Die Idee hinter kreislauffähigen Gebäuden ist es, die Lebenszyklen von Materialien, Energie und Wasser zu optimieren und dadurch die Ressourceneffizienz zu steigern. Im Idealfall produzieren sie sogar mehr Energie als sie benötigen, und können diese in das öffentliche Stromnetz einspeisen.
Die Schlüsselkomponenten von kreislauffähigen Gebäuden sind Intelligenz, Modularität und Vernetzung. Intelligente Gebäudesteuerungen und vernetzte Systeme ermöglichen eine effiziente Energie- und Ressourcennutzung. Sensoren können beispielsweise den Energiebedarf von Geräten überwachen und diese automatisch abschalten, wenn sie nicht genutzt werden. Vernetzung bezieht sich zum Beispiel auf die Verbindung mehrerer Gebäude untereinander und/oder mit dem öffentlichen Stromnetz. Durch die Vernetzung kann überschüssige Energie in das Stromnetz eingespeist werden, um andere Gebäude mit Energie zu versorgen. Gleichzeitig können kreislauffähige Gebäude von anderen Gebäuden Energie erhalten, wenn sie selbst nicht genug produzieren (zum Beispiel mittels Photovoltaik-Anlagen).
Die Modularität kreislauffähiger Gebäude ermöglicht es, sie schnell und einfach an unterschiedliche Anforderungen anzupassen. Die Gebäude können zum Beispiel aus vorgefertigten Modulen zusammengesetzt und auch im Nachhinein noch erweitert oder verkleinert werden. So können sie beispielsweise als temporäre Unterkünfte genutzt werden. Flexibilität ist hier gefragt, um sich schnell an Bedarfs- oder Nutzungsänderungen anzupassen.
Zudem sorgen kreislauffähige Gebäude auf diese Weise für niedrige Betriebskosten und ein vergleichsweise gesundes Raumklima für die Bewohner oder Nutzer.
Gebäude als Materiallager der Zukunft
Das Konzept der Kreislauffähigkeit beruht auch darauf, Gebäude als Materiallager der Zukunft zu verstehen. Bei der Konstruktion der Bauteile muss darauf geachtet werden, dass sie leicht demontiert und möglichst alle Materialien wiederverwendet werden können. Mittels Schrauben, Steckverbindungen oder anderen einfachen Befestigungsmethoden kann die Recyclingquote erhöht werden. Zudem können die Gebäude aus Materialien hergestellt werden, die bereits recycelt sind, wie zum Beispiel Dämmstoffe aus Altglas.
Digitale Transformation des Materialmanagements
Die Transformation zu einer nachhaltigeren Bauwirtschaft wird nur unter Einsatz digitaler Methoden gelingen. Eine wesentliche Grundlage dafür ist das bereits im Zusammenhang mit den vielfältigen Visualisierungs-, Kollaborations- und Interaktionsfunktionen in der Februarkolumne beschriebene Building Information Modeling (BIM), bei dem ein digitales Gebäudemodell den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks begleitet und einen Datenaustausch mit sämtlichen Interessensgruppen ermöglicht. Die Herausforderungen bestehen aktuell darin, beide Ansätze – also BIM und die Kreislauffähigkeit – zu kombinieren, von der ersten Planungsphase über die Abwicklung der Bauprojekte bis hin zum Management des „Asset-End-of-Life“. Mit den „Digital Twins“, digitalen Zwillingsmodellen von Gebäuden, kann der Materialverbrauch über den gesamten Lebenszyklus im Voraus modelliert und optimiert werden. So kann auch eine datengestützte Bewertung der Umweltauswirkungen verschiedener Bau- und Entsorgungsmethoden erfolgen. Mittels Analyse von Big Data und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz kann somit der Ressourceneinsatz und -kreislauf so effizient wie möglich gestaltet werden.
Dies bietet wiederum eine Grundlage für die Berechnung der Ökobilanz zum Vergleich der Umweltauswirkungen von Entsorgungsstrategien in Bezug auf Faktoren wie Ressourcenverbrauch, Verlust biologischer Vielfalt oder die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Schließlich kann auch die Blockchain-Technologie dazu beitragen, die Transparenz und Nachverfolgbarkeit von Materialströmen in Gebäuden zu verbessern.
Zur Autorin:
Jasmin Soravia ist seit 2019 Vorsitzende des Urban Land Institut Austria. Sie ist Geschäftsführerin bei der Kollitsch & Soravia Immobilien, Beirat im Advisory Board GRÜNSTATTGRAU und Vorstand beim Travel Industry Club Austria.