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Kein Betriebsunterbrechungsschaden bei schlechter Marktlage wegen COVID (7 Ob 62/23b)

In seiner Entscheidung vom 24.05.2023 hatte der OGH (7 Ob 62/23b) zu klären, ob die Betriebsunterbrechung überhaupt zu einem Unterbrechungsschaden geführt hat, da in Anbetracht der Pandemie ohnehin keine Einnahmen vom Betrieb hätten erzielt werden können.
Roland Weinrauch

Die Versicherungsnehmerin betreibt einen Gastbetrieb mit Übernachtungsmöglichkeit, für welchen sie eine Betriebsunterbrechungsversicherung abschloss, der u.a. eine Besondere Bedingung „Seuchen – Betriebsunterbrechung“ zugrunde gelegt wurde. In den allgemeinen Versicherungsbedingungen wurde festgelegt, dass als Unterbrechungsschaden nur der durch die Betriebsunterbrechung tatsächlich entgangene Deckungsbeitrag gilt, wobei bei der Ermittlung des entgangenen Deckungsbeitrages auch alle jene Umstände zu berücksichtigen sind, die dessen Höhe auch ohne Betriebsunterbrechung beeinflusst hätten (z.B. die Marktlage oder höhere Gewalt).

Am 14.03.2020 wurde die Versicherungsnehmerin darüber informiert, dass zwei Gäste positiv auf COVID getestet wurden, weshalb sowohl die Versicherungsnehmerin als auch ihre Mitarbeiter in Quarantäne mussten, sodass der Betrieb geschlossen werden musste. Bereits am 13.03.2020 erließ die zuständige Behörde eine Verordnung nach dem Epidemiegesetz, nach der sämtliche Gäste touristische Betriebe mit Ablauf des 16.03.2020 zu verlassen hatten.

Die Versicherungsnehmerin begehrte daraufhin vom Versicherungsunternehmen für den Zeitraum von 14.03.2020 bis 29.03.2020 den Ersatz des Unterbrechungsschadens in der Höhe von 55.645,28 Euro. Der Versicherer lehnte jedoch eine Versicherungsleistung ab. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).

Wie ist die Rechtslage?

In seiner Entscheidung vom 24.05.2023 hatte der OGH (7 Ob 62/23b) zu klären, ob die Betriebsunterbrechung überhaupt zu einem Unterbrechungsschaden geführt hat, da in Anbetracht der Pandemie ohnehin keine Einnahmen vom Betrieb hätten erzielt werden können.

Nach Ansicht des OGH sei den Versicherungsbedingungen eindeutig zu entnehmen, dass nur der tatsächlich durch die Betriebsunterbrechung verursachte Unterbrechungsschaden ersetzt werde. Versichert sei nicht das allgemeine Risiko des Auftretens einer Seuche schlechthin und damit auch nicht eine daraus resultierende Veränderung der wirtschaftlichen Lage, sondern ausschließlich die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Betriebs aufgrund des Verhinderungsgrundes. Im gegenständlichen Fall sei dabei die Unterbrechung des Betriebs wegen der Quarantäne der Mitarbeiter eingetreten.

Bei der Berechnung des Unterbrechungsschadens sei daher der hypothetische Kausalverlauf ohne diesen Unterbrechungsgrund heranzuziehen. Umstände, wie der Rückgang des Ertrags aufgrund wirtschaftlich schlechter Lage auch ohne Betriebsunterbrechung seien demnach zu berücksichtigen. Dem Versicherungsnehmer werde nämlich nicht ein gewisser Ertrag garantiert, sondern nur ersetzt, was ihm ohne Unterbrechung nicht entgangen wäre. Folglich sei auch das allgemeine Risiko der veränderten Marktsituation durch das Auftreten der Seuche bei der Beurteilung der Schadenshöhe zu berücksichtigen.

Aufgrund des Umstandes, dass der Betrieb der Versicherungsnehmerin COVID-bedingt auch ohne Betriebsschließung keine Einnahmen hätte lukrieren können, kam der OGH im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass der Versicherungsnehmerin keine Ansprüche aus der Betriebsunterbrechungsversicherung zustehen.

Schlussfolgerung

Dazu Rechtsanwalt Roland Weinrauch: „Die Beurteilung des Schadens im Rahmen einer Betriebsunterbrechungsversicherung richtet sich nach dem hypothetischen Kausalverlauf ohne Unterbrechungsgrund, sodass stets zu hinterfragen ist, welche Einnahmen ohne Unterbrechung lukriert werden hätten können. Umstände, die unabhängig vom konkreten Unterbrechungsgrund zu einer Schmälerung der Einnahmen geführt hätten, mindern demnach auch den zu ersetzenden Unterbrechungsschaden.“