An einem sonnigen Schultag Ende 1987 kam ich zum ersten Mal so richtig mit dem Thema Kreislaufwirtschaft in Berührung. Ein für damalige Zeiten recht aufwändig gestalteter Schulfilm versammelte uns Volksschüler alle in der Aula und vermittelte uns sehr plakativ, was passiert, wenn wir unseren Müll nicht trennen, dieser irgendwo landet, wohin er nicht soll, und auch, was wir als einzelne Menschen dafür tun können, um die Situation rund um die Ausdünnung der Ozonschicht längerfristig zu verbessern beziehungsweise zu verhindern.
Einen weiteren Wachrüttelmoment stellte das Protokoll zur Kyoto-Klimakonferenz dar. Interessiert lernend an einem unserer Hauptthemen betreffend die bevorstehende Englisch-Matura rund um „greenhouse effect" & Co. entwickelte sich in uns Schülern eine Sensibilität. Wir haben anhand der Beispiele echt realisiert, wie wir selbst an einer Verbesserung mitwirken können, wenn jeder von uns sich die damals durchaus kreativ anmutende Föhnfrisur täglich mit Haarspray stylt, das ohne Treibgas funktioniert.
Tja, nun schreiben wir 2023 und es ist gleichermaßen faszinierend und erschreckend, wie wenig wir von den Zielen der damaligen Zeiten tatsächlich umsetzen konnten. Sicher, in vielen Bereichen hat sich einiges entwickelt, dennoch hat sich auch gezeigt, dass der Mensch einmal mehr entsprechende Regulatorien benötigt, damit sich langfristig etwas ändern kann.
Meistens kommt es anders, wenn man denkt
An vielen spannenden Abenden darf ich mich immer wieder mit befreundeten Gesprächspartnern aus Bereichen wie Wirtschaft, Ökologie, Technik, Wissenschaft, Politik, Sport oder Kultur über die Komplexität des Schwerpunkts Kreislaufwirtschaft austauschen. Diese Konversationen tragen dankenswerterweise enorm viel zu meinem umfassenden Verständnis für dieses so wichtige Thema bei, weil sämtliche Gesichtspunkte immer mit knallharter Ehrlichkeit angesprochen werden (dürfen). Jeder Bereich hat hier seine eigenen Aspekte und Betrachtungsweisen, oft widersprechen sich – surprise, surprise! – die ökonomischen und ökologischen Ansichten vehement.
Allein dies zeigt schon, dass es, wenn in einem einzigen Land so viele unterschiedliche Faktoren hinsichtlich der jeweiligen Interessen vorherrschen, die allumfassende Gesamtlösung nur schwer geben kann.
Ich kann mich etwa noch sehr gut an einen langen Meinungsaustausch zum Mega-Thema „Plastik- oder Papiersackerl“ erinnern: Ein befreundeter Kunststofftechniker hat den Wissbegierigen unter uns damals die Augen geöffnet, welche Kriterien rund um Herstellung, Nutzungsdauer und Entsorgung der einzelnen Varianten eine bedeutende Rolle spielen. Daraus wurde irgendwie jedem der Gesprächsteilnehmer klar: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.
Genau aus diesem Grund sind Aufklärung und Wissen rund um die einzelnen Teilbereiche so wichtig, damit auch jeder von uns im Alltag den ein oder anderen kleinen Schritt gehen kann.
Ressourcen sinnvoll nutzen
Stellen wir uns vor, wir arbeiten in einem Unternehmen, das recycelte Materialien produziert. Wir könnten blindlings Materialien einsammeln und auf deren Wiederverwertung hoffen. Oder wir sammeln zentrale Daten rund um die Art und Menge des gesammelten Abfalls, um zu analysieren, welche der Materialien am häufigsten auftreten und welche besonders wertvoll sind. Das ließe uns gezielte Ressourcenallokation betreiben und Produktionsprozesse optimieren, was wiederum zu weniger Verschwendung und mehr grünem Erfolg beitragen würde.
Weiters können genau diese Daten dabei unterstützen, Verbrauchern die Augen zu öffnen – etwa durch clevere Apps, die zum Beispiel auf einen Blick erkennen lassen, welche Produkte aus recycelten Materialien hergestellt worden sind und welche nicht. Durch das Tracking von Materialströmen lassen sich der gesamte Lebenszyklus eines Produkts verfolgen und Engpässe oder ineffiziente Prozesse identifizieren. Mittels bereits erwähnter Aufklärung ergänzt um datengestützte Transparenz haben interessierte Konsumenten in weiterer Folge die Möglichkeit, bewusstere Entscheidungen zu treffen.
Zahlreiche Unternehmen beschäftigen sich bereits mit diesen Zukunftsthemen: das Sammeln, Analysieren oder Verwalten von Informationen rund um Materialströme zum Zweck der besseren Ressourcennutzung, Rücknahmesysteme und Sortiertechnologien sowie datenbasiertes, intelligentes Abfallmanagement oder Energiegewinnung durch Abfälle – eine Vielfalt von Akteuren nutzt die Daten in der Kreislaufwirtschaft und kann auf Knopfdruck Auswertungen über potenzielle Ausblicke geben.
Diese Branche entwickelt sich permanent weiter, da erfreulicherweise immer mehr Unternehmen den Wert von Daten für eine nachhaltige Ressourcennutzung und Abfallvermeidung erkennen, optimierte Entsorgungsstrategien entwickeln und Recyclingquoten steigern.
Jene Start-ups, die sich mit Daten rund um Kreislaufwirtschaft beschäftigen, haben großartige, erfolgversprechende Ideen, die, wie ich hoffe, in einem großen Maß auch in der derzeitigen suboptimalen Wirtschaftslage von innovationsinteressierten Investoren unterstützt und ausgebaut werden können.
Ganz frech gesagt: Erde, wem Erde gebührt. Jeder Kreislauf findet dann statt, wenn er ausreichend durchblutet wird – das sollten wir stets im Gedächtnis behalten.
Zur Autorin:
Anita Körbler ist ideenreiche Branchenkennerin und Managerin mit Herz und Hirn. Körbler kann auf langjährige Erfahrung in Immobilienunternehmen sowie exklusive Projekte im öffentlichen Bereich (PPP) zurückblicken. Berufsbegleitend absolvierte sie erfolgreich zwei Studien im Bereich Wirtschaft und Public Communications, zeichnete jahrelang für verschiedene PropTech-Unternehmen als Geschäftsführerin verantwortlich und widmet sich der Beratung und Immobilienvermarktung sowie der Realisierung von Digitalisierungsprozessen in der Immobilienbranche.