Können Sie sich noch an die erste Transaktion erinnern, bei der Sie maßgeblich beteiligt waren?
Eine der ersten großen Transaktionen, die ich in meinem
Berufsleben begleiten durfte, fand damals noch in Deutschland statt. Es ging
dabei um den Erwerb eines großen Wohnungsportfolios. Für mich war das ein
völlig neues Feld und absolut spannend. Das bleibt in Erinnerung und hat
sicherlich auch Begeisterung für den Job geweckt.
Wie hat es Sie eigentlich in die Immobilienbranche verschlagen?
Mich haben Immobilien tatsächlich schon immer interessiert. Ich habe dann auch zielgerichtet Immobilienwirtschaft und Finanzdienstleistung studiert und bin bei dem Thema geblieben. Zu Beginn habe ich mich auf die Bewertung konzentriert. So bin ich reingekommen. Dann ging es schnell ins internationale Geschäft in den Transaktionsbereich. Später bei PwC kam dann stark der Beratungsfokus dazu. Aber das Transaktionsgeschäft ist für mich bis heute das spannendste Themenfeld in der Immobilienwirtschaft.
Gibt es eine Assetklasse, die Ihnen besonders am Herzen liegt?
Eine spezielle Assetklasse nicht. Am besten gefallen mir persönlich die nicht alltäglichen Transaktionen. Also nicht die zehnte Wohn- oder Büroimmobilie nach dem gleichen Muster. Das ist natürlich auch interessant und man lernt bei jeder Transaktion etwas dazu. Aber gerade in spannenden Zeiten am Markt, wie wir sie jetzt gerade erleben, gibt es auch einmal Deals, die etwas komplizierter und komplexer sind. Da muss man mit etwas Kreativität an die Sache ran gehen und Lösungen für schwierige Sachverhalte finden. Solche Deals sind für mich das Salz in der Suppe.
Bei der Expo Real im Vorjahr hatte man etwas das Gefühl, dass in Deutschland Katastrophenstimmung herrscht. Der Österreicher, so der berühmte Witz, sagt dagegen gerne, die Lage ist nicht hoffnungslos, aber ernst. Sind die Deutschen pessimistischer?
Also ich als deutscher Optimist würde dem nicht zustimmen. Aber ich glaube schon, dass die Deutschen sehr zahlen- und faktenbasiert sind. Auf Basis der Zahlen und Fakten werden dann die Schlüsse gezogen und die Stimmung kippt dann in die eine oder die andere Richtung. Der Österreicher, so habe ich es erlebt und so mag ich es auch, ist zwar auch zahlen- und faktenbasiert, geht aber die Dinge auch mit einem gewissen Schmäh an und kommt dadurch tendenziell vielleicht etwas positiver rüber. Aber nicht jeder Deutsche hat jetzt schlechte Laune oder wirft die Flinte ins Korn. Das sieht man aktuell auch am Markt. Es gibt deutsche Investoren, die auch im jetzigen schwierigen Marktumfeld aktiv sind, mit denen wir Transaktionen prüfen und auch umsetzen. Von daher glaube ich, dass es eher eine persönliche Geschichte ist, ob man das Glas halb voll oder halb leer sieht.
Wie sind Sie zu EHL gekommen?
Der Kontakt kam noch während meiner Zeit bei PwC zustande. Und zwar über das Bewertungsteam von EHL. Wir haben uns zusammengesetzt und geplaudert. Dann hatte ich ein Gespräch mit Michael Ehlmaier und Franz Pöltl, in dem wir recht schnell herausgefunden haben, dass wir vielleicht gut zusammenpassen und etwas gemeinsam machen können in der Zukunft. Wir haben dann tatsächlich, wie man das immer so schön plakativ sagt, auf einem Blatt Papier, das ich übrigens immer noch zu Hause habe, skizziert, in welche Richtung die Zusammenarbeit gehen könnte. Und genau in diese Richtung ist sie dann auch gegangen.
Was hat Sie damals von EHL überzeugt?
Beeindruckt hat mich, dass bei EHL alles auf einem sehr schnellen, effizienten Weg entschieden werden konnte, und das in einer hochprofessionellen Art und Weise. Ich kam ja von meinem Background her aus eher großen Unternehmen, wo vieles sehr bürokratisch und manchmal recht kompliziert geregelt war. Das hat dann den Ausschlag gegeben, ich habe gewechselt und konnte so Teil dieses schlagkräftigen Teams werden.
Was war Ihr bisher größter Deal?
Das waren unter anderem die durch uns begleiteten Ankäufe des Icon Vienna durch Allianz Real Estate beziehungsweise des DC Tower durch Deka. Das Quartier Lassalle gehört sicherlich auch dazu. Es sind aber nicht nur die großen, medial sehr präsenten Transaktionen, die viel Freude bereiten. Insbesondere sind die vielen Dinge, die unter dem Radar laufen, oftmals die Transaktionen, auf die man sehr stolz ist.
Wie bereitet man sich auf solche Deals vor? Wie viel Arbeit des Teams steckt dahinter?
Es kommt immer darauf an, in welcher Art und Weise etwas verkauft wird. Das kann im strukturierten Bieterverfahren, freihändigen Verkauf oder komplett „Off Market“ passieren und hat natürlich Auswirkung auf den Workload. Unser Investmentteam ist dabei natürlich der absolute Dreh- und Angelpunkt und unser Erfolgsgeheimnis, denn hier wird das vorbereitet und strukturiert, was den Investoren dann zum Underwriting dient, und das muss professionell und schnell passieren.
Für welche Seite ist es interessanter zu arbeiten? Den Käufer oder den Verkäufer?
Es kann sowohl das eine als auch das andere spannend sein. Am spannendsten ist es natürlich, wenn man den Deal selbst initiiert. Dann sind wir besonders happy.
Im Moment gibt es vermutlich wenig Anlass, happy zu sein, oder passiert doch einiges Off Market?
Ich schließe mich dem allgemeinen Pessimismus, der derzeit stark auszumachen ist, nicht an. Natürlich stimmt es, dass weniger Transaktionen stattfinden. Die großen Namen unter den Investoren, also das Core-Kapital, ist viel zurückhaltender als sonst, und es herrscht große Unsicherheit, wie sich die Märkte entwickeln werden, getrieben durch die weiter anhaltenden Zinserhöhungen. Was wir aber erste Reihe fußfrei erleben, ist, dass sich viel auf einem niedrigeren Preislevel und mit alternativen Investoren abspielt. Der Investmentmarkt ist also bei Weitem nicht zum Erliegen gekommen. Es ergeben sich einfach neue Möglichkeiten, wie das nun einmal in einem sich ändernden Marktumfeld der Fall ist. Es wird Gewinner und Verlierer geben, die Transaktionen werden aber bleiben.
Dauert es in Marktphasen wie der aktuellen länger, Deals abzuwickeln?
Transaktionen dauern derzeit definitiv länger. Und je mehr Zeit vergeht, desto mehr kann auch passieren. Damit steigt auch das Risiko, dass es wieder zu einer Zinsanpassung kommt oder etwas anderes passiert. Das heißt: Braucht man normalerweise im Durchschnitt zwei bis drei Monate, um einen Deal abzuwickeln, sind es derzeit vielleicht vier bis sechs. Gerade die Finanzierung dauert länger. Und wenn man dann am Ende des Tages kurz vor der Ziellinie steht und erfährt, dass die Finanzierung geplatzt ist, ist das natürlich höchst ärgerlich für alle involvierten Parteien.
Stimmt es, dass manche Verkäufer nur mit einer gesicherten Finanzierung zu verhandeln beginnen?
In der aktuellen Situation ist die Sicherstellung der Finanzierung für den Verkäufer besonders wichtig, da es nicht selten vorkommt, dass eine durch den Käufer beantragte Finanzierung am Ende nicht oder nicht wie geplant genehmigt wird. Als Verkäufer möchte man sich verständlicherweise absichern, dass sein Gegenüber, dem man auch Exklusivität gewährt und damit andere Investoren zurückweist, den Deal am Ende des Tages auch finanziell stemmen kann und man nicht umsonst in die Verhandlungen geht.
Derzeit ist in der Branche Zuversicht auszumachen, dass sich bei der KIM-Verordnung etwas bewegt, etwas, was das Verbot von Zwischenfinanzierungen betrifft. Sehen Sie das auch so?
Ich denke, dass es sehr klar ist, dass sich hier etwas ändern muss. Wenn es für die Menschen nicht mehr möglich ist, Eigentum zu erwerben, beziehungsweise durch die KIM-Verordnung solche großen Hindernisse geschaffen werden, dann ist das keine gesunde Entwicklung. Gerade auch, wenn Sie Zwischenfinanzierungen ansprechen, ist das teils wirklich unverständlich: Hat man zum Beispiel bereits Immobilienvermögen aufgebaut oder auch ein dickes Aktiendepot und damit ganz klar eine finanzierbare Bonität, so verhindert die KIM-Verordnung, dass eine Finanzierung erfolgt, wenn nicht zusätzlich 20 Prozent Eigenkapital vorliegen. Eine paradoxe Situation. Zwar ist es den Banken erlaubt, in einem gewissen Ausmaß auch solche Kreditnehmer zu finanzieren, dieses Kontingent ist aber relativ schnell ausgeschöpft.
Welche Auswirkungen würde die Aufhebung des Verbots von Zwischenfinanzierungen auf den Markt haben?
In erster Linie würde etwas, das regulatorisch geschaffen wurde und den Markt behindert, abgeschafft werden. Ob dann der Markt allerdings merklich beflügelt wird, bleibt abzuwarten, denn die gestiegenen Zinsen sind dem Transaktionsgeschehen auch nicht gerade zuträglich.
Sollte sich der Gesetzgeber nicht vielmehr überlegen, wie man den Menschen zu 20 Prozent Eigenkapital verhelfen kann? Wenn man sich so umhört, hat man eher den Eindruck, dass sich vor allem Jüngere einen Kredit nicht leisten können.
Überhaupt einmal 20 Prozent Eigenkapital aufzubringen, ist für viele schwierig. Aber das ist nicht das maßgebliche Thema, wieso man keinen Kredit bekommt. Es gibt ja in vielen Fällen noch Mama, Papa, Oma und Opa, die aushelfen können, wenn es selbst zu diesen 20 Prozent nicht reicht. Eine größere Hürde ist die Schuldendienstquote von 40 Prozent, die nicht überschritten werden darf. Sie tut oft noch mehr weh.
Man hört derzeit von vielen Seiten, dass der Zinsanhebungszyklus im ersten Halbjahr 2023 sein Ende finden sollte. Ist das realistisch oder könnten die Zinsen nicht viel länger höher bleiben?
Ich gehe davon aus, dass wir heuer, wie angekündigt, noch ein paar Zinsschritte sehen werden. Den nächsten im März. Über das Jahr verteilt werden wir zumindest einen weiteren Zinsschritt sehen, sodass man davon ausgehen kann, dass die Zinsen sich nicht nur unwesentlich, sondern merklich nach oben bewegen werden.
Mit welchen Folgen?
Der Kapitalmarkt hat bekanntlich signifikante Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft. Gerade im institutionellen Bereich. Und bei höheren Zinsen werden auch Alternativen zu Immobilieninvestments attraktiv. Wenn ich mir deutsche Staatsanleihen anschaue, für die man derzeit rund 2,6 Prozent bekommt, oder Anleihen der USA, die sogar bis zu vier Prozent bieten. [IM2] Ganz zu schweigen von guten Unternehmensanleihen. Das sendet klare Signale an große Investoren und Kapitalsammelstellen, die ein breites Anlagespektrum haben. Sie schauen sich derzeit oft lieber liquidere Assetklassen an, die teils mehr Rendite bieten als Immobilien. Zwar werden Immobilieninvestments nie aus der Mode kommen, sie werden aber andere Renditen bieten müssen, um wettbewerbsfähig zu sein. Man darf schließlich nicht vergessen: Es zählt nicht nur der erworbene Stein, sondern auch, wie viel Zinsen ich bezahlen muss, um mir den Stein leisten beziehungsweise diesen finanzieren zu können.
Weil Sie gerade andere Renditen ansprechen: Sieht man, dass sich die Lage bei Assetklassen wie der Logistik, in der sich die Renditen im Zuge der Coronakrise ja in Richtung Wohnen bewegt haben, langsam normalisiert?
Selbstverständlich werden auch Logistikimmobilien wieder zu deutlich anderen Preisen nachgefragt. Viele Investoren sind ja nicht nur in Österreich aktiv, sondern auf europäischer Ebene oder zumindest im deutschsprachigen Raum. Und wenn jetzt eine sehr gute, langfristig vermietete Logistikimmobilie in einer vernünftigen Lage in Deutschland für fünf Prozent zu bekommen ist, dann ist es nicht so, dass man in Österreich mit vier Prozent oder einem Dreier vor dem Komma punkten kann. Das wird nicht mehr funktionieren. Vor allem rechnet es sich nicht, wenn man zu den aktuellen Bedingungen eine Finanzierung aufnehmen muss.
Glauben Sie, dass wir bei höheren Renditen andere internationale Investoren und nicht nur vor allem Deutsche in Österreich sehen werden?
Das ist eine spannende Frage. Ich gehe davon aus, dass wir heuer aufgrund der geänderten Renditesituation mehr Investoren aus dem internationalen Bereich sehen werden, als das bisher der Fall war. Die Österreicher und Deutschen, die bislang den Markt dominiert haben, waren sehr core-orientiert, genauer gesagt sehr konservativ unterwegs. Verändert sich der Markt weiter und werden Themen wie ESG immer wichtiger, weshalb alte Büroimmobilien auf den neuesten oder zumindest einen neueren Stand gebracht werden, dann kommen klassische „Value-Add“-Investoren ins Spiel. Diese kommen auch aus Österreich und Deutschland, aber vor allem ganz stark aus dem angelsächsischen Raum. Die hat man in den letzten Jahren hierzulande weniger gesehen.
Das gesamte Interview ist im ImmoFokus 01/2023 nachzulesen.