Der frühere ÖVP-Landesrat und jetzige Landtagsabgeordnete Johannes Tratter ist zum neuen technischen Geschäftsführer der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft "Neue Heimat Tirol" (NHT) bestellt worden. Diese steht im Eigentum des Landes Tirol und der Stadt Innsbruck. Die Entscheidung fiel bei einer Generalversammlung Montagabend. Tratter hatte sich im Rahmen eines mehrstufigen Auswahlverfahrens gegen 14 Mitbewerber durchgesetzt. Aus der Opposition kam scharfe Kritik.
Tratter, früher in der Landesregierung unter anderem für Raumordnung, Gemeinden und Wohnbau zuständig, folgt auf Ex-SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Hannes Gschwentner, der mit Jahresende in den Ruhestand geht. Von den 15 Bewerberinnen und Bewerbern hatten es fünf, darunter Tratter, in ein Hearing geschafft. Letztlich setzte sich der 60-jährige Politiker, der von 2012 bis 2022 als Landesrat fungierte, durch. Er wird künftig mit dem zweiten Geschäftsführer, Markus Pollo, die NHT operativ führen.
Die Letztentscheidung fällten die Eigentümervertreter - in diesem Falle Wirtschaftslandesrat Mario Gerber (ÖVP) und Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne). Dem Land oblag dabei das Vorschlagsrecht. "Auf Grundlage der öffentlichen Ausschreibungskriterien" habe sich die Generalversammlung einstimmig "nach einem faktenorientierten Auswahlprozedere und auf Empfehlung der Personalberatungsagentur und der Hearingkommission" entschieden, Tratter mit der technischen Geschäftsführung zu betrauen, erklärte Gerber in einer Aussendung.
Der ÖVP-Politiker bringe unter anderem als ehemaliger Bezirkshauptmann, Bürgermeister und Gemeindereferent in der Landesregierung "viel Expertise und Erfahrung und ein hervorragendes Netzwerk in sämtlichen Tiroler Gemeinden mit", wurde betont. Gerade in Zeiten, in denen vor allem der Grundstücksakquise eine besondere Bedeutung zukomme, werde die "Neue Heimat" sehr davon profitieren. Ebenjene Akquise von ausreichend Grundstücken für den geförderten Wohnbau bezeichnete auch Willi als große Herausforderung und strich gleichzeitig das alleinige Vorschlagsrecht des Landes heraus. Der Bürgermeister stimmte letztlich dem Vorschlag zu. Gefordert werde von Tratter, der bereits vor Jahreswechsel bei der NHT beginnen wird, dass er sein Landtagsmandat zurücklegt und "zu hundert Prozent zur Verfügung steht."
Erwartungsgemäß scharfe Kritik kam von der Opposition. Diese hatte bereits in den vergangenen Wochen und Monaten - nachdem die Bewerbung publik geworden war - (ÖVP)-Postenschacher, Freunderlwirtschaft und fehlende Transparenz moniert. Tratters Bestellung sei die "Morgengabe der SPÖ an die ÖVP bei den Koalitionsverhandlungen", erklärte FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger. Er sprach Tratter nicht die Qualifikation ab, aber es zeige sich einmal mehr, dass die ÖVP Tirol "vor Jahrzehnten bereits zum dunkelschwarzen Privilegienstadl" umgebaut habe. Und daran ändere sich schon rein gar nichts bei einer Koalition mit der SPÖ und deren Chef Georg Dornauer.
"Der Posten wurde für einen Parteifreund ausgeschrieben und nun wurde er mit dem Parteifreund besetzt, für den die Position als Landtagsabgeordneter offenbar nicht gut genug ist", griff auch Grünen-Klubobmann Gebi Mair den ehemaligen Koalitionspartner an: "Mit Schwarz-Rot kehrt in Tirol die alte Parteibuchwirtschaft zurück", so Mair, der Dornauer als der ÖVP "fleißigster Lehrling" bezeichnete.
Liste Fritz-Klubobmann Markus Sint nannte die Bestellung Tratters einen "Schlag ins Gesicht all jener, die sich einen neuen politischen Stil in Tirol erhofft hatten." weiters meinte er: "Nun haben ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle und Dornauer ihr wahres Gesicht gezeigt. Vom großangekündigten neuen Stil keine Rede, einmal mehr haben sie sich mit diesem schwarz-roten Postenschacher aus der politischen Steinzeit selbst enttarnt", zeigte sich Sint empört. NEOS-Landessprecher und Klubobmann Dominik Oberhofer zeigte sich "schockiert und fassungslos, wie scham- und hemmungslos die Landesregierung bei der Neuen Heimat ihren Wunschkandidaten Tratter durchgedrückt hat." Die Personalentscheidung sei "schwarz/roter Postenschacher der übelsten Sorte" und auch inhaltlich komplett falsch.
Mattle wiederum verteidigte am Dienstag bei einem Pressegespräch die Bestellung Tratters vehement: "Es darf einem Politiker nicht verboten sein, wieder Fuß zu fassen". Er stehe für ein "klares Auswahlverfahren", bei dem "der oder die Beste" zum Zug kommen soll. Und Tratter sei "ganz einfach der Bestqualifizierte gewesen". Mattle verwies darauf, dass es außerdem ein "einstimmiger Beschluss" gewesen sei. Angesprochen auf eine mögliche "Cooling-Off-Phase" sagte der Landeschef, dass seit dem Ende von Tratters Regierungstätigkeit immerhin ein halbes Jahr vergangen sei.
Auch SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer hatte gegenüber der APA Unterstützung für die Tratter-Entscheidung bekundet: "Wir haben den Besten genommen." Er habe stets betont, dass es für ihn nur einen einzigen Grund gäbe, den Ex-Landesrat nicht zum Geschäftsführer zu machen: "Wenn er nicht der geeignetste Kandidat ist." Fakten und Kompetenz würden für Tratter sprechen: "Da kann die Opposition noch so schäumen, da zucken wir als Verantwortungsträger im Land nicht zusammen."