Wir sind immer die Bösen, ausnahmslos immer. Keine Sorge, ich will mich nicht hinter einer „Opferkeule“ verstecken, sondern klarstellen, dass es ist, was es ist.
Wenn Mieten in Österreich im internationalen Vergleich nicht steigen oder noch human sind, dann gilt es immer, dem öffentlichen Wohnbau in Österreich zu danken. Steigen die Mieten, sind die Privatanbieter daran schuld.
Wir sind auch daran schuld, dass Gründerzeithäuser nicht länger saniert werden – obwohl wir zum überwiegenden Teil die Altbauten und das gründerzeitliche Wien überhaupt erhalten. Es liegt an uns, dass es zu wenig leistbaren Wohnraum gibt, obwohl es am privaten Markt keinerlei Zugangsbeschränkungen gibt und allein in Wien mehr als die Hälfte der einkommensschwächsten Menschen privat wohnen.
Wenn wir als Bauträger für unsere Projekte den normalen rechtlichen Rahmen nutzen, „überreizen“ wir. Wenn wir uns durch den schwierigen Regeldschungel hanteln, um ein optimales Ergebnis – etwa mehr Dichte, mehr Freiflächen – auch für Anrainer und Bewohner zu erzielen, dann sind wir „lästig“, weil wir, so der O-Ton, „schon wieder etwas wollen“.
Will man für ein Bauprojekt eine kreative, aber durchaus für alle wertschöpfende Lösung, zum Beispiel mehr Höhe gegen einen neu gestalteten Park, ist man auf den guten Willen statt auf sachliche Logik angewiesen. Einen städtebaulichen Vertrag zu bekommen, hängt oft an der Sympathie, aber nicht unbedingt für das Bauprojekt.
Im Zusammenhang mit der anstehenden Erhöhung der Richtwert- und Kategoriemiete hielt Justizministerin Alma Zadić nun fest, dass eine neuerliche Aussetzung derselben unter Umständen vor dem Verfassungsgericht nicht mehr tragbar wäre.
Ausgerechnet die grüne Ministerin hat etwas auf den Punkt gebracht, dass, wäre es von unserer Branche so dargestellt worden, wieder nur unter einer weiteren Geldforderung der vermeintlich gierigen Immobilienbranche öffentlich verbucht worden wäre.
Die gesetzlich vorgeschriebene, und mittlerweile sich auf durchschnittlich 5,6 Prozent belaufende Mietzinserhöhung, liebe Leser, wurde unserer Branche in den letzten Jahren einfach so gestrichen. Das Mietrecht quasi mehr oder weniger ausgehebelt, oder, wie man es unserer Branche zuschanzen würde, schlicht umgangen. Und es wird tatsächlich von einigen Parteien gefordert, diese Erhöhung auch heuer erneut auszusetzen. 5,6 Prozent an Einnahmen, die einer ganzen Branche, einem zutiefst österreichischen Wirtschaftszweig mit zigtausenden Angestellten einfach so mal weggestrichen werden sollen, obwohl es ihnen per Gesetz zusteht.
Nur, weil es sich für die Politik kurzfristig und populistisch so besser rechnet.
Das ist kein Bonus für sozial Schwache, es ist die Umgehung eines Rechtsanspruches einer Branche.
Diesen Missstand nur kopfschüttelnd und im Stillen anzuprangern, liebe Kollegen, ist zu wenig. Zu hoffen, dass diese ständige Rechtsunsicherheit auch in allen anderen Belangen nur den anderen, und weniger einen selbst trifft, etwa bei Bauverhandlungen, Widmungen, städtebaulichen Vertragsversuchen usw. auch.
Wir dürfen uns das nicht länger gefallen lassen und müssen deutlich eine Botschaft geben: Eine Aussetzung der Mietzinserhöhung gibt keinem sozial Bedürftigen eine Wohnung und ist alles andere als treffsicher. Das wären an Einkommen gebundene erhöhte Wohnbeihilfen oder soziale Wohnungsvergaben ohne Zugangs-, dafür mit klaren Einkommensbeschränkungen.
Eine Aussetzung der Mietzinserhöhung ist eine Umgehung des MRG in einem Ausmaß, dass sich die Branche nicht leisten kann und nicht leisten muss. Es ist nur kurzsichtige Politik für jene, die um jeden Preis ihre Macht erhalten wollen, statt Österreich zum Positiven sowie sozialem und ökologisch Nachhaltigen zu verändern.
Hans Jörg Ulreich, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Ulreich Bauträger GmbH, Bauträgersprecher Österreich, Lektor an der TU Wien und FH Wien.