Wie hat sich der Prager Immobilienmarkt in den vergangenen Jahren entwickelt?
Ich glaube grundsätzlich, dass sich der Markt Prag in den letzten 5 bis 7 Jahren dramatisch verändert hat. 2008 waren die Preise in Prag auf Wiener Niveau. Durch die Bankenkrise haben sich die Preise allerdings halbiert. 2009 und 2010 gab es so gut wie keine Transaktionen.
Was waren die Gründe dafür?
Es ist nicht so, dass die Tschechen kein Geld hätten. Die Tschechen sind nach wie die größten Marktteilnehmer. Private wie Unternehmen, wie etwa die mit der conwert vergleichbaren Pražská správa nemovitostí (PSN). Die Rechtslage aber nicht optimal. Das wurde nun geändert. Mit Anfang 2014 hat Tschechien sein Bürgerliche?Gesetzbuch stark an die westlichen Rechtssysteme angepasst. Besonders positiv davon betroffen sind das Vertrags- und Immobilienrecht. Diese neuen Gesetze machen den tschechischen Immobilienmarkt wesentlich transparenter und somit für ausländische Investoren attraktiver. Nun strömt wieder mehr Kapital in den tschechischen Markt.
Was hat sich konkret geändert?
Das neue BGB hat in Tschechien den altlateinischen Grundsatz „superficies solo credit“, d.h. das Gebäude ist Bestandteil des Grundstücks, wiederhergestellt. Von 1950 bis Ende 2013 galt nämlich in Tschechien getrenntes Eigentumsrecht von Gebäuden und Grundstücken, was speziell bei ausländischen Investoren immer wieder Verwirrung stiftete. Gerade bei ausländischen Investoren, für die das alte Rechtssystem zu kompliziert war, verzeichnen wir jetzt wesentlich mehr Interesse für tschechische Immobilien Investments. Dies gilt nicht nur für Käufer aus dem Westen, sondern auch für Investoren der ehemaligen GUS-Staaten, die aufgrund der Ukraine Krise vermehrt nach Tschechien kommen.
Die Ukraine-Krise hat das Interesse an europäischen Immobilien bei russischen Investoren verstärkt – und Prag ist nicht nur eine attraktive Stadt, sie bietet zudem auch höhere Renditen. In Prag schaffen Sie 5 bis 6 Prozent. Renditen von denen man in Wien im Zinshausbereich nur träumen kann.
Wo liegt der besondere Unterschied zwischen dem Wiener und Prager Immobilienmarkt?
Der Prager Immobilienmarkt ist um rund ein Drittel kleiner, aber wesentlich internationaler als der Wiener und hat sich aufgrund der vielen Verbesserungen der politischen, rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen zu einem attraktiven Marktplatz entwickelt. Das Grundbuch, das noch in der Monarchie eingeführt wurde, wurde auch in der kommunistischen Ära weitergeführt. Die Datenlage darf als ausgezeichnet bezeichnet werden. Nur im alten – also bis Ende 2013 – geltenden Recht wurde immer zwischen Grundeigentümer und Eigentümer der darauf stehenden Immobilie unterschieden. Das waren zwei eigenständige Rechtskörper. Haus & Grund wurden einzeln verkauft. Was bei internationalen Investoren immer wieder für Verwirrung gesorgt hat. Das wurde mit der Novelle zum Bürgerlichen Gesetzbuch beseitigt.
Anders als in anderen Länder unter kommunistischer Herrschaft wurden die Prag die Wohnungen nicht an die Mieter verschenkt. Budapest hat noch heute mit den Auswirkungen zu kämpfen. 90 Prozent der Häuser sind parifiziert. Aus diesem Grund passiert auch in Budapest wenig. Dass ist einfach kein Geld für Renovierungen vorhanden. Wien hat rund 33.000 Zinshäuser, Prag in etwa die Hälfte. Diese ist dafür aber qualitativ hochwertiger. Sie stehen tatsächlich auch in den guten Bezirken. Wien 10 oder Wien 15 gibt es in Prag im Zinshausbereich nicht wirklich, dort steht halt dann der Plattenbau. Prag hatte keine Bombentreffer, wenig Brände, wenig Naturkatastrophen. Je nachdem in welchem Bezirk sie sich bewegen, ist vom Barocken Haus bis zum neoklassizistischem Zinshaus im Prinzip jede Art der Architektur vertreten. Das macht das Stadtbild auch aus und macht es sehr interessant. Wien ist halt sehr Historismus geprägt und diese Prägung hat Prag nicht.
Also russische Investoren, die im Moment in Wien abgehen, sind jetzt in Prag?
Über 60 Jahre hinweg wurde Prag von vielen Russen als Wochenendziel genutzt. Die Russen haben in Prag ihr komplett russisches Netzwerk. In Prag braucht man kein Englisch – von der Maniküre bis zum Friseur, Hausverwalter und Entwickler. Man spricht Russisch. Das ist für die Russen natürlich sehr wichtig, weil sie erstens schlecht Englisch sprechen und zweiten unsicher werden, wenn sie nicht alles verstehen. Wir haben uns natürlich darauf eingestellt und haben einen Russen im Büro, der diese speziellen Kontakte pflegt. Das ist ganz wichtig. In der Landessprache müssen sie dann mit den Kunden sprechen, sonst können sie natürlich nichts machen.
Für russische Staatsbürger stellt Prag immer noch einen Anknüpfungspunkt in Europa dar. Die Ukraine-Krise hat das Interesse an europäischen Immobilien verstärkt. Bei den Russen geht es derzeit in erster Linie um Vermögenserhalt, ähnlich wie dies 2008 bei uns das Thema war, gar nicht so sehr um Rendite.
Haben Sie einige der Russen von Prag nach Wien „umleiten“ können?
Wir versuchen das. Das Problem aber ist, dass sich die Russen bei unserem Mietrecht recht schwer tun. Wenn ich einem russischen Kunden erkläre, dass eine Mietwohnung seit 50 Jahren um 1,70 Euro pro Quadratmeter vermietet ist, dann fragt der mich: „Warum zieht der Mieter nicht aus?“. Dann antworte ich „ Weil er es nicht muss“. In Prag haben sie das umkehrte Thema, die haben ab 1. Jänner 2013 alle Altmieten beinhart zur Marktmiete angeboten. Alle Altmieter zahlen jetzt Marktmiete.
… da gab es keine Proteste? Das ist ohne Widerstände so durchgegangen?
Als Politiker würde ich mich in Wien nicht trauen alle Mieten einfach anzuheben! Da muss aber etwas geschehen. Es kann nicht sein, dass junge Familien für 70 Quadratmeter um 1.000 Euro bezahlen müssen, und ein Alleinstehender – womöglich im selben Haus – auf 160 Quadratmeter um 300 Euro wohnt. Hier fehlt der soziale Gedanke. Vor allem aber ist das Mietrecht viel zu kompliziert. Da sieht man sich ja kaum mehr durch. Ich glaube auch, dass die Mieter verunsichert sind.
Gibt es in Prag spezielle Gegenden wo gerne gekauft wird?
Ja Prag 1, Prag 7, die Altstadt, die Neustadt Prager Neustadt (Pražské Nové M?sto) , Nuradi, das wäre so der 6, 7, 8 Bezirk in Wien, das sind so die Top-Lagen in Prag.
Absolut! Die Prager sind, was den Denkmalschutz betrifft, ganz, ganz streng. Sie haben den Grundsatz: Der Blick vom Hradschin darf nicht zerstört werden, das heißt wenn Sie von der Prager Burg herunterschauen, sehen Sie kaum Dachgeschossausbauten. Falls doch, sind sie so dezent, dass sie den Blick dennoch nicht zerstören. Die Immobilienwirtschaft freut sich darüber natürlich nicht. Jeder würde natürlich gern das Dachgeschoss ausbauen, um Wohnfläche zu schaffen. Dem Stadtbild aber tut es natürlich gut. Wie in Wien ist auch in Prag der Bauplatz begrenzt. Auch in Prag wird es – wie in Wien – einmal das Thema Verdichtung geben.
Auch in Prag herrscht starker Zuzug. Dieser kann aktuell noch abgefedert werden. Es gibt rund um Prag noch mehrere Plattenbauten. Diese könnte man vermieten und verkaufen, dennoch stehen diese zum großen Teil leer.
Eine kurze Frage noch zu Bratislava, ein interessanter Markt?
Wir sind seit über einem Jahr in Bratislava tätig. Bratislava ist ein sehr interessanter Markt. Auch wegen der Nähe zu Wien. Beide Städte sind nur 45 Autominuten voneinander entfernt. Zudem sind in Bratislava Renditen von 7 bis 10 Prozent zu erzielen - teilweise sogar in Bestlagen.
Zinshaus oder Wohnen allgemein?
In der Slowakei gibt es nur einen sehr geringen Zinshausbestand. Jeder will seine Wohnung besitzen. Das ist in den ehemaligen kommunistischen Ländern ein ganz großes Thema. Die klassische vermietete Zinshausliegenschaft ist in der Slowakei nicht die Regel, weil sich dort jeder eine Liegenschaft kauft. Zum Zweiten gibt es relativ wenig Altbestand und es gibt auch nicht den klassischen Mietmarkt. In den sehr guten Stadtlagen werden viele Zinshäuser gewerblich genutzt. Sie können heute in der Michalská, der Einkaufsstraße in Bratislava Objekte mit sieben Prozent Rendite verkaufen. Bratislava hat nur 500.000 Einwohner, einen sehr überschaubaren Kern.
Bratislava ist nicht so eng wie Wien. Sie haben nie das Gefühl in einer Großstadt zu sein. Die Stadt wirkt eher Village-like. Die haben nicht das Problem das Prag mit den Bergen und Wien mit der Donau hat. Der Markt ist für uns sehr interessant, weil er sehr klein und somit überschaubar ist. Lassen Sie mich das mit aller Vorsicht so formulieren: Wenn sie sich drei Monate mit dem Immobilienmarkt in der Slowakei in einer halbwegs intensiven Form beschäftigen, dann verstehen Sie auch den Markt.
Wie sieht es in der Slowakei und Tschechien mit den Finanzierungen aus?
Ich rate meinen österreichischen Kunden in Österreich zu finanzieren. Das geht nicht nur schneller. Die möglichen Kreditsummen sind höher und die Finanzierungskosten deutlich geringer. Zudem verlangen die Banken in der Tschechischen Republik höhere Sicherheiten.