenmieten für Prime-Logistikobjekte hält im zweiten Halbjahr 2023 auf moderatem Niveau an - Investmentmarkt gewinnt im zweiten Halbjahr wieder an Fahrt
Patrick Baldia
Garbe
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© Auf dem europäischen Vermietungsmarkt für Logistikimmobilien zeichnet sich eine allmähliche Stabilisierung ab, so die Experten von Garbe

Logistikimmobilien konnten sich in Europa und Deutschland trotz des verhaltenen Investmentvolumens als eines der attraktivsten Segmente im Jahr 2023 behaupten. Eine erste positive Dynamik im zweiten Halbjahr lässt hoffen, dass der Investmentmarkt wieder anspringt und sich interessante Chancen eröffnen. Denn die Inflation sinkt durch die Erhöhungen der Leitzinsen als Gegenmaßnahme besser als erwartet. Viele Marktbeobachter erwarten bereits einen Rückgang der Zinsen und damit der Finanzierungskosten zum Halbjahr 2024 mit entsprechenden Effekten auf die Renditen, die in den vergangenen deutlich dekomprimiert sind. „Die Phase der Preisfindung auf dem Investmentmarkt für Logistikimmobilien ist damit allmählich abgeschlossen. Für 2024 kommen attraktive Opportunitäten auf den Markt und markieren den Beginn eines neuen Investmentzyklus“, sagt Tobias Kassner, Leiter Research und Member of the Executive Board von GARBE.

Der Mietmarkt hingegen kommt nur langsam im neuen Marktzyklus an und drückt auf die bislang dynamische Mietpreisentwicklung in unterschiedlicher Ausprägung, abhängig von der regionalen Flächenverfügbarkeit und wirtschaftlichen Entwicklung vor Ort. Zu diesen Erkenntnissen kommt GARBE Research in seiner aktuellen GARBE PYRAMID-Map zum Jahresanfang 2024, eine Übersicht zu Spitzenmieten und ‑Nettoanfangsrenditen für die 112 wichtigsten europäischen Teilmärkte für Logistikimmobilien in 23 Ländern.

Investmentmarkt Europa

Durch die stark veränderten geo- und finanzpolitischen Rahmenbedingungen der vergangenen zwei Jahre zeigten sich die Akteure auf dem europäischen Investmentmarkt für Logistikimmobilien 2023 deutlich zurückhaltender als in den Vorjahren. In den ersten drei Quartalen ging das Transaktionsvolumen deutlich um rund 58 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in anderen Assetklassen. So verringerte sich das Investment in Büroimmobilien europaweit um über 60 Prozent.

Nach einem Tiefststand im ersten Quartal stieg das Transaktionsvolumen sukzessive an. Die Preisrückgänge bei Immobilien und die Aussicht auf ein Ende der Leitzinserhöhung haben dazu geführt, dass erste Investoren – insbesondere eigenkapitalstarke – die Opportunitäten der Marktkorrekturen in den vergangenen Monaten genutzt haben. Dennoch wurde das Niveau der vorangegangenen Jahre bei weitem nicht erreicht.

Dr. Peter Bartholomäus, Head of Fund Management & Capital Markets, Member of the Executive Board bei GARBE erläutert: „Logistikimmobilien haben sich 2023 als Assetklasse bei Investoren behaupten können. Mit geringen Leerstandsraten, einer im Verhältnis zum Angebot noch immer hohen Nachfrage in vielen Regionen sowie der Aussicht auf weiteres Potenzial für Mietpreissteigerungen performen sie deutlich besser als etwa Büro- und Einzelhandelsimmobilien. In einigen europäischen Märkten wie Deutschland oder Italien, hatten Logistikinvestments zuletzt sogar den höchsten Anteil am Gesamtinvestmentmarkt.“

Mit Blick auf die vergangenen anderthalb Jahre, zeigt sich eine abnehmende Dynamik der Dekompression. Am stärksten fiel der Anstieg der Renditen mit 50 Basispunkten im zweiten Halbjahr 2022 aus. Im gesamten Jahr 2023 erhöhte sich die Spitzenrendite nochmals um etwa 55 Basispunkte, wobei der Anstieg im ersten Halbjahr (+35 bp) höher ausfiel als im zweiten Halbjahr (+20 bp).

In Top-Märkten wie Großbritannien und den Niederlanden hat sich die durchschnittliche Spitzenrendite im zweiten Halbjahr nur noch um sieben bzw. zehn Basispunkte erhöht. In einigen osteuropäischen Märkten wie im Baltikum und der Slowakei sowie in der Schweiz blieb die Spitzenrendite sogar unverändert. Insbesondere der britische Markt steht bei solchen Entwicklungen meist am Beginn des jeweiligen Zyklus. Dies spricht in Verbindung mit der Aussicht auf eine Senkung der Leitzinsen im Sommer 2024 dafür, dass der Peak der Dekompression allmählich erreicht ist.

Die teuersten Märkte liegen zum Jahresende 2023 in Deutschland, Niederlande, Frankreich und der Schweiz. Das Ranking wird angeführt von der Logistikregion Zürich mit einer Spitzen-Nettoanfangsrendite von 4,3 Prozent. Danach folgen Paris (4,5 Prozent) sowie Genf und Lyon (4,6 Prozent). In den deutschen und niederländischen Top-Märkten wie Berlin, Hamburg, München, Amsterdam und Rotterdam liegt die Spitzenrendite bei 4,7 Prozent. In einigen Märkten werden die Spitzenrendite für Logistikimmobilien unterhalb der für Büroimmobilien verortet.

Investmentmarkt Deutschland

Der Investmentmarkt für Logistikimmobilien in Deutschland war im zweiten Halbjahr von einer Dekompression von durchschnittlich 35 Basispunkten geprägt. Das Transaktionsvolumen konnte sich im Laufe des Jahres deutlich steigern. Während im ersten Halbjahr 2023 Transaktionen in Höhe von rund 2,4 Mrd. Euro abgeschlossen wurden, erhöhte sich dieser Wert in der zweiten Jahreshälfte deutlich. Laut Marktdaten der großen Maklerhäuser summierte sich das Investmentvolumen allein im dritten Quartal auf durchschnittlich knapp 1,9 Mrd. Euro und im vierten Quartal auf über 2,5 Mrd. Euro.

Philipp Loth, Head of Investment Management Deutschland, Member of the Executive Board bei GARBE führt aus: „Das Ergebnis im dritten Quartal ist vor allem auf größere Portfolio-Deals zurückzuführen. Im vierten Quartal haben wir dagegen auch wieder vermehrt Einzeltransaktionen beobachtet. Dennoch fiel der Rückgang des Investmentvolumens in Deutschland im Segment Logistik mit 46 Prozent deutlich geringer aus als bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien mit 69 und 56 Prozent.“

Vermietungsmarkt Europa

Auch auf dem Vermietungsmarkt zeichnet sich eine allmähliche Stabilisierung ab. Aufgrund der schwachen Konjunktur in der EU und der geringen globalen Nachfrage waren die Unternehmen in der ersten Jahreshälfte zurückhaltend. Im dritten Quartal ist der Flächenumsatz dann deutlich um 20 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal angestiegen. Die Rekordwerte aus den beiden Vorjahren werden damit nicht erreicht. Vielmehr hat sich die Nachfrage normalisiert und liegt auf dem Niveau der Vor-Corona-Zeit.

Europaweit ist die Leerstandsquote durch die schwächere Nachfrage im Laufe des Jahres auf 5,2 Prozent angestiegen. Da die Bauaktivitäten – insbesondere von spekulativen Objekten – aber deutlich abnehmen, wird nicht mit einem weiteren deutlichen Anstieg gerechnet.

Die Normalisierung der Flächennachfrage wirkt sich auch auf das Mietwachstum aus. Während das Wachstum der Spitzenmiete im zweiten Halbjahr 2022 und im ersten Halbjahr 2023 noch bei 6,8 bzw. 6,5 Prozent lag, waren es im zweiten Halbjahr 2023 nur noch 3,1 Prozent bzw. 0,22 Euro/m².

Bei Betrachtung der einzelnen Länder und Regionen zeigt sich dabei durchaus eine unterschiedliche Dynamik. Überdurchschnittliche Zuwächse gab es in den Niederlanden (+6,6 Prozent) und Österreich (+4,7 Prozent). In anderen Märkten wie Tschechien oder Dänemark gab es hingegen eine stabile Entwicklung.

Die Logistikregionen außerhalb Deutschlands mit dem stärksten Mietpreiswachstum im Laufe des zweiten Halbjahres befanden sich vor allem in den Niederlanden: Tilburg/Waalwijk (+15,5 Prozent), West Brabant (+12,5 Prozent), Rotterdam (+11,3 Prozent) und Amsterdam/Schiphol (+8,4 Prozent). Des Weiteren wurde im Großraum Paris ein deutlicher Zuwachs von 8,5 Prozent erzielt. Insgesamt ist die durchschnittliche Spitzenmiete in Europa in den vergangenen fünf Jahren um knapp 2,00 Euro/m² auf 7,35 Euro/m² angestiegen (+36 Prozent).

Vermietungsmarkt Deutschland

Auch in Deutschland hat sich der Logistikflächenumsatz nach den Rekordjahren 2021 und 2022 normalisiert und im Jahr 2023 auf einem durchschnittlichen Niveau vor der COVID-19-Pandemie eingependelt. Vor dem Hintergrund der konjunkturellen und geopolitischen Herausforderungen zeigt sich der Flächenumsatz vergleichsweise stabil, auch wenn einzelne Unternehmen mögliche Flächenerweiterungen hinauszögern, bis sich die Rahmenbedingungen stabilisieren. Im Abgleich mit dem Zehnjahresdurchschnitt, der auch die Rekordjahre 2021 und 2022 umfasst, lag der Wert für 2023 nur rund 10 Prozent darunter.

Adrian Zellner, Head of Business Development und Member of the Executive Board bei GARBE erläutert: „Wesentliche Einflussfaktoren des normalisierten Flächenumsatzes waren die rückläufige Zahl der Projektentwicklungen aufgrund des Anstiegs der Bau- und Finanzierungskosten sowie der anhaltende Flächenmangel in den Core-Lagen. Zudem sind für überregionale Lagen die Mieteranfragen zurückhaltender. Das liegt an den längeren Entscheidungswegen und an zurückhaltenden Investitionsentscheidungen seitens der Auftraggeber, was auf die aktuelle Rezession zurückzuführen ist. Des Weiteren wirkte sich die Zunahme von Vertragsverlängerungen auf die Statistik aus.“ Zellner fügt an: „Der E-Commerce spielte als Nachfragetreiber im Vergleich zu den vorangegangenen Boomjahren im Jahr 2023 eine geringere Rolle. In Teilen wurden auch Flächen welche in Covid-Jahren angemietet wurden, per Untervermietung an den Markt gebracht. In den richtigen Lagen findet weiterhin  eine hohe Nachfrage durch Industrie- und produzierende Unternehmen statt: Vier der fünf größten Vermietungen gingen allein auf den Automotive-Sektor zurück, darunter auch in zwei GARBE-Logistikzentren in Bitterfeld-Wolfen und Pilsting in Niederbayern.“

Auch innerhalb Deutschlands zeigte sich eine unterschiedliche Dynamik bei der Mietpreisentwicklung im zweiten Halbjahr. Gerade in stark nachgefragten Hotspots mit geringer Flächenverfügbarkeit stiegen die Spitzenmieten noch einmal deutlich an, wie z. B. München (+12,2 Prozent) und Nürnberg (+8,5 Prozent). Die Normalisierung der Flächennachfrage führte in einigen Regionen aber auch zu einer stabilen Entwicklung der Spitzenmiete. So blieb sie etwa in Hannover und Leipzig unverändert.

Die Logistikregion München ist weiterhin mit Abstand der teuerste Standort in Deutschland mit einer Spitzenmiete von 11,00 Euro/m². Danach folgen die anderen Top-7-Standorte mit Spitzenmieten zwischen 8,30 bis 8,60 Euro/m² oder auch darüber.

Ausblick

Tobias Kassner, Head of Research und Member of the Executive Board bei GARBE Industrial Real Estate, fasst zusammen: „Der Investmentmarkt hat von einem niedrigen Niveau im zweiten Halbjahr 2023 wieder etwas an Fahrt aufgenommen. Im Vergleich zu Büroimmobilien stellen Logistikimmobilien aufgrund der guten Kennzahlen für viele Investoren die attraktivere und sicherere Anlageklasse dar. Dies gilt sowohl für Core-Objekte als auch für Value-Add. Mit der von EZB-Präsidentin Christine Lagarde formulierten Aussicht auf Zinssenkungen im Sommer 2024, dürften sich im zweiten Halbjahr die Finanzierungskosten verringern.“

Bis dahin ist davon auszugehen, dass die Spitzenrenditen je nach Fortschritt des Marktzyklus noch leicht dekomprimieren bzw. weitestgehend unverändert bleiben. Die allmähliche Belebung des Investmentmarktes, die bereits im zweiten Halbjahr 2023 eingesetzt hat, wird sich 2024 fortsetzen. Solvente Developer und Asset Manager, die in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet haben, profitieren von dieser Marktphase, da sich durch die Marktabwertung und ggf. Notverkäufe gute Opportunitäten ergeben können.

Für die kommenden Jahre wird eine stabile bis marginal steigende Flächennachfrage erwartet, dabei wird der E-Commerce (inkl. Social Commerce) spätestens ab 2025 wieder eine größere Rolle spielen. Zudem führen Flächenmangel, geringes Vermietungsangebot und niedrige Leerstandsraten sowie Indexklauseln vor allem an den Top-7-Standorten zu weiterem Mietpreiswachstum.

Kassner führt weiter aus: „Abseits davon gehen wir eher von einer Stabilisierung aus. Geht die Inflation weiter zurück, wird dies auch positive Effekte auf das Konsumverhalten und den Güterexport in Europa haben.“