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Jetzt gilt es, kreativ zu werden – auch mit der Hotel- und Freizeitimmobilie

„Für die Zukunft sehe ich eine große Chance für den lokalen Tourismus. Familienbetriebe haben jetzt die Chance, sich neu zu positionieren."
Amelie Miller
SOEDE, Frans-Jan (HAM)
SOEDE, Frans-Jan (HAM)
© GNK Media House/Katharina Schiffl

Covid-19 trifft vor allem mit voller Wucht die Hotel- und Tourismusbranche. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage?

Ich würde sogar sagen, dass wir im Moment eine Art Tsunami haben, der auf die Tourismus- und Hotelbranche langsam, aber sicher zurollt. In der Tourismus- und Reiseindustrie wird derzeit weltweit alles runtergefahren.   

Verschiedene Länder setzen verschiedene Maßnahmen. Das heißt, es gibt unterschiedliche Reaktionen der Politik. In Österreich werden gute Entscheidungen getroffen, weil wir uns isolieren müssen, um das Virus zu bekämpfen. Allein in Wien gibt es über 400 Beherbergungsbetriebe, die Restaurants sind geschlossen, aber die Hotels sind auf stand by. Das ist natürlich betriebswirtschaftlich nicht die beste Lösung.   

Blickt man nach Osteuropa, sieht es etwas anders aus. Ich betreue aktuell drei Hotels in Osteuropa. Alle drei Hotels wurden letzten Freitag zugesperrt. In der Slowakei sind bereits letzte Woche die Hotels geschlossen worden. In Bratislava sind zum Beispiel 90 Prozent der Hotels geschlossen. In Ungarn werden wahrscheinlich nächste Woche solche Entscheidungen getroffen werden. Auch in Prag wird derzeit ein Hotel nach dem anderen geschlossen.   

Man muss sich jetzt auf eine Periode festlegen, in der man Hotels stilllegt. Das muss man natürlich mit einer gewissen Minimum-Mannschaft weiterführen, weil man eine solche Immobilie nicht von einem Tag auf den anderen stilllegen kann.  

Wie könnten kreative Lösungen für Hotel- und Freizeitimmobilien derzeit aussehen?

Wir als Berater erarbeiten verschiedenste Modelle zur Problemlösung, je nachdem, ob der Eigentümer des Hotels gleichzeitig dessen Betreiber ist oder nicht. Das geht von der kompletten Schließung und Kündigung bis zu Stand-by-Lösungen. Das heißt, man macht den Mitarbeitern ein Angebot, um mit reduzierten Gehältern auf stand by weiterzumachen. Wir haben zum Beispiel in einem Hotel eine Lösung gefunden, dass 60 Prozent der Gehälter weiterbezahlt werden. Das ist eine gute Zwischenlösung.   

Auch in Österreich sollte eine intelligente Lösung für Hotels getroffen werden. Das könnte so aussehen, dass lediglich nur noch 10 bis 15 Prozent der 400 Hotels in Wien geöffnet sind. Hotels könnten sich untereinander absprechen, um sich auf einzelne Hotels zu konzentrieren, die geöffnet bleiben. Hier können dann Menschen übernachten, die zwingend eine Bleibe brauchen. Das wäre ein zukünftiges Szenario aus meiner Sicht.   

Eine andere Entwicklung ist zum Beispiel, dass in Kalifornien und in Frankreich bereits Hotels schon auf Spitalbetrieb umgestellt werden. Im Hotel habe ich natürlich die Betten, die im Krankenhaus eventuell fehlen werden.

In der Asset Klasse Hotel, bei den institutionellen Investoren geht es darum, dass die Politik, Finanzinstitute, Betreiber und Besitzer sich auf verschieden Überbrückungsmaßnahmen einigen. Da geht es um Ratenzahlungen bei Krediten, das Einfrieren von Zinsen und Schuldbeträgen für gewisse Perioden. Jetzt ist es wichtig situationskreativ und situationsflexibel zu handeln. Dazu zählt auch, dass Tourism Manifesto, das die EU am Montag beschlossen hat zu berücksichtigen. Bei kleineren Betrieben muss man von Fall zu Fall mit der Bank sehr schnelle Lösungen finden, weil die Liquidität schon in diesem Monat ein riesiges Problem werden wird.

Wie sieht der Blick in die Zukunft aus? Wird es die große Pleite geben?

In Österreich haben wir im Tourismus im Jahresdurchschnitt über 40 Milliarden Umsatz. Wir müssen damit rechnen, dass wir ca. nur mehr 10 bis 15 Prozent davon umsetzen werden. Und auch die Wertschöpfung rund um diese Tourismusbetriebe – Lieferanten zum Beispiel - ist massiv betroffen. Das wird sich natürlich schon bei der Bilanz im März zeigen.   

Je länger der Virus anhält, umso drastischer werden die Ergebnisse. Das ist keine synchrone Entwicklung. Die Höhepunkte des Virus werden in verschiedenen Ländern in verschiedenen Perioden erreicht, je nachdem, welche Maßnahmen gesetzt und auch umgesetzt werden. Man muss die Auslastung des Virus abwarten, bevor man wieder über eine Hotelauslastung sprechen kann.   

Wir planen in Osteuropa bis Mitte Juli die langsame Wiedereröffnung der Hotels.   

Für die Zukunft sehe ich eine große Chance für den lokalen Tourismus. Mit dem Ende der Krise wird das Reiseverhalten wieder steigen. Nach der Isolation wird es eine straken Drang geben zu reisen – aber nicht in die Ferne. Familienbetriebe haben jetzt die Chance, sich neu zu positionieren. Die können im Moment sehr viel schneller handeln.   

Ich glaube aber auch, dass es einen extremen Schub für die Stadthotellerie geben wird. Dadurch, dass viele Konferenzen und Messen abgesagt wurden, müssen diese nachgeholt werden und das wird sich vor allem im letzten Drittel des Jahres abspielen.