Der zweite Tag der Jahreskonferenz zur Umsetzung des EU-Aufbauplans hat Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) und EU-Budgetkommissar Johannes Hahn am Freitag zur Baustelle der Koralmbahn nahe des Flughafens Graz geführt. Ein eigener Halt am Airport wurde dabei nicht versprochen. LH Christopher Drexler (ÖVP), der noch am Sonntag einen solchen eingefordert hatte, ruderte indessen zurück: Man müsse die Möglichkeit prüfen.
Nach der "Steiermarkrede" von Drexler am Landesfeiertag am Sonntag, in der er kritisierte, dass kein Halt am Flughafen miteingeplant wurde, waren in den vergangenen Tagen die Rufe nach einem eigenen Bahnsteig am Airport wieder laut geworden. "Hier wird für den Airport eine Jahrhundertchance vertan. Es ist absolut unverständlich, dass die Ministerin einfach alle Argumente vom Tisch wischt und damit dem gesamten Standort Steiermark Schaden zufügt", kritisierten Josef Herk, Präsident der Wirtschaftskammer Steiermark, und Direktor Karl-Heinz Dernoscheg am Freitag in einer Aussendung Gewessler.
Seitens der ÖBB hieß es, dass das Projekt vor zehn Jahren so geplant wurde und in einen engen internationalen Fahrplan eingebunden wird. Einen weiteren Halt einzuplanen, sei daher nicht so einfach. Drexler gab sich in Anwesenheit von Gewessler etwas sanfter als noch am Sonntag und appellierte, "noch einmal sehr genau zu prüfen, ob der Halt nicht eine Option" sein könnte. Nichtsdestotrotz sei die Koralmbahn "das entscheidende Infrastrukturprojekt für den Süden Österreichs", sagte der LH.
Ab 2025 soll die neue Strecke, an der seit mehr als einem Vierteljahrhundert geplant wird, Fahrgäste innerhalb von 45 Minuten von Graz nach Klagenfurt bringen. Letztes Puzzlestück sei der 19 Kilometer lange Abschnitt Graz-Weitendorf, wobei die Bahn dabei auch sechs Kilometer auf einer Unterflurtrasse und drei Kilometer davon unterirdisch am Flughafen vorbeirasen wird. Bereits im kommenden Dezember wird, so der Plan, der Kärntner-Abschnitt in Betrieb gehen, kündigte ÖBB-Vorstandsmitglied Judith Engel an.
Gewessler sprach von einem wichtigen Teil der europäischen Achse zwischen Baltikum und Adria. Sie verläuft entlang des früheren "Eisernen Vorhangs" und zählt mit seinem Güteraufkommen zu den wichtigsten Alpenquerungen. 2030 werde auch der Semmeringbasistunnel als Teil der Achse in Betrieb gehen. Die Koralmbahn sei nun "im Zielsprint", der Rohbau ist fertiggestellt. Die Investitionskosten belaufen sich inklusive Koralmtunnel auf fast 6 Mrd. Euro. Die Gesamtkosten ohne Tunnel kommen auf rund 3,5 Mrd. Euro, hieß es am Freitag am Rande der Pressekonferenz an der Baustelle.
Bis 2026 stehen nun 542,6 Mio. Euro aus Mitteln des EU-Aufbauplans für das Projekt Zulaufstrecke Koralmbahn zur Verfügung, so Gewessler. Das sind etwa 40 Prozent des gesamten Investitionsvolumens in Höhe von 1,37 Mrd. Euro für den Zeitraum von 2020 bis 2026. EU-Kommissar Hahn nannte es "gut eingesetztes Geld aus dem Aufbaufonds". Er sei überzeugt, dass die baltisch-adriatische Verbindung "schnell große Attraktivität entwickeln" werde.
Edtstadler unterstrich: "Wir wollen damit zeigen, dass Europa investiert." Die Koralmbahn sei nur eines von vielen Projekten. Nach der Pressekonferenz und einem Spaziergang durch ein Stück des Tunnels beim Flughafen ging es für die Delegation noch zur Grazer Firma Hirschmann, wo seit 2022 der Reparaturbonus eingelöst werden kann. 50 Prozent der Kosten für die Reparatur von Fernseher und Co. werden bis zu einer Höhe von 200 Euro aus EU-Mitteln finanziert. Bis Ende 2022 wurden bereits 360.000 Bons in ganz Österreich eingelöst.
Die Koralmbahn umfasst im Endausbau rund 130 Kilometer Hochleistungsstrecke, davon mehr als 50 Tunnelkilometer, über 100 Brücken sowie 23 moderne Haltepunkte - davon zwölf auf der 13 Kilometer langen Neubaustrecke zwischen Feldkirchen und Weitendorf, dem sogenannten Flughafenast. Zentrales Bauwerk der neuen Südbahn ist der 33 Kilometer lange Koralmtunnel. Er ist seit Ende Mai 2022 im Rohbau fertiggestellt, auf der steirischen Seite werden seit 2021 bereits Gleise verlegt. (apa)