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Köstinger will mit "Masterplan Rohstoffe 2030" den Bergbau ankurbeln

Die Digitalisierung und Ökologisierung der Wirtschaft sowie die Erholung nach der coronabedingten Rezession haben den Rohstoff-Hunger der Welt angeheizt, immer öfter kommt es zu Lieferengpässen.
Amelie Miller
Bergbau
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© Pixabay

Um Österreich von Importen unabhängiger zu machen, will Bergbauministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) den Rohstoffabbau im Inland sowie die Kreislaufwirtschaft und Kooperationen mit ressourcenreichen Ländern forcieren und hat dafür einen "Masterplan Rohstoffe 2030" ausarbeiten lassen.

Österreich sei bei Rohstoffen stark von Einfuhren abhängig, sagte Köstinger, deren Ministerium seit 2017 auch die Zuständigkeit für den Bergbau und Rohstoffe hat. "China und Südamerika dominieren den Markt, es kommt auch immer wieder zu Lieferengpässen", sagte Köstinger. Als Beispiel nannte sie die Blockade des Suezkanals durch ein festgestecktes Containerschiff im heurigen Frühjahr. Die Coronakrise habe die Lage zusätzlich angespannt, sagte die Ministerin am Montag bei der Präsentation des "Masterplans Rohstoffe" gemeinsam mit IV-Präsident Georg Knill. 

 in noch aktuelleres Beispiel sei die Abschaltung von Kohlekraftwerken in China während der olympischen Winterspiele gewesen, um die Luftqualität zu verbessern. Dadurch sei der Magnesium-Abbau massiv eingeschränkt gewesen. "Die Auswirkungen spüren wir heute noch am europäischen Markt - zum einen massive Lieferengpässe, zum anderen sind die Preise um ein Vielfaches gestiegen. Magnesium brauchen wir vor allem für die Aluminium-Industrie. Das zeigt, wie eng vernetzt die Rohstoffkreisläufe sind." 

Deshalb müsse man den Rohstoffabbau in Europa und in Österreich forcieren, um unabhängiger und krisenresistenter zu werden. Dadurch würde auch der Arbeitsmarkt angekurbelt, sagte die Ministerin - die Rohstoffindustrie beschäftige derzeit in Österreich rund eine Million Menschen und trage mit rund 90 Mrd. Euro zum BIP bei, das entspreche einem Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung. Deshalb habe man gemeinsam mit der Industrie im "Masterplan Rohstoffe 2030" 75 Maßnahmen definiert, mit denen der österreichische Bergbau gestärkt und Ressourcen besser genützt werden sollen. Es sei auch für die Umwelt viel besser, Rohstoffe in Österreich abzubauen und zu verarbeiten, als unter weniger strengen Auflagen in anderen Teilen der Welt. 

Auch die Energiewende trage zum Anstieg des Rohstoffbedarfs bei, sagte Köstinger. So habe man im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz sehr ambitionierte Ziele für den Photovoltaik-Ausbau festgelegt, dafür brauche man aber mineralische Rohstoffe. "Die können zum Teil in Österreich gewonnen werden. Zahlreiche Rohstoffe wie Silizium, Indium, Gallium und vor allem Germanium müssen aber aus dem europäischen Ausland importiert werden, damit die Photovoltaik-Anlagen überhaupt gebaut werden können und damit Strom produziert werden kann." Um die EAG-Ziele zu erreichen, werde man in Österreich das Viereinhalbfache der globalen Germanium-Produktion brauchen. 

IV-Präsident Knill erklärte die massive Nachfrage nach Rohstoffen auch mit dem starken Wirtschaftswachstum. "Global wachsen wir um 6 Prozent, das hat es in dieser Größenordnung letztes Mal 1973 gegeben." Der Rohstoffproduzent China verbrauche einen großen Teil seiner Ressourcen selbst. Der Preis von Mangan sei von Oktober auf November um 34 Prozent gestiegen, Chrom um 50 Prozent, der Preis von Lithium, das für Autobatterien benötigt werde, habe sich seit Jahresmitte fast verdoppelt, der Kupferpreis sei um 19 Prozent gestiegen. Das höhere Preisniveau habe aber auch zur Folge, dass der Abbau mancher Rohstoffe in Europa, der bisher zum Teil unrentabel war, nun wirtschaftlich sinnvoll werde. 

Die EU-Kommission verfolge den Ansatz der strategischen Autonomie, sagte Knill. Das dürfe man nicht mit Autarkie verwechseln, denn Europa werde nie alle benötigten Rohstoffe selbst abbauen können, vielmehr gehe es darum, durch Partnerschaften die Verfügbarkeit in Europa zu gewährleisten. Allerdings habe Österreich etwa in Mittersill (Salzburg) die größte Wolfram-Lagerstätte Europas. Was den geplanten Lithium-Abbau in Kärnten betrifft, geht man im Bergbauministerium davon aus, dass ein Gewinnungsplan im nächsten Jahr eingereicht wird. 

Für die doppelte Transformation - Digitalisierung und Ökologisierung - seien massive Investitionen notwendig, sagte der Industriellen-Präsident. Die Jahreskapazität des Lithium-Abbaus müsse verzehnfacht werden, um bis 2050 die europäischen Zielsetzungen zu erreichen. Bei Kobalt müsse man die Abbau-Kapazität versechsfachen, bei Graphit vervierfachen. "Kupfer werden wir bis 2050 zusätzlich noch so viel abbauen müssen, wie in den letzten 5.000 Jahren, seit der Kupferzeit, global abgebaut wurde", verwies Knill auf Berechnungen der Weltbank. Durch die Transformation begebe man sich in neue Abhängigkeiten. 

Das Ministerium verweist auf eine Studie der Montanuniversität Leoben, wonach 60 Prozent der globalen Bergbauproduktion in Entwicklungsländern erfolgen. In den letzten zwei Jahrzehnten seien die Bergbau-Aktivitäten in Europa um 28 Prozent zurückgegangen, während sie in China um 109 Prozent zugenommen hätten, in Afrika um 30 Prozent, in den USA um 23 Prozent und in Australien um 144 Prozent. 

"Es geht uns nicht darum, das wir alles in Österreich abbauen", sagte Köstinger, man müsse auch auf Kooperationen mit Produzentenländern setzen. Dabei soll die Politik auch als Türöffner fungieren. (apa)